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Die Knopfmacherin

Die Knopfmacherin

Titel: Die Knopfmacherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinna Neuendorf
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Indem er mich beauftragte, Euch die Knöpfe zu bringen, hat er sein volles Vertrauen in mich gesetzt. Er meinte, seine Kundschaft solle mich allmählich kennenlernen.«
    »Hm«, machte der Kaufmann nur, während er die Schatulle aufklappte.
    Melisande biss sich gespannt auf die Unterlippe. Gefielen ihm die Knöpfe?
    Der Kaufmann drehte die Schachtel hin und her, als suchte er nach dem richtigen Lichteinfall, dann nahm er einen Knopf hervor. »Hast du diese Knöpfe mit angefertigt?«
    »Ich habe einige der Ränder graviert«, gestand Melisande. Erst nachdem sie mit der Gravurarbeit fertig gewesen war, hatte ihr der Meister verraten, für welche Knöpfe sie gedacht war. Das hatte sie im Nachhinein ziemlich erschreckt, aber schließlich auch stolz gemacht. Selbst Bernhard ließ der Meister bei wichtigen Aufträgen nur kleinere Arbeiten erledigen.
    Doch warum ließ sich Prachtel so viel Zeit?
    »Wie kommt ein Mädchen dazu, das Knopfmacherhandwerk zu erlernen?«
    »Mein Vater hatte selbst eine Werkstatt«, erwiderte sie.
    Der Kaufmann zog die buschigen Augenbrauen hoch. »Hatte?«
    »Er ist … gestorben. Meister Ringhand hat mich aufgenommen.«
    »Sehr edel von ihm.« Prachtel begann um sie herumzuschleichen wie eine Katze. »Und was gibst du deinem Meister dafür?«
    Melisande blickte erschrocken auf. Sie hatte sehr wohl verstanden, was er meinte. Dass der Kaufmann hinter ihrer Abmachung etwas Unkeusches vermutete, ließ sie erröten.
    »Ich bemühe mich, eine gute Knopfmacherin zu werden. Ganz, wie es von einem Lehrling erwartet wird.«
    Als sie die Hand des Kaufmanns auf ihrer Schulter spürte, wich sie zurück. »Würdet Ihr mir nun bitte mitteilen, wie Euch die Ware gefällt? Meister Ringhand hält nichts von Saumseligkeit.«
    »Nicht so schnell, mein Kind.« Der Kaufmann packte sie am Arm und zog sie an sich, so dass sie den Schweiß auf seiner Haut riechen konnte. Die Erinnerung an die Zudringlichkeiten des Zunftmeisters ließen Melisandes Mund trocken vor Ekel werden. »Wenn ich dich kennenlernen soll, musst du schon ein Weilchen länger bleiben. Immerhin bin ich ein sehr guter Kunde deines Herrn. Und der würde sicher nicht wollen, dass ich meine Knöpfe künftig woanders fertigen lasse.«
    Melisande hatte die unterschwellige Drohung verstanden. Wenn sie Ärger machte, würde ihr Meister einen wichtigen Kunden verlieren. Dennoch wollte sie diesem Mann nicht zu Willen sein.
    »Gnädiger Herr, ich bin viel zu unbedeutend, als dass ich Eure Aufmerksamkeit verdiene. Die Knöpfe, die ich Euch mitgebracht habe, sind wesentlich wichtiger und wertvoller.«
    »Da hat sie wohl recht!«
    Als Melisande herumwirbelte, erblickte sie eine in blauen Brokat gekleidete Frau. Allein der Zierrat an den Ärmeln und die wertvollen Edelsteinknöpfe mussten ein Vermögen gekostet haben. Keine Frage, dies war Prachtels Gattin.
    Augenblicklich ließ der Kaufmann das Mädchen los, und Melisande zog sich beschämt zurück. Wahrscheinlich würde er sie gleich beschuldigen, dass sie ihn hatte verführen wollen.
    Zufrieden über den Rückzug ihres Gatten, trat die Kaufmannsfrau lächelnd näher. »Nun, mein Kind, wo sind die Knöpfe?«
    Aus dem Augenwinkel heraus registrierte Melisande, dass Prachtel missmutig den Mund verzog. Doch noch immer sagte er kein Wort.
    Nach einem Seitenblick auf den Kaufmann ergriff sie die Schachtel und brachte sie der Hausherrin.
    Diese besah die Knöpfe kurz, dann klappte sie die Schachtel zu. »Sag deinem Meister, dass die Arbeit sehr gut gelungen ist. Ich werde dir beim Hinausgehen deinen Lohn auszahlen.« Damit wandte sie sich um.
    Froh, der Nähe des Mannes zu entkommen, schloss sich Melisande ihr an.
    An der Tür reichte ihr die Hausherrin einen Lederbeutel. Sofort ging Melisande die Ermahnung des Meisters durch den Kopf. So streng, wie die Kaufmannsfrau dreinblickte, schätzte sie es gewiss nicht, wenn ihr jemand misstraute. Doch wenn sich die Tür einmal vor ihrer Nase verschlossen hatte, würde man ihr nicht wieder aufmachen, um ihr den eventuell fehlenden Betrag zu zahlen.
    »Habt Ihr etwas dagegen, dass ich nachzähle?«, fragte Melisande höflich. »Der Meister hat es mir aufgetragen.«
    Die Kaufmannsfrau blickte das Mädchen verwundert an. »Du kannst zählen?«
    Melisande nickte. »Mein Vater hat es mir beigebracht. Er meinte, als Knopfmacherin sollte ich es beherrschen.«
    Die Frau lachte auf. »Dein Vater scheint ein kluger Mann zu sein. Es schadet wirklich nicht, einem Mädchen Wissen mit auf

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