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Die Knochenleserin

Die Knochenleserin

Titel: Die Knochenleserin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Johansen
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in ihr Leben getreten war, war schließlich überhaupt nichts Vernünftiges geschehen. Es herrschten Dunkelheit, Gefahr und Tod.
    Und immer noch befand er sich irgendwo da draußen und wartete darauf, wieder zuzuschlagen.
     
    »Er wird nicht lange warten, Mama. «
    Als sie sich umdrehte, saß Bonnie auf der Verandaschaukel, ein Bein unter das andere geschoben. »Ich weiß, Kleines. Aber das hat vielleicht auch sein Gutes. Dann ist es hoffentlich bald vorbei. «
    Bonnie runzelte die Stirn. »Ich hoffe, du behältst recht. Joe ist so traurig. Ich habe bisher immer geglaubt, du seist die Einzige, die traurig ist, aber Joe ist auch verletzt. Ich wünschte, ich könnte ihm helfen. «
    »Du kannst ihm nicht helfen. Du bist das Problem. Er hat gesagt, er wünschte, du wärst nie geboren. «
    »Weil er dich liebt. Nimm ihm das nicht übel. «
    »Ich nehme es ihm nicht übel. Ich bin traurig. Weil er dich nicht so lieben kann wie ich. « Eve lächelte schwach. »Natürlich könntest du ihm auch mal einen Besuch abstatten, damit er dich kennenlernt. «
    »Du machst Witze. « Sie schüttelte den Kopf. »Aber ich wünschte, ich könnte es, Mama. Ich glaube aber, so funktioniert das nicht. Du bist die Einzige, die mich sehen kann. «
    »Weil ich diejenige bin, die spinnt?«
    »Weil du dich für mich öffnest. Ich spüre, wie du dich für mich öffnest und mich willkommen heißt. Es ist so, als würde jemand einen roten Teppich ausrollen wie bei der Oscar-Verleihung. «
    »O ja, ich würde dir den roten Teppich ausrollen, das Orchester spielen lassen und dir jede goldene Statue überreichen, die ich kriegen könnte. «
    »Das würdest du tun? Hört sich nach einer tollen Party an. «
    »Es würde ein rauschendes Fest werden. « Sie betrachtete Toby, dessen Kopf auf ihren Knien ruhte. »Wenn du ein Geist bist, warum bellt Toby dann nicht und geht in Deckung? Haben Hunde denn keine Angst vor Gespenstern?«
    »Das ist ein Mythos. Außerdem kennt Toby mich mittlerweile. Er müsste ziemlich dumm sein, um vor mir Angst zu haben. «
    »Er ist doch sowieso die meiste Zeit ziemlich dumm. Er hält sich immer noch für einen Welpen. «
    »Ist das nicht wundervoll?«
    »Ja, wahrscheinlich. « Sie schaute Toby an. »Die Kindheit ist eine ganz besonders magische Zeit. Jede Minute davon muss man genießen. «
    »Du denkst gerade an Bobby Joe. «
    »Ja, seine Kindheit hat nicht viel länger gedauert als deine, Kleines. «
    »War es schlimm für ihn?«
    »Sehr schlimm. Weißt du das denn nicht?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich weiß nur, dass er jetzt sehr glücklich ist und keine Schmerzen mehr hat. «
    Eve räusperte sich. »Das sagst du nur, weil du weißt, dass ich es gern so hätte. «
    »Wirklich?«
    »Und weil ich dich lieber als Geist sehen möchte statt als Ausgeburt meiner Phantasie. «
    »Und warum wehrst du dich dann gegen meine Besuche?«
    »Weil ich es tun muss. Das ist das einzig Gesunde, was ich tun kann. « Sie lächelte. »Und weil ich kürzlich eine Autorität auf diesem Gebiet kennengelernt habe, die mir gesagt hat, sie wäre noch nie einem Geist begegnet. «
    »Aha, die Dame mit der Büchse. «
    Eve runzelte die Stirn. »Büchse? Meinst du vielleicht Megans Arztkoffer?«
    »Nein. « Bonnie setzte die Schaukel ganz sanft in Bewegung. »Die andere Büchse. Sie mag sie nicht, aber sie gehört zu ihr. Sie hat ein gutes Herz, aber sie kann dir weh tun, Mama. Halt dich von ihr fern. «
    »Ich habe nicht die Absicht, sie noch einmal zu treffen. «
    Bonnie schüttelte den Kopf. »Mama …«
    »Ich habe ihr nur ein paar Fragen gestellt. «
    »Lass nicht zu, dass sie dir weh tut« , sagte Bonnie. »Lass nicht zu, dass sie mir weh tut. «
    »Wie s ollte sie dazu in der Lage –«
    »Sieh mal Toby. Er wedelt mit dem Schwanz, weil er Joe kommen hört. «
    Eve drehte sich zu Toby um und sah, dass er den Kopf hob und auf die Verandatür starrte. »Bonnie, was hast du damit gemeint –«
    Aber Bonnie saß nicht mehr auf der Schaukel.
     
    »Was tust du hier draußen?«
    Joe hatte die Fliegengittertür geöffnet und musterte sie stirnrunzelnd.
    »Ich hab nur ein bisschen frische Luft geschnappt.« Sie stand auf. »Ich konnte nicht schlafen.«
    »Warum hast du mich nicht geweckt? Oder wolltest du meine Gesellschaft nicht?«
    »Ich wollte deine Gesellschaft. Ich habe nur versucht, rücksichtsvoll zu sein. In den letzten Tagen hast du nur wenig Schlaf gefunden.«
    »Kistle auch.«
    »Ich bin sicher, dass er irgendwo untergekrochen ist, wo er

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