Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Köchin und der Kardinal

Die Köchin und der Kardinal

Titel: Die Köchin und der Kardinal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa S. Lotz
Vom Netzwerk:
nicht, wo sie sich eigentlich befand. Dann kehrte ihre Erinnerung zurück. Sie hatte die Musikanten aus dem Tross wiedergetroffen, mit ihnen gegessen, getrunken und geplaudert. Spät nachts, als der sichelförmige Mond schon untergegangen war, hatte sie sich ein Bett im Küchenzelt bereitet. Es duftete würzig. Sie blickte sich um. Im Dämmerlicht des Morgens konnte sie Körbe mit getrockneten Hülsenfrüchten und Getreide erkennen sowie Stränge mit Knoblauch und Zwiebeln, die mit Haken an der Zeltdecke befestigt waren. In einem weiteren Korb lagen Eier aufgeschichtet. Ein großes Stück Speck hing ebenfalls an einem Haken herab, und auf einem Brett, das zum Hacken bestimmt schien, wölbte sich ein Brot mit dunkler Kruste. Elisabeth wusste schon, was es zum Frühmahl geben würde. Getreidebrei, gebratenen Speck und Eier. Sie erhob sich von ihrem Lager, legte die Decken zurecht und trat vor das Zelt. Die Sonne war noch nicht über die Wände des Talkessels gestiegen, und im Schatten war es empfindlich kühl. Elisabeth ging hinüber zur Quelle und wusch sich Gesicht, Hände und Füße. Danach fachte sie das Feuer an und holte die Zutaten für das Frühstück. Den Gerstenbrei weichte sie mit Quellwasser ein, tat ihn in einen Topf und setzte ihn auf den Rost, um ihn zu erwärmen. In einer Eisenpfanne briet sie Speck und gab die Eier darüber. Inzwischen waren die anderen ebenfalls wach geworden. Leander blinzelte sie verschlafen an.
    »Das riecht aber verlockend«, sagte er und gähnte herzhaft. Bis die Männer sich kurz gewaschen und vollständig angekleidet hatten, war das Frühstück fertig. Alle griffen herzhaft zu.
    »Wir sind noch ganz gut mit Vorräten eingedeckt«, meinte Leander und wischte sich mit einem Grasbüschel das Fett vom Kinn. »Aber bald müssen wir wieder etwas besorgen.«
    »Wie geht das vor sich?«, wollte Elisabeth wissen.
    »Also zunächst einmal versuchen wir, durch unsere Musik und unser Spiel auf den Märkten Geld zu verdienen. Wenn das nichts einbringt, müssen wir zu den Pfründen der Reichen.«
    »Wir haben keinen Wein mehr«, ließ sich Daniel vernehmen. »Wir sollten heute nach Breisach gehen und den Leuten etwas vorspielen.«
    »Ja, es wird Zeit, mal wieder rechtmäßig unter die Menschen zu kommen«, bekräftigte Hans.
    Elisabeth wusch das Geschirr am Bach, die anderen räumten ihre Zelte auf. Als die Sonne endlich über die Wände gestiegen war, machten sie sich auf den Weg nach Breisach. Sie verließen den Talkessel dort, wo der Bach den Hügel hinunterfloss.
    Auf Eselpfaden durchquerten sie die verlassenen Weinberge. Von einem Hügel aus konnte Elisabeth die Festung Breisach mit ihrem Münster, der Burg, den Türmen und Toren sehen. Auf dem Rhein schwammen schwerbeladene Lastkähne. Nach einer Stunde gelangten sie zu einem Tor der Stadt. Als der Torwächter sah, dass es Spielleute waren, ließ er sie gegen ein paar Kreuzer in die Stadt hinein. Es war viel in Bewegung an diesem Tag. Ochsen- und Pferdekarren zogen zum Marktplatz, hochbeladen mit Säcken, Kisten und Körben. Schweine- und Rinderherden wurden zur Burg hinaufgetrieben, viele Bürger hatten Federvieh und andere Dinge gehortet, um der drohenden Belagerung standhalten zu können. Ob ihre Geldbeutel angesichts dieser Gefahr wohl locker saßen? Als sich die Gruppe der Musikanten auf dem Marktplatz aufstellte und ihre Instrumente aufeinander einstimmte, blieben gleichwohl viele Menschen stehen und schauten dem Spektakel zu, das da kommen sollte. Martin begann mit einem Trommelwirbel.
    »Hört, hört, ihr Leut«, rief Leander in die Menge. »Ihr solltheut Zeugen werden, wie es einem Pfaffen ergeht, der sich seines Standes nicht als würdig erweist. Seid Ihr gewillt, uns anzuhören?«
    »Ja, wir sind gewillt«, riefen einige Leute.
    »Jetzt fangt endlich an«, brummte ein Bürger mit großem Straußen-Federhut.
    Die vier andern begannen zu spielen, Leander sang dazu mit seinem schönen Bariton.

    »Es wollt ein Bauer früh aufstehn
    Wollt ’naus in seinen Acker gehen.
    Falterie tarallala, falterie tara.«
    Die anderen, auch Elisabeth, wiederholten den Refrain des Liedes nach jeder Strophe. Sie kannte das Lied aus ihrer Jugend, als Kinder hatten sie es oft gesungen, wenn kein Erwachsener in der Nähe war. Der Bauer erwischt in der Kammer einen Pfaffen, der sich gerade die Hosen hochzieht. Er wird vom Bauern verprügelt und hält sein »Arschgesicht« zum Fenster hinaus. Die Leute auf dem Marktplatz brüllten vor Lachen, schlugen

Weitere Kostenlose Bücher