Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Knochenleserin

Die Knochenleserin

Titel: Die Knochenleserin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Johansen
Vom Netzwerk:
bringen?«
    »Den Drink, den du mir versprochen hast.« Er sah über die Schulter und erstarrte. »O Gott, deine Arme sehen ja aus wie Nadelkissen. Warum hast du mir nicht gesagt, dass du verletzt bist?«
    »Ich bin nicht verletzt.« Sie betrachtete ihre Arme. Er hatte recht, beide Unterarme und Handgelenke waren übersät von Schnitten von den Gesteinssplittern, die auf sie geprasselt waren. »Das ist nichts.«
    »Vergiss den Drink und sieh zu, dass du diese Schnittwunden reinigst. Eine Blutvergiftung würde uns gerade noch fehlen.«
    »Ich kann beides machen. Geh du in die Badewanne.« Sie ging in die Küche und nahm Desinfektionsmittel und Verbandszeug aus dem Schrank. Sie würde die Wunden säubern, ein paar Pflaster draufkleben und fertig.
    Joe war auch nichts wirklich Schlimmes passiert, Gott sei Dank.
    Ihre Hand fing an zu zittern. Wahrscheinlich die Nachwirkung des Schocks. Sie war seit der Explosion so beschäftigt gewesen, dass ihr gar nicht zu Bewusstsein gekommen war, wie knapp Joe mit dem Leben davongekommen war. Jetzt traf sie die Erkenntnis mit voller Wucht. Sie hätte ihn um ein Haar verloren.
    Sie lehnte den Kopf gegen den Schrank. Joe wäre beinahe ums Leben gekommen, und plötzlich wurde ihr klar, wie leer ihr Leben ohne ihn wäre.
    »Alles in Ordnung, Eve?«, rief Joe aus dem Bad.
    »Ja, ja, ich hab dir doch gesagt, es ist nichts.« Sie holte tief Luft, dann nahm sie ein Glas und die Whiskeyflasche aus dem Schrank. »Ich komme sofort.«
    Sie goss ihm seinen Drink ein. Sie musste dieses verdammte Zittern in den Griff bekommen. Sich zusammenreißen, damit Joe nicht sah, wie mitgenommen sie war. Jetzt zusammenzubrechen konnte sie sich nicht leisten, schließlich hatte sie ihnen den ganzen Schlamassel eingebrockt. Sie waren wie die Trottel herumgestolpert, hatten sich an Kistles Regeln gehalten und sich von ihm an der Nase herumführen lassen. Gegen jede bessere Einsicht hatten sie gehofft, seine Lügen durchschauen zu können.
    Und Joe hätte dabei beinahe sein Leben verloren.
    So konnte es auf keinen Fall weitergehen. Es musste sich etwas ändern.
     
    Eves Handy klingelte morgens um 4:35 Uhr.
    Sie schaute nicht auf das Display. Sie wollte nicht wissen, ob Kistle sich schon wieder ein neues Opfer gesucht hatte, um an ein Handy zu kommen. Sie wusste auch so, wer anrief. Ebenso wie Joe, der sich auf einen Ellbogen stützte und zu ihr hinübersah, während sie den Anruf entgegennahm.
    »Sind Sie jetzt ganz allein auf der Welt, Eve?«, fragte Kistle. »Wie lange waren Sie jetzt schon mit Quinn zusammen?«
    »Sehr lange. Und ich bin es immer noch. Sie haben es vermasselt, Kistle. Diese Explosion hat keinen von uns erwischt.«
    »Nicht? Tja, dann habe ich wohl einen Fehler gemacht. Ich war so fasziniert davon zuzusehen, wie Sie da auf der Suche nach mir durchs Unterholz geschlichen sind, dass ich ein bisschen zu lange damit gewartet habe, den Zünder zu betätigen. Laura Ann und ich fanden es sehr unterhaltsam.«
    »Lebt sie noch?«
    »Allerdings, und sie geht mir ziemlich auf die Nerven. Es bringt mich derart auf die Palme, wie sie mich dauernd mit diesen großen blauen Augen anstarrt, dass ich sie ihr am liebsten ausstechen würde. Sie ist noch zu dumm, um Angst vor mir zu haben.«
    »Und jetzt müssen Sie ihr auch noch erzählen, dass Sie schon wieder versagt haben und trotz des ganzen Sprengstoffs niemand ums Leben gekommen ist.« Nein, sie durfte ihn mit nichts provozieren, das Laura Ann betraf. Das Mädchen schwebte in viel zu großer Gefahr. »Aber vielleicht hat sie ja Angst und zeigt es nur nicht.«
    »Das kleine Miststück hat mir ins Gesicht gespuckt.«
    Eve empfand tiefe Genugtuung. »Lassen Sie sie frei, Kistle, sie bereitet Ihnen mehr Ärger, als sie Ihnen nützen kann.«
    »Da bin ich ganz Ihrer Meinung. Deshalb ziehe ich in Erwägung, mich ihrer zu entledigen.«
    »Nein!«
    »Ah, hab ich’s mir doch gedacht, dass Sie das erschrecken würde. Aus diesem Grund werde ich sie am Leben lassen. Sie ist der Köder, der Sie zu mir führen wird.«
    »Woher soll ich wissen, dass sie noch lebt?«
    »Sie kann später ein paar Worte zu Ihnen sagen. So, wir kommen jetzt zum zweiten Akt. Die Okefenokee-Sümpfe. Was Sie suchen, finden Sie auf einer der Lands dort.«
    »Lands?«
    »So werden die Inseln im Sumpf genannt. Ich werde ein Foto von Bonnies Insel am Schwarzen Brett in der Touristeninformation anbringen.«
    »Also dasselbe in Grün, Kistle. Warum sollte ich mich ein zweites Mal von Ihnen belügen

Weitere Kostenlose Bücher