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Die Knochenleserin

Die Knochenleserin

Titel: Die Knochenleserin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Johansen
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Foto, das Montalvo ihr gezeigt hatte. Aber er war größer und kräftiger gebaut, als sie erwartet hatte. Und seine enorme Kraft verwandte er nur darauf, hilflose Kinder gefügig zu machen. Wut stieg in ihr hoch. »Diese Kiste ist keineswegs einzigartig. Die meisten Serienmörder bewahren solche Erinnerungsstücke auf. Wahrscheinlich haben Sie das irgendwann im Fernsehen gesehen und nachgeahmt.«
    »Wie boshaft Sie sein können. Ich bin stolz auf meine Originalität. Aber ich vergebe Ihnen, weil der Anblick meiner kleinen Trophäen Sie zutiefst erschüttert.«
    »Trophäen?« Ihre Stimme zitterte. »Eine Trophäe bekommt man für einen großen Sieg. Aber das waren Kinder. Sie waren hilflos. Was sind Sie nur für ein Mann, dass Kinder für Sie Gegner sind, die Sie bekämpfen müssen? Sie sind schwach und so dumm, dass Sie glauben –«
    »Sie fangen an, mir auf die Nerven zu gehen«, fiel Kistle ihr ins Wort. »Ich hatte mir von einer Begegnung mit Ihnen mehr versprochen. Ich habe mich sogar von meinem Katz-und-Maus-Spiel mit Quinn ablenken lassen, um herzukommen und Sie zu treffen. Sie könnten wirklich etwas unterhaltsamer sein.« Er lächelte hinterhältig. »Haben Sie denn schon meine Bonnie-Trophäe gefunden?«
    Sie erstarrte. »Nein.«
    »Auf dem Boden der Kiste befinden sich einige etwas persönlichere Erinnerungsstücke. Sie sind schon etwas schwarz und vertrocknet, aber durchaus noch als Körperteile erkennbar.«
    Nicht schreien. Nicht auf ihn losgehen. »Wollen Sie mir weismachen, dass eins davon zu Bonnie gehört?«
    »Ich könnte es behaupten.« Er neigte den Kopf. »Sie würden ziemlich lange brauchen, um es zu überprüfen. Nein, ich glaube nicht, dass ich Sie belügen werde. Sie werden nicht mehr lange genug leben, also macht es keinen Sinn, Ihre Qualen in die Länge zu ziehen.« Er lächelte. »Aber Ihnen ist es ja egal, ob Sie leben oder sterben, stimmt’s? Sie haben ja nicht mal einen Blick auf das Gewehr geworfen, das neben ihnen auf dem Boden liegt.«
    »Mir ist keineswegs egal, ob ich lebe oder sterbe. Und ich würde nicht zulassen, dass Sie mir das Leben nehmen.«
    »Sie sorgen sich mehr darum, ob Quinn stirbt, ob Jane MacGuire stirbt, selbst ob Laura Ann stirbt. Seit Sie Bonnie verloren haben, haben Sie keine Angst mehr vor dem Tod.«
    »Befindet sich eine Trophäe von Bonnie in der Kiste?«
    Er musterte sie einen Augenblick lang, dann schüttelte er den Kopf. »Aber das hat nichts zu bedeuten. Bonnie war meine Inspiration. Vielleicht wollte ich sie nicht auf eine Stufe stellen mit den anderen.«
    »Wo sind die Gräber?«
    »Na ja, auf einem knien Sie gerade.« Er grinste. »Wenn ich mich recht erinnere, müsste es sich um Nora Jeans Grab handeln.«
    Eve erstarrte und ließ den Blick langsam auf das Moos sinken, das die Erde bedeckte. Als sie die Lichtung das erste Mal gesehen hatte, war sie ihr völlig eben erschienen, aber von dort, wo sie kniete, konnte sie erkennen, dass der Boden leichte, sanfte Wölbungen aufwies wie die Wellen eines Ozeans. Großer Gott, bedeuteten all diese Wölbungen etwa Gräber?
    »Es ist wirklich nicht einfach, sich alles genau zu merken. Mittlerweile ist es hier ziemlich überfüllt. Ich habe die Leichen all meiner kleinen Lieblinge etikettiert, genau wie meine Trophäen. Ein Pflock durch das Herz.« Er machte eine ausladende Handbewegung über die Lichtung. »Sie können hier kaum einen Schritt setzen, ohne ein Grab zu entweihen. Für Laura Ann werde ich neuen Platz schaffen müssen.« Er nickte. »Und für Sie, Eve. Sie haben einen Ehrenplatz verdient.«
    Sie überging die Drohung. »Wo haben Sie Bonnie begraben?«
    »Ich kann mich nicht mehr erinnern. Ich muss erst darüber nachdenken.«
    »Verdammt, wo haben Sie –« Etwas war in seinem Gesichtsausdruck, nur ein Flackern in den Augen, aber sie erstarrte, als ihr plötzlich ein Gedanke kam. »Vielleicht haben Sie ja meine Tochter gar nicht getötet. Vielleicht ist das alles nur eine Riesenlüge. Vielleicht sind Sie bloß ein Trittbrettfahrer.«
    Sein Grinsen verschwand. »Ich brauche nicht zu lügen in Bezug auf meine Morde. Sie brauchen diesen Friedhof nur umzugraben, dann werden Sie es sehen.«
    »Zeigen Sie mir ihr Grab.«
    »Sie glauben also tatsächlich, ich hätte sie nicht getötet?«
    »Ihr Freund Murdock hat erzählt, dass Sie ganz besessen waren von der Berichterstattung über Bonnie. Er meinte, Sie hätten sich ganz komisch benommen. Fiebrig und verbittert. Warum verbittert? Neidisch?«
    »Sie wissen

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