Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Knopfkönigin: Historischer Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Die Knopfkönigin: Historischer Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Titel: Die Knopfkönigin: Historischer Roman (insel taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Siegel
Vom Netzwerk:
Meisterin Kunden bedienst und ausstattest. Walram wurde heute zum wiederholten Mal vor die Meisterschaft berufen und vor vollendete Tatsachen gestellt. Entweder wirkst du in Zukunft nur im Hintergrund als Gesellin oder Walram wird genötigt, das Geschäft hier zu schließen, und wir müssen unser Glück anderswo versuchen. Aber wohin wir auch gehen, wir werden überall die gleichen Schwierigkeiten haben. Erinnere dich, wie es war, als wir hierherkamen. Ich habe, bitte verzeih, Walram von deiner Lage erzählt und dass du wohl oder übel Nürnberg ohnehin verlassen und das Geschäft hier aufgeben müsstest. Wenn du Walram heiratest, natürlich nur zum Schein, wie wir vereinbart haben, könntest du hierbleiben, als Meisterin in Erscheinung treten, wir könnten das Geschäft weiterführen, Walram hätte einen Erben …«
    »Und ich erfahre es als Letzte, natürlich!« Mit zusammengezogenen Brauen betrachtete sie Nele und den alten Schneider. Eigentlich hätten die beiden jetzt ein wenig Zornverdient, schoss es ihr durch den Kopf, doch der Gedanke mit der Heirat war nüchtern betrachtet gar nicht dumm. »Ich glaube, ich setze mich erst einmal. Gib mir einen Becher von deinem Wein, mein Freier.«
 
    Franziska nahm einen tiefen Schluck. Dann noch einen und plötzlich hatte sie den ganzen Becher geleert. Sie hielt ihn Walram hin, der ihn zögernd nochmals füllte. Sie trank, dachte nach. Plötzlich fing sie an zu kichern, kicherte lauter und lachte plötzlich schallend. Ihre Mutter sah sie verwundert an. »Aber das Hochzeitskleid nähe ich nicht selber, damit ihr das nur wisst! Außerdem sollten wir nicht zu viel Zeit mit Warten verplempern, sonst kann ich den dicken Bauch nicht mehr verstecken.«
    »Du sagst also Ja?«, fragte Nele sie unsicher.
    »Habe ich eine Wahl? Nachdem unser wilder und stürmischer Walram mich arme Jungfer in solche Verlegenheit gebracht hat, ist es doch das Mindeste, dass ich die Ehe von ihm verlange, findet ihr nicht? Komm her, mein Bräutigam, lass dich umarmen!« Zögernd näherte Walram sich ihr und besah misstrauisch den Becher, den Franziska zum zweiten Mal geleert hatte.
    Franziska konnte sich das Lachen wieder nicht verkneifen, als sie den alten dürren Meister schüchtern heranschleichen sah. Fragend sah der Mann von einer Frau zur anderen. Schließlich räusperte Franziska sich. Mit geröteten Wangen sah sie beide an. »Ich werde die erfolgreichste Schneiderin des Reiches«, sprach sie mit fester Stimme, und in ihren Augen war ein eigentümlicher Glanz. »Diese Hochzeit ist das vollkommene Mittel dazu. Geh sobald wie möglich zum Pfarrer und sag in der Zunft Bescheid, Walram. In ein paarWochen sollte es so weit sein. Wir laden sie alle ein und werden dann schon sehen, wie wir die anderen Meister auf unsere Seite ziehen. Und jetzt lasst uns feiern! Schenk nochmals ein, mein zukünftiger Herr und Gebieter!«
    *
    Die Kirche hatte erwartungsgemäß keinerlei Schwierigkeiten gemacht, von einigen Ermahnungen abgesehen, dass man mit dem Genuss mancher Freuden doch bis nach dem Trauspruch warten solle. Walram hatte das Gespräch mit dem Stellvertreter des Bischofs alleine geführt, und die Aussicht auf eine nicht unbeträchtliche Zuwendung zum Bau der neuen Kirche versetzte die Kirchenmänner in eine nachsichtige Stimmung, wie Walram den Frauen mit unverhohlener Belustigung mitteilen konnte. In der Zunft wurde getuschelt und getratscht, jedoch der Umstand, dass die schöne, junge Schneiderin die Männlichkeit des erfahrenen Mannes herausgefordert hatte, was alsbald schon Folgen zeigte, brachte dem Bräutigam durchaus eine gewisse Anerkennung ein, wie der eine oder andere Seitenblick ihm offenbarte.
    Das Brautpaar verhielt sich wie bisher natürlich und unbedarft. Man arbeitete in der Schneiderei und benahm sich wie stets. Die Auftragslage war gleichbleibend gut und begann sich jetzt im Frühling sogar noch besser zu entwickeln.
 
    Die Hochzeit wurde in gebührlichem Rahmen gefeiert. Franziska hatte Wert darauf gelegt, dass alle Schneider, Tuchhändler, Weber, Färber, Schuhmacher und wer immer sonst noch im Entferntesten mit Kleidern zu tun hatte, mitsamtAnhang zum Fest kamen. Sie wollte auch Isaak dabeihaben, der jedoch höflich ablehnte.
    So gut wie alle Geladenen waren erschienen. Sogar Graf Meynhard beehrte das Fest kurz, brachte ein Fässchen teuren Rebensafts als Geschenk und ließ das Paar hochleben. Bier und Wein flossen reichlich, und die Speisen, für die Walram gesorgt hatte, waren

Weitere Kostenlose Bücher