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Die Knopfkönigin: Historischer Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Die Knopfkönigin: Historischer Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Titel: Die Knopfkönigin: Historischer Roman (insel taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Siegel
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konntet, wollte Herr Bero sein Geld wieder, doch Ihr hattet es wohl längst verprasst. Habt Ihr nicht jüngst ein großes Festgegeben? Um Euch vor der Zahlung zu drücken, habt Ihr Euch von der Hochzeitstafel wegbegeben und die Männer heimtückisch überfallen. Es gibt genügend Zeugen dafür.«
    Zeugen?, dachte Hermann. Etwa Gäste von seinem Fest? Seine Freunde? Erschreckt hielt er die Hand vor den Mund. Zahlreiche angeheiterte Männer hatten gelacht, als er vor allen stehend so getan hatte, als müsse er gleich Wasser abschlagen. Er war eine ganze Zeit lang weggeblieben und nach seiner Rückkehr kein so lustiger Zecher mehr wie zuvor gewesen. Es genügte, wenn einige Gäste als Zeugen nur erzählten, was sie tatsächlich gesehen hatten, und warum sollten sie das nicht tun? Bero war gerissen gewesen und hatte sich die Geschichte gut zusammengereimt. Er hatte sich Zeit gelassen und wahrscheinlich in aller Stille Männer gefunden, die Falschaussagen machten. Wahrscheinlich hatte er den einen oder anderen auch bestochen oder bedroht.
    Langsam erhob Hermann sich. Seine Hände wurden auf den Rücken gedreht und zwei eiserne Reifen, die an der Kette befestigt waren, um seine Handgelenke geschlossen. Die Kette wurde eng um seinen Leib und seine Arme gewickelt. Ein dicker Strick wurde um seine Taille und ein weiterer um seinen Hals gelegt. Unbewegt ließ er alles über sich ergehen, bis die Männer ihn schließlich aus dem Tor auf den Hof führten. Die Magd, die das Frühstück bereitet hatte, holte eilends ihre Herrin herbei. Nele stürzte auf ihren Gatten zu, warf sich an ihn und schlang die Arme um seinen Hals. Tränen rannen über ihre Wangen. Es war ihr egal, was die Bediensteten und ein soeben erschienener Kunde von ihr dachten.
    Zwei der Wachmänner trennten sie von Hermann und hielten sie zurück, während die beiden anderen den kräftigen Mann zum Sitz des Stadtvogts führten, in dessen Keller sich der Kerker befand. Obwohl es früh am Morgen war, war schon fast die ganze Stadt auf den Beinen, zumindest schien es Hermann so. Überall entsetzte Gesichter und Finger, die auf ihn zeigten. Die Frau des Zimmermanns, die sich noch am letzten Sonntag so angeregt mit Nele unterhalten hatte, kam ihm entgegen und starrte ihn entgeistert an. Ein alter Freund, mit dem er oft in der Schänke gezecht und gelacht hatte, senkte den Kopf, als er seiner gewahr wurde, und verschwand blitzschnell in der nächsten Seitenstraße. Kaum einen verständnisvollen Blick oder eine freundliche Geste sah Hermann, während er mit zusammengebissenen Zähnen vor sich hintrottete. Fast kam es ihm wie eine Erlösung vor, als man ihn schließlich in eine winzige dunkle Zelle führte, in der sich nur ein feuchter Strohsack und ein Eimer für die Notdurft befanden. Immerhin wurden ihm die Stricke und die Kette abgenommen. Die Mauern waren dick, und das kleine Fenster in der schweren Tür aus alter Eiche war mit Eisenstäben vergittert. Ohne ein Wort zu verlieren, schlossen die Büttel die zentnerschwere Tür, und Hermann hörte, wie der Schlüssel im Schloss gedreht und ein schwerer Riegel vorgeschoben wurde. Plötzlich war es totenstill um ihn herum und beinahe völlig finster. Nur ein schwacher Schimmer drang von außen durch das kleine Fenster. Schemenhaft konnte Hermann die Umrisse seines Gefängnisses erkennen. Zumindest schien es keine Ratten zu geben, stellte er erleichtert fest, als er sich auf das Stroh sinken ließ.
 
    Nele war außer sich vor Kummer und Schmerz. Sie konnte nicht begreifen, weshalb man Hermann wie einen Verbrecher abgeführt hatte. Erst später am Tag kam ein Gehilfe des Vogts auf den Hof und erklärte ihr den Sachverhalt. Hermann war schlimmster Vergehen beschuldigt, und es war damit zu rechnen, dass er dafür mit Leib und Eigentum werde bezahlen müssen. Der Mann teilte ihr mit, dass es bei hoher Strafe verboten sei, irgendwelche Sachen außer Dingen des täglichen Bedarfs vom Hof zu entfernen, und dass sie verpflichtet sei, den Besitz Hermanns vollständig zu bewahren. Ein Schreiber würde noch heute kommen, um das Inventar festzustellen. Nele verstand nicht, warum man Derartiges von ihr verlangte, und es interessierte sie auch nicht weiters. Ihre Gedanken galten alleine ihrem Gatten.
    Franziska erfuhr von der Verhaftung über einen Knecht, der zu ihr gerannt war, um die schlimme Botschaft zu überbringen. Sofort eilte sie in Hermanns Haus und versuchte ihre Mutter zu trösten. Hermann sei auf jeden Fall unschuldig und

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