Die Knopfmacherin
einem Mann namens Joß Fritz«, antwortete Rächer, während er das Schwert zurücksteckte. »Ist er Euch unter die Augen gekommen?«
Die Frau, offenbar die Haushälterin des Knopfmachers, schüttelte den Kopf. »Nein, der war hier nicht. Das Einzige, was Ihr hier finden werdet, ist der Leichnam meines Herrn. Meister Ringhand ist heute Vormittag verschieden.«
Lohweihe blieb der Mund offen stehen. Der Meister tot? Dann konnten Marga und Katharina sicher schon bald die Werkstatt übernehmen. Konnte es eine glücklichere Fügung geben?
Wie durch Nebel vernahm er, wie Rächer fragte: »Was ist mit den beiden Lehrlingen? Ein Bursche und ein Mädchen? Wo sind sie?«
»Das dürft Ihr mich nicht fragen. Ich bin soeben von meinem Lager gekrochen. Vielleicht sind sie im Stall.«
»Oder sie haben sich mit Joß Fritz aus dem Staub gemacht«, mutmaßte Lux Rapp hastig, denn er war nicht gewillt, sich der Lüge bezichtigen zu lassen. »Wir sollten in der Stadt nach ihnen suchen. Die Tore sind geschlossen, sie können nicht raus.«
Lohweihe musterte den Landsknecht finster. An diesem Abend hatte er eigentlich etwas Besseres zu tun gehabt, als dem Bauerntölpel nachzujagen. Aber da er wusste, wie begierig Ludwig von Helmstatt auf die Ergreifung des Mannes war, strebte er der Tür zu.
»Gut, lasst uns gehen. Aber betet zu Gott, dass wir ihn finden, Lukas Rapp, sonst sieht es düster für Euch aus.«
Maximilian Rächers Miene schien seine Worte zu bestätigen, als er an ihm vorbeiging.
»Verzeiht unser Eindringen, gute Frau«, wandte sich der Mann des Grafen Lichtenfels mit einer leichten Verbeugung an die Haushälterin. Dann packte er Lux Rapp am Wams und zerrte ihn mit sich.
Vor dem Hurenhaus drängten sich die Männer, als würden die Dienste der Mädchen heute nichts kosten.
»Gut so«, frohlockte Joß Fritz, als sie sich hinter einem Haus in der Nähe verbargen. »Wo viele Menschen sind, kann man leicht in der Menge verschwinden.«
Melisande fragte sich, ob er genauso gedacht hatte, als er vor den bischöflichen Soldaten geflohen war.
»Lasst uns reingehen, damit wir noch einen guten Platz bekommen«, sagte er.
Bernhard zögerte. »Mich und Melisande hat die Hurenwirtin schon einmal gesehen. Was, wenn sie uns wiedererkennt?«
»Das wird nicht passieren«, winkte Fritz ab. »Heute Abend hat sie nur Augen fürs Geschäft. Auch mich hat sie schon einmal gesehen, als ich mit Melisandes Schwester geredet habe.«
»Habt Ihr denn keine Angst, dass sie sich Euer Gesicht gemerkt haben könnte?«
»Nein, glaubt mir. Sie ist voll und ganz auf den Geldbeutel des Mannes fixiert, der die Jungfräulichkeit Eurer Schwester ersteigern wird.«
Melisande schluckte. Der Gedanke, dass ein Mann ihre Schwester schänden könnte, war ihr unerträglich und weckte ihren Zorn.
In der Stadt schlug die Glocke genau elf Mal.
»Wir haben noch ein wenig Zeit«, sagte Joß Fritz. »Allerdings sollten wir versuchen, Eure Schwester zu finden, bevor die Alte sie nackt auf einen Tisch stellt und von der geifernden Menge begaffen lässt.«
»Vielleicht sollten wir für alle Fälle noch irgendwas mitnehmen, einen Knüppel oder etwas Ähnliches«, schlug Bernhard vor.
Joß Fritz grinste ihn breit an. »Warum nicht ein Schwert?« Er deutete auf einen Mann, der offenbar kein Interesse an der Versteigerung hatte, weil er bereits genug von Wein und Weib genossen hatte. »Wartet, ich bin gleich zurück.«
Bevor Melisande Fritz davon abhalten konnte, stürmte er los. »Er wird doch nicht etwa …«, presste sie atemlos hervor.
Ein dumpfes Geräusch bestätigte ihre Vermutung. Wenig später stand Joß wieder vor ihr, unter dem Arm das Schwert, das eben noch am Gürtel des Betrunkenen gebaumelt hatte.
»Hier«, sagte er und drückte der staunenden Melisande die Waffe in die Hand.
»Solltet Ihr es nicht besser nehmen?«, fragte sie.
Fritz schüttelte den Kopf. »Nein, es ist in Euren Händen wesentlich nützlicher. Immerhin werdet Ihr diejenige sein, die Eure Schwester befreit. Der Bursche und ich werden lediglich für Ablenkung sorgen.«
»Was genau soll ich tun?«
»Ihr lauft zunächst nach hinten, dann nach oben, und das so flink wie möglich. Sobald Ihr Eure Schwester seht, ergreift sie ohne Umschweife. Sollte sich Euch jemand in den Weg stellen, schlagt Ihr mit dem Schwert nach ihm.«
»Das kann ich nicht!«
Joß Fritz lächelte milde. »Man denkt immer, dass man etwas nicht kann, bis man es versucht hat. Seid mutig, junge Brucknerin, wenn
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