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Die Knopfmacherin

Die Knopfmacherin

Titel: Die Knopfmacherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinna Neuendorf
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dich.«
    Draußen strömte ihr kühle feuchte Luft entgegen, und zwischen den Häusern waberte der Nebel. Doch das kümmerte Melisande nicht. Überglücklich, dass der Meister so großes Vertrauen in sie setzte, zog sie ihren Mantel enger um die Schultern, presste das Kästchen an die Brust und ging mit langen Schritten zügig voran. Einige Nachbarn, an denen sie vorübereilte, grüßte sie freundlich, einem entgegenkommenden Karren wich sie aus.
    Auf dem Domplatz war weniger los als sonst, dasselbe galt für den Marktplatz. Wahrscheinlich warteten die Menschen ab, ob das Tageslicht noch ein wenig an Kraft gewann.
    Vor dem Haus des Kaufmanns konnte sie nur knapp dem Inhalt eines Nachtgeschirrs ausweichen. Platschend ergoss sich die gelbe Jauche in den Rinnstein.
    »He!«, rief Melisande, während sie zurücksprang.
    Die Magd sah sie verständnislos an. »Pass halt auf, Mädchen!«, blaffte sie, dann schloss sie den Fensterladen wieder.
    Kopfschüttelnd setzte Melisande ihren Weg fort, bis sie die Haustür des Kaufmannes erreichte. Ein süßer Duft nach Gebäck, der durch die halb offenen Fensterläden strömte, vertrieb den Uringestank des Rinnsals und ließ ihr das Wasser im Mund zusammenlaufen. Kurz läutete sie die Glocke, dann strich sie ihren Mantel glatt.
    Wenig später tat ihr eine andere Magd auf. Sie war tadellos gekleidet und noch recht jung, beinahe in Alinas Alter. Als Melisande das in den Sinn kam, vergaß sie fast, was sie sagen wollte.
    »Was willst du hier?«, riss das Mädchen sie aus ihrer Erstarrung.
    »Ich bin der Lehrling des Knopfmachers Ringhand. Ich bringe die Ware, die dein Herr bei uns bestellt hat.«
    Die Magd betrachtete kurz das Kästchen in ihrer Hand, dann trat sie zur Seite. »Komm rein. Du hast Glück, die Schneiderin hat sich für heute angemeldet, um die Knöpfe abzuholen.«
    Während Melisande durch die Gänge des Kaufmannshauses eilte, staunte sie über die vielen prächtigen Teppiche und Wandmalereien. Kein Wunder, dass dieser Mann mit dem Bischof befreundet war. Den Hang zum Prunk teilten sie offenbar. Und der Kaufmann Prachtel hatte offenbar die nötigen Mittel dazu.
    In einem weitläufigen Raum, an dessen Wänden zahlreiche Geweihe hingen, blieben sie schließlich stehen. Offenbar handelte es sich um einen Ballsaal, in dem die Herrschaften ihre Feste feierten.
    »Warte hier, ich sage dem Herrn Bescheid.« Damit verschwand die Magd durch die Tür.
    Melisande ließ den Blick zu der schweren Eichenholztafel schweifen, deren Beine kunstvoll verziert waren, und dann weiter zu den Fellen, die vor dem hohen Kamin lagen. Nicht einmal Meister Ringhand hatte solch kostbare Stücke! Unter denen würde sie gewiss nicht frierend in ihrer Kammer erwachen.
    Aus irgendeinem Grund kamen ihr wieder die Bauern in den Sinn, denen die auf dem Weg nach Speyer begegnet war. Die Leute waren zu stolz gewesen, einen Taler von ihr anzunehmen, aber sehnten sie sich nicht vielleicht auch danach, in solch einem schönen, warmen Haus zu leben? Sich nicht Tag für Tag sorgen zu müssen, woher das Brot kam, mit dem sie sich und ihre Kinder ernährten?
    Die Antwort auf die Frage, warum Gott die Welt so eingerichtet hatte, wie sie war, kannte sie nicht. Aber sie verstand, warum Männer wie Joß Fritz ihr Leben aufs Spiel setzten, um etwas an der momentanen Lage zu ändern.
    Als die Tür hinter ihr aufgestoßen wurde, schreckte Melisande aus ihren Gedanken auf und wirbelte herum.
    Der Kaufmann trug noch sein Vorbindetuch vom Morgenmahl im Kragen, als er ihr entgegentrat. Rasch zupfte er es ab und drückte es einer zufällig vorbeieilenden Magd in die Hand. Dann musterte er Melisande von Kopf bis Fuß.
    »Der Meister schickt mir eine Magd?«, fragte er, während er näher trat. »Wo ist sein Geselle?«
    Obwohl Kaufmann Prachtel ein paar Mal in der Werkstatt gewesen war, hatte sie ihn stets nur durch den Türspalt zu Gesicht bekommen. Offenbar hatte Meister Ringhand nicht erwähnt, dass er einen neuen Lehrling hatte, zudem noch einen weiblichen.
    »Bernhard hat heute Morgen zu tun. Ich bin der Lehrling des Meisters.«
    Die Miene, mit der Prachtel sie bedachte, bestätigte ihren Gedanken.
    »So, Ringhand hat wieder einen Lehrling? Noch dazu ein Mädchen. Das ist ungewöhnlich.« Der unverhohlene Blick, mit dem der Mann sie musterte, war Melisande unangenehm. Dennoch lächelte sie freundlich und streckte dem Kaufmann die Schatulle mit den Knöpfen entgegen.
    »Ich bin jetzt schon zwei Monate bei Meister Ringhand.

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