Die Köchin und der Kardinal
sich auf die Schenkel und klatschten lange Beifall. Leander ging mit seinem Hut herum und sammelte Geld ein. Die Bürger wollten noch weitere Lieder hören, und es wurde ihnen gewährt. Als die Menschen sich schließlich zerstreuten, sah Elisabeth, wie ein Mann auf die Burg deutete und sagte: »So sind sie also, die feinen Herren. Sitzen den ganzen Tag da oben, fressen, saufen, derweil sich unsereiner überlegen muss, wo er sein Brot herbekommt!«
»Ja, und heut sind sie wieder auf die Jagd gegangen«, ereiferte sich eine Marktfrau, »die dürfen das natürlich, obwohl eigentlich Schonzeit ist. Wenn wir mal zufällig ein Reh erlegen, werden wir streng bestraft, mit Gefängnis oder sogar mit dem Tod!«
So war das also mit den Herren der Burg. Elisabeth wandte sich wieder Leander und den Musikanten zu.
»Zwanzig Kreuzer hat’s gebracht«, sagt Leander. »Das reicht grad mal für eine fette Gans und zwei Schläuche mit Wein.«
Sie kauften diese Dinge auf dem Markt. Elisabeth erstand noch zwei Säckchen mit Pfeffer und Beifuß sowie einen Steinguttopf mit einem Klumpen Butter. Am frühen Nachmittag verließen sie die Stadt, nicht ohne vorher noch jeder einen Flammkuchen mit Zwiebeln, Speck und Schmand verzehrt zu haben. Zurück bei den Zelten, machte sich Elisabeth daran, die Gans zu rupfen. Die Daunen sammelte sie in einem Säckchen, sie würden sicher noch für irgendetwas zu gebrauchen sein. Sie nahm den Vogel aus, band seine Flügel und Beine an den Körper, steckte ihn auf den Spieß, bestrich ihn mit Butter, würzte mit Salz, Pfeffer und Beifuß und stellte eine Zinnschüssel darunter, um das Fett aufzufangen. Nach drei Stunden war der Gänsebraten fertig. Elisabeth nahm den Spieß herunter, legte die Gans auf ein Brett und zerteilte sie. Es schmeckte allen köstlich.
Der Monat März war zu Ende; inzwischen war es Mitte April geworden. Die Tage wurden länger und wärmer. Überall sprossen Blumen aus der Erde. Die Reben in den Weinbergen setzten zarte Blätter an, aber niemand war da, um sie nach unten zu biegen oder den Boden zu bearbeiten. Die Kirschbäume blühten, doch würde im Sommer irgendjemand die Früchte ernten? Einige von den fünf Männern hatten schon versucht, sich nachts in Elisabeths Zelt zu schleichen, aber Leander hatte dem ein für alle Mal ein Ende gemacht, indem er ihnen verbot, sie auch nur anzurühren. Der kleinen Gruppe war inzwischen wieder der Proviant ausgegangen. So berieten sie an einem Abend darüber, wo sie sich Vorräte beschaffen konnten. Das Lagerfeuer prasselte, singend knickten die dürren Äste um. Vom Himmel leuchtete der volle Mond.
»Die Höfe der wenigen reichen Bauern der Gegend haben wir ja schon abgeklappert«, ergriff Leander das Wort. »Vonden Armen, die übriggeblieben sind, können wir nichts nehmen.«
»Und auch in den Städten gibt es nichts zu holen«, ergänzte Hans. »Emmendingen beispielsweise ist vollkommen zerstört. Da leben vielleicht noch ein paar Ratten und Sieche.« Seine Kohlenaugen blinzelten traurig.
»Ihr habt recht, die Lage ist ziemlich brenzlig«, meinte Daniel. »Die Bauern, bei denen wir schon waren, werden jetzt auf der Hut sein.«
»Leander«, sagte Martin. »Wir haben doch kürzlich einen Streifzug gemacht und waren auch in der Nähe von Rotweil. Das liegt etwas versteckt im Tal, da gab es doch hinten raus diesen Hof …«
»Du meinst den Grottenbachhof?«, fragte Leander.
»Ja, genau den meine ich. Rotweil ist auch nicht so entvölkert wie die anderen Dörfer.«
»Dort werden wir einmal nachsehen, es könnte sich lohnen«, sagte Konstantin.
»Was heißt einmal?«, brauste Leander auf. »Gleich heute Nacht werden wir dorthin gehen, wir müssen doch überleben, du Rülp!«
»Ich habe Hunger!«, fiel Daniel ein.
»Und ich habe Durst«, ergänzte Hans.
Elisabeth wusste nicht so recht, wie sie sich verhalten sollte. Wäre es richtig, ihnen ihre Hilfe anzubieten? Aber damit würde sie sich zur Räuberin und Diebin machen. So weit war es also schon mit ihr gekommen!
»Braucht ihr mich bei diesem Beutezug?«, fragte sie zaghaft.
»Ja, wir brauchen dich«, sagte Leander. »Du bist eine Frau und Köchin noch dazu und weißt, wo die Bauern ihre Kostbarkeiten lagern.«
»Und was ist, wenn der Bauer aufwacht?«, fragte Elisabeth. Bei dem Gedanken wurde ihr ganz schwindlig.
»Dann nehmen wir unsere Beine in die Hand«, meinte Leanderund grinste. »Für den Notfall haben wir ja noch unsere Pistolen und Dolche.« Er klopfte sich an die
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