Die Knopfkönigin: Historischer Roman (insel taschenbuch) (German Edition)
entsprechenden Entwürfe ein.
Die fremdländischen Pelze, die Isaak einkaufte und die dem ansässigen Kürschner anständige Aufträge verschafften, waren wie seit Beginn ihrer Arbeit begehrte Aufwertungen ihrer Handwerkskunst und wurden neben den Knöpfen ein weiteres Markenzeichen ihrer Schöpfungen.
Trudbert war ein geschickter Rechner und sogar Schreiber geworden, sodass er zu Franziskas Entlastung einen Teil ihrer strengen Buchführung übernehmen konnte. Sie war ihm sehr dankbar dafür, auch wenn sie sich selbst die Kontrolle über ihre Geschäftszahlen und die Kontoabschlüsse vorbehielt.
Waren in den beiden letzten Jahren die anderen Zunftmeister bereits hellhörig ob des Erfolgs von Walrams Werkstatt geworden, so begannen sie sich nun ernsthafte Sorgen um ihr weiteres eigenes Fortkommen zu machen. Insbesondere die Tatsache, dass Franziska selbst keine Zunftmeisterin war, begann die Konkurrenten von Walrams Werkstatt mehr und mehr zu erbosen. Da Franziskas noble Kunden weit über das Reich verstreut lebten, beschwerten sich bereits die Meister anderer Städte bei der Nürnberger Zunft darüber, dass eine einfache Gesellin sie ihrer Kundschaft beraubte.
Walram hatte in seinem Berufsleben schon alle Phasen des Erfolgs und Misserfolgs am eigenen Leibe erfahren und wusste, was in einem Meister vor sich ging, wenn die Aufträge spärlicher wurden und gute Geschäfte ausblieben, auch wenn er selbst anderen Menschen gegenüber nie zu Neid und Missgunst geneigt hatte. Er würde bald mit den Frauen über die Situation in der Zunft sprechen müssen.
Franziskas Ruf verbreitete sich sogar über die Grenzen des Reichs hinaus, was vor ihr noch keinem deutschen Schneider gelungen war. Einige französische Edelleute, darunterder zur Hochzeit mitgereiste Bischof, ließen sich bei der Rückreise aus Wien vermessen und bestellten Stücke, die nachgeliefert werden sollten, selbstverständlich großzügig mit Knöpfen und Pelzbesatz versehen. Ein hoher Hofbeamter legte ihr die Maße eines nicht genannten Mannes vor und erteilte den Auftrag für ein graues Seidenwams nebst Umhang für hohe Anlässe. Die Kleider sollten nach ihrer Fertigstellung nach Paris gesandt werden, die Endanprobe würde ein kundiger Meister bei Hofe vornehmen. Franziska nannte einen außerordentlich hohen Preis für diese Arbeit, den der Beamte nach kurzem Zögern akzeptierte. Im Gegenzug fragte Franziska nicht nach, wer der auszustaffierende Herr sei, doch versprach, das Stück wie das Gewand eines Königs zu behandeln.
Seit einigen Tagen nahm Nele Veränderungen an ihrer Tochter wahr. Franziskas Züge waren weicher geworden, der Ausdruck ihres Gesichts hatte sich verändert. Sie schien sich vorsichtiger zu bewegen als sonst. Nele schien auch, als sei ihre schlanke Gestalt ein wenig rundlicher geworden, obwohl sie bescheiden aß und den ganzen Tag in Bewegung war. Als sie Franziska eines Tages behutsam darauf ansprach, sah diese sie verwundert an. Plötzlich schlug sie beide Hände vor den Mund und riss die Augen auf. »Du meinst doch nicht etwa …?«
Ihre Mutter lächelte und nickte. Dann zog sie ihr kleines Mädchen an sich und umarmte es. Lange hielt sie die Tochter fest und spürte, wie deren Tränen den Wollstoff ihres Kleides durchtränkten.
»Was … was soll ich jetzt nur machen?«, schluchzte Franziska. »Was soll nun geschehen?« »Mach dir keine Sorgen«,murmelte ihre Mutter, doch hatte sie selbst keine Vorstellung, wie Franziskas Leben weitergehen sollte.
Die nächsten Tage wirkte Franziska bekümmert, und ihre Mutter sorgte sich sehr um sie. Wahrscheinlich wäre es das Beste, sie ginge mit ihr zu Hermann ins ferne Meran und ließe sie erst zurückkehren, wenn das Kind längst geboren war. In der Fremde könnte man Franziska als junge Witwe ausgeben und später nach ihrer Rückkehr auch wieder hier in Nürnberg. Auch wenn dies vielleicht nicht jedermann glauben würde und es bestimmt Gerede gäbe, war doch nicht das Gegenteil zu beweisen, Ruf und Schein wären gewahrt und Franziska könnte noch immer einen anderen Mann heiraten. Eine rasche Abreise wäre wohl das Beste, auch wenn ihnen beiden das Herz bluten würde, das Geschäft zurückzulassen und womöglich ganz aufgeben zu müssen.
Auch Walrams Sorge wuchs. Die Zunft hatte ihn heute zum wiederholten Mal zu einer Versammlung geladen, in der er erklären musste, wieso er eine Gesellin alleine hohe Herrschaften einkleiden ließ. Dies sei gegen die Zunftordnung und
Weitere Kostenlose Bücher