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Die Köchin und der Kardinal

Die Köchin und der Kardinal

Titel: Die Köchin und der Kardinal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa S. Lotz
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die für eine Not über das Land gebracht!«, klagte die Frau.
    »Sei ruhig, Frau, wir haben es hier im Schwarzwald recht gut getroffen«, schaltete sich ihr Mann ein. »Die Bauern, die an entlegenen Stellen wohnen, sind größtenteils verschont geblieben. Wir haben auf jeden Fall unser Auskommen. Eine Kuh im Stall, zwei Ziegen, Schafe, Schweine und ein Stück Ackerland.«
    Beim Abschied gab Elisabeth der Familie einen Gulden und erhielt dafür zwei Brote, Wein für ihren Schlauch und einen Packen Ziegenkäse. Sie würde auf jeden Fall versuchen, nach Breisach zu gelangen. Freiburg musste sie weiträumig umgehen, denn dort fand gewiss schon die Belagerung durch Bernhard von Sachsen-Weimar statt. Konnte sie sich in die Rheinebene wagen? Sie musste es, denn wenn sie zu den verschneiten Gipfeln hinaufschaute und an die gestrige Nacht dachte, überkam sie das kalte Grausen. Als sie das Münstertal hinuntermarschierte, wurde es wärmer, je mehr sie sich der Ebene näherte. Da und dort standen auch Schneeglöckchen in den Gärten, am Wegrand blühte Huflattich. Das Kloster St. Trudbert machte einen verfallenen Eindruck. Es war auch noch zu früh am Tag, um eine Unterkunft zu suchen. Und so gelangte Elisabeth schließlich nach Staufen, wo sie sich im Gasthaus »Zum Löwen« einquartierte. Hier sollte im vorigen Jahrhundert ein Gaukler und Alchimist namens Faust vom Teufel geholt worden sein. Elisabeth bekam eine Rinderroulade serviert und genoss den Frieden in der kleinen Stadt mit ihren Fachwerkhäusern. Auf verschiedenen Bauernkarren fuhr sie anderntags in die Rheinebenehinein. Fieberhaft überlegte sie, wie sie in die Festung Breisach hineinkommen sollte. Es würde keinen Grund der Welt geben, sie dort einzulassen. Es wimmelte von schwedischen und französischen Soldaten. Nachdem sie einmal angehalten und fast verhaftet worden wäre, weil sie keinen Passierschein hatte, ließ Elisabeth das Gefährt kurz vor Breisach halten, stieg aus und wanderte dem Kaiserstuhl zu, der sich jäh aus der Rheinebene erhob. Die ersten Zwetschgen- und Kirschbäume standen in Blüte, ein seidiger Himmel spannte sich über den Wiesen, in der Ferne stand die gezackte Linie der Vogesen. Elisabeth war inzwischen etwas leichter zumute. Vielleicht konnte sie bei einem Bauern der Umgebung unterkommen. Aber in den Dörfern und auf den Einzelgehöften wollte sie niemand aufnehmen, weil Soldaten zwangsweise einquartiert waren. So wanderte sie hinter Ihringen in das kleine Gebirge hinein. Zunächst folgte sie einem Grastal. Der Pfad wand sich in die verlassenen Weinberge hinein. Die Steine hatten die nachmittägliche Wärme gespeichert. Elisabeth sah Smaragdeidechsen, die regungslos in der Sonne saßen. Beim Besteigen eines Kammes geriet sie ins Schwitzen. Oben hatte sie einen Ausblick über weitere Weinberge, Hügel, Wälder und vereinzelte Winzerhöfe. Hoch über ihr kreisten zwei Bussarde, die von einer Schar Krähen angegriffen wurden. Ihr misstöniges Gekrächz in den Ohren, stieg Elisabeth auf der anderen Seite hinunter. Sie besaß nur noch ein Stück Brot und einen Viertel Schlauch mit Wein. Das würde sie essen und trinken, wenn die Sonne hinter den Bergen unterging und sich hernach in eine der Blätterkuhlen kuscheln. Sie gelangte zu einer Hohlgasse aus gelblichem Sandstein. Die Sonne war inzwischen untergegangen. In der Ferne begannen Kirchenglocken zu läuten. Im Dämmerlicht erkannte Elisabeth nur noch mühsam die Konturen. Es roch intensiv nach Laub und sonnenwarmer Erde. Um sich selber Mut zu machen, sang Elisabeth ein Lied vor sich hin. Gedankenverloren setzte sie einen Fuß vor den anderen. DerWeg war schwach von der Sichel des Mondes beleuchtet. Mit einem Mal hörte sie von oben ein surrendes Geräusch, als löse sich ein Apfel vom Baum und würde gleich neben ihr auf den Weg plumpsen. Rieselnde Erde, ein dumpfer Aufschlag. Vor ihr tauchte ein Schatten auf, stellte sich ihr in den Weg.
    Jakob hatte sich schon an sein neues Zuhause gewöhnt. Morgens wurde er vom Krähen der Hähne, vom Klirren der Waffen und dem Wiehern der Pferde geweckt. Zum Frühmahl versammelte man sich im Rittersaal, wo weißes Brot, Haferbrei, gebratener Speck und Hühnerfleisch aufgetischt wurden. Zu trinken gab es den üblichen Würzwein. Reinach hatte Jakob Lohn im Voraus gegeben, ihm aber bedeutet, dass er davon die Speisen und Getränke bezahlen müsste. Tagsüber gab es Waffenübungen, Ausritte in die Umgebung, Lagebesprechungen und die allabendlichen Feste,

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