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Die Knopfkönigin: Historischer Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Die Knopfkönigin: Historischer Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Titel: Die Knopfkönigin: Historischer Roman (insel taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Siegel
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das Gericht werde das bestimmt feststellen. Sie selbst wusste ja um seine Unschuld und würde notfalls dem Vogt die ganze Wahrheit über den Vorfall schildern.
    Gegen Mittag brachte Franziska einen Korb mit Essen und eine ordentliche Decke in den Kerker. Erst wollten die Wachen sie nicht einlassen, doch der herbeigerufene Hauptmann ließ sie schließlich passieren. Von zwei Bewaffneten begleitet, stieg sie in den Keller hinab.
    Hermann lächelte die Stieftochter traurig an, als sie mit einem Talglicht in der Hand das Verlies betrat. Für ein paar Münzen hatten die Männer versprochen, sie einige Minuten alleine mit dem Stiefvater sprechen zu lassen.
    »Wir besorgen einen Advokaten, ich schicke noch heute nach einem. Wir haben genug Geld, wir können uns den besten leisten. Maria und ich werden ihm die ganze Wahrheiterzählen und Gott ist unser Zeuge. Außerdem gibt es noch den Arzt. Er war den ganzen Abend mit dir auf dem Fest und hat es mit dir verlassen, um den Verwundeten zu helfen. Sein Ruf ist untadelig. Der Vogt muss dich freisprechen, du wirst sehen!«
    Hermann lächelte sie liebevoll an, als er ihr seufzend eine Hand auf die Schulter legte. »Du wirst nicht vor dem Vogt aussagen, hörst du? Man würde dich als Frau sowieso nicht als Zeugin zulassen. Nur Bürger oder Edelleute dürfen Zeugen sein. Außerdem würde man dir nicht glauben und schlimmer noch, vielleicht nachsagen, du hättest die Männer verführt. Deine Ehre wäre besudelt und die Zunft würde dich niemals mehr als Meisterin anerkennen. Deine Ernennung ist ja ohnedies eine strittige Angelegenheit. Ich muss darauf hoffen, dass man unserem Arzt Glauben schenkt oder dass Festgäste bezeugen, dass der Alte mit mir die Feier verlassen hat. Aber er saß abseits und vielleicht hat gar niemand bemerkt, dass Karl und ich ihn mitgenommen haben.«
    »Du wirst sehen, er wird deine Angaben bestätigen und mitteilen, dass er die Verletzten bei uns im Lager gefunden hat und du ihm nur geholfen hast. Ich gehe noch heute zu ihm und spreche mit ihm.«
    Hermann lächelte sie an. Der alte Wundheiler war mehr als nur eine Hoffnung. Man konnte sich auf ihn verlassen, schließlich kannte ganz Budweis ihn seit Jahrzehnten als Ehrenmann. Sein Zeugnis würde niemand in Frage stellen. Franziska umarmte den Stiefvater, als die Wachen von draußen riefen, dass es nun Zeit sei, den Gefangenen wieder zu verlassen.
    Sie schlug direkt den Weg zum nur wenige Straßen weitentfernten Haus des Heilers ein. Er wohnte unweit des Rathauses und des Vogtsitzes. Franziska erreichte sein Tor und klopfte. Sie rief, doch niemand öffnete ihr. Das war bei der Schwerhörigkeit des Mannes kein Wunder, und falls die Wirtschafterin nicht im Haus war, würde auch niemand bemerken, dass Besuch wartete. Franziska versuchte, die Tür aufzudrücken, doch sie war verschlossen, ebenso wie die Läden der Fenster, die zur Straße gingen. Nach einer Weile sah Franziska ein, dass sie unverrichteter Dinge nach Hause gehen musste. Sie würde es zu späterer Stunde nochmals versuchen und hoffte, dann mehr Glück zu haben.
 
    Als sie zu Hause ankam, stockte ihr der Atem. Der Stadtschreiber und zwei seiner Gehilfen schritten durch Haus und Warenlager und fertigten eine lange Liste aller Dinge von Wert an. Sogar in Franziskas und Marias Kammer schnüffelten sie herum und wühlten in ihren Kleidertruhen. Selbst Marias schöne Kette wurde von den Kerlen befingert. Jedes Möbel, jedes Kleidungsstück, der gesamte Hausrat wurden dokumentiert und der Inhalt von Stofflager und Werkstatt genauestens in Listen eingetragen. Nicht nur Nele, sondern auch Maria, die Bediensteten Hermanns und sogar die Näherinnen wurden zu diesem und jenem Gegenstand ausgefragt.
    »Was treibt ihr hier?«, fragte Franziska erbost, und als der Schreiber nur kurz von seinem Pergament aufsah, trat sie vor ihn hin und fuhr ihn an: »Was habt Ihr für ein Recht, in unserem Eigentum herumzuschnüffeln und das Unterste zuoberst zu kehren. Hier wird gearbeitet und …«
    »Haltet ein«, sagte der Mann mit eigentümlich tonloser Stimme. »Ich kenne Eure Einwände, doch das Recht will esanders. Dieses Haus gehört dem Rosshändler. Es ist durch die Eheschließung mit der Witwe in sein Eigentum übergegangen. Wenn Euer Vater wegen Mordes und Verletzung eines Edelmannes verurteilt wird, dann fällt sein Besitz an die Stadt oder an den Lehnsherren, falls dieser darauf besteht. Es wird darüber wohl noch zu Gericht gesessen werden. Aus diesem Grund muss

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