Die Knopfkönigin: Historischer Roman (insel taschenbuch) (German Edition)
nicht hier und jetzt die Schädel einschlagen soll«, sagte er in gefährlich ruhigem Ton. Haymo schwieg. Hermann trat an Bero heran und hob den Knüppel, der vom schwachen Kerzenschein beschienen auf der Schulter des Rosshändlers ruhte. »Ihr würdet hängen. Mein Großvater würde sich das nicht bieten lassen«, stieß Bero hervor, »und das wisst Ihr auch, sonst hättet Ihr uns schon längst getötet.«
Hermann nickte bedächtig. »Mag sein, dass Ihr Rechthabt. Ich bedaure, dass die beiden Jungen Euch nicht den Garaus gemacht haben, sie hätten weiß Gott das Recht dazu gehabt. Ich werde Euch nicht bestrafen, das steht mir nicht zu. Stattdessen biete ich Euch einen Handel an und will Euer Wort darauf: Meine Familie und ich werden bestätigen, dass Ihr nach dem Verlassen des Hochzeitsfestes von Wegelagerern überfallen wurdet, die Euch, die Ihr unbewaffnet wart, ausgeraubt und übel zugerichtet haben. Es gibt hier immer wieder Raubsgesindel, erst letzte Woche hat der Vogt eine Handvoll Strauchdiebe verurteilt und aufknüpfen lassen, die Geschichte wird also glaubwürdig sein. Euer Knappe Ludwig wurde von den Banditen verschleppt. Wahrscheinlich haben sie ihn getötet, als sie sahen, dass man für ihn kaum Lösegeld bekäme, und die Leiche irgendwo in den Wäldern verschwinden lassen. Ihr selbst wurdet gefunden und hierhergebracht, da es hier ruhig und sicher ist und der Wundarzt auf meinem Fest weilte. Das bin ich gewillt um des Friedens willen für Euch zu bestätigen. Dafür werdet Ihr mir den Eid leisten, Euch nie wieder meiner Stieftochter oder Maria von Montardier zu nähern und auch sonst nichts zu unternehmen, was ihnen, meiner Familie oder mir Schaden zufügen könnte.«
Bero sagte nichts.
»Schwört!«
Beros Auge blickte scheinbar teilnahmslos in das Gesicht des Rosshändlers. »Ein letztes Mal: Schwört!« Hermann hob seine Waffe und trat noch näher an den Verletzten. Die Keule war ein armlanger, dicker Eichenknüppel, hart wie Stein, unter dem der Schädel eines Mannes wie eine Eierschale splittern würde. Bero schwieg weiter. Er war sich gewiss, dass der Mann ihn nicht töten würde, so wie auch die beiden Taugenichtse nicht den Schneid gehabt hatten, die Sache zu Ende zu bringen. Um Beros Lippen spielte ein hässliches Lächeln. Er würde Hermann nicht die Genugtuung verschaffen, jetzt vor ihm um Gnade zu betteln. Der eingebildete Kerl würde unverrichteter Dinge kehrtmachen müssen und ihn nie wieder bedrängen.
Hermann ahnte, was im Kopf des Übeltäters vorging, und die Hochnäsigkeit des Mannes widerte ihn ebenso an wie das Verbrechen, das er im Gange gewesen war zu verüben. Er dachte an das Versprechen, das er seiner Frau gegeben hatte, und unbändiger Zorn wallte in ihm auf. Die Adern an seinem Hals schwollen an. Es fehlte nicht viel und er würde die Waffe auf den Kopf des Widerlings niederfahren lassen, um sich und die Welt von diesem Abschaum zu befreien. Doch er tat es nicht, irgendetwas in seinem Inneren hielt ihn zurück. Seine Klugheit vielleicht, sein Anstand oder der Gedanke an seine Familie, die fortan neben einem Mörder würde leben müssen. Er würde Bero nicht erschlagen, das war ihm unmöglich, aber einen kräftigen Denkzettel verdiente der Schnösel, egal wie schwer verletzt er bereits war. Plötzlich blitzten Hermanns Augen auf. Beros rechtes Bein lag ausgestreckt auf der hölzernen Bank, die ihm als Lager diente. Der Fuß, an dem er noch immer einen teuren Spangenschuh trug, baumelte über die Kante. Trotz der Dunkelheit und des schwachen flackernden Kerzenlichts genügte Hermann ein kurzer Blick aus dem Augenwinkel. Er hob die Keule etwas an, drehte sich in der Hüfte und ließ sie niederkrachen. Gellend schrie Bero auf, als die schwere Waffe seinen Knöchel brach. Aschfahl und ungläubig blickte er zu Hermann hoch.
»Und jetzt Euer zweites Bein, danach die Hüfte. Es istEure Entscheidung«, sagte der Rosshändler mit fester Stimme, als er abermals mit der Keule ausholte.
»Ich schwöre, ich schwöre!«, stieß Bero schließlich hervor. Hermann trat einen Schritt zurück und sah auf den völlig verschreckten Haymo herab. »Auch ich schwöre!«, rief dieser angstvoll. »Lasst ab von uns. Ich schwöre, bei meiner Familie und allem, was mir heilig ist!«
Hermann nickte. Er machte auf dem Absatz kehrt, nahm die Kerze mit sich und verließ die Werkstatt.
Bero, Haymo und der Leichnam Einhards wurden am kommenden Tag vom Verwalter Restwangens mit einem Fuhrwerk
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