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Die Köchin und der Kardinal

Die Köchin und der Kardinal

Titel: Die Köchin und der Kardinal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa S. Lotz
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an denen Jakob nie bis zum Ende teilnahm. Er wusste, wie sie jedes Mal endeten. Am anderen Morgen erschienen die Offiziere dann mit verquollenen Gesichtern. Am Samstagabend schlug von Reinach einen Ausritt zum Rhein hinunter vor, an dessen Ende der Besuch einer Gaststätte stehen sollte. Jakob schloss sich an, weil er sich sonst noch zu Tode gelangweilt hätte. In der Burg gab es wenige Möglichkeiten zur Zerstreuung, nicht einmal Bücher waren vorhanden. So ritten sie über die Zugbrücke aus der Burg hinaus, klapperten über das grobe Pflaster des Städtchens hinab und verließen den Ort durch das Kapftor. Über einen steilen Pfad ging es zum Rhein hinunter. Die Dämmerung war herabgesunken, im Schilf quakten verschlafen Enten. Vom Münster her erklang das Sechsuhrläuten. Der Mond stand wie eine Sichel über dem Waldgebirge und warf eine zitternde Bahn auf den großen Strom. Weiter hinten, nach Norden, ragte der Kaiserstuhl empor, über dem die ersten Sterne erschienen. Schweigend ritten die Männer auf dem Uferweg des Rheins entlang. Weiden säumten den Weg, die ihre Zweige in die Altarme hängenließen. Reinach gab einen Wink zum Galoppieren. Jetzt rasten sie hintereinander her, als hätte jemand ihnen mit dem Teufel gedroht. Jakob genoss den kühlen Abendwind im Gesicht. So galoppierten sie eine ganze Weile dahin. Schließlich sah Jakob ein Licht in der Ferne auftauchen. Es war eine kleine Gastwirtschaft, nicht mehr als eine Holzbude. Sie zügelten ihre Pferde, stiegen ab und banden die Tiere an umstehende Weiden. Zwei große Schäferhunde rannten auf sie zu und verbellten sie wütend.
    »Kommt zurück!«, ertönte eine männliche Stimme von der Tür des Gasthauses her.
    Die Hunde gehorchten augenblicklich. Jakob stand wie erstarrt. Diese Stimme kannte er doch! Und richtig, als er mit den anderen näher kam, sah er Paul, den Wirt des »Roten Ochsen« aus Baden. Melvine war auch gleich zur Stelle, als die Männer den niedrigen Gastraum betraten. Jakob verzog keine Miene.
    »Guten Abend, meine Herren«, sagte Melvine. Ihr rosiges Gesicht glänzte. Auch sie gab kein Zeichen des Erkennens. »Was können wir den Herren anbieten?«
    »Erst einmal eine Kanne von eurem besten Wein«, polterte von Reinach und ließ sich auf eine der Bänke fallen. »Und dann für jeden eine Portion von eurem guten Räucheraal. Aber den müssen meine Männer selber bezahlen, nur damit du es weißt, Melvine!«
    Melvine lächelte hintergründig und zwinkerte Jakob unmerklich zu. Der Aal schmeckte vorzüglich.
    Nach dem Krug mit Wein und dem Aal brachte Melvine gebratenen Lachs und Elritzen.
    »Habt ihr keine Angst so allein hier draußen?«, fragte von Reinach die beiden Wirtsleute.
    Paul grinste und wies hinter sich zu einer Tür, welche die zum Schlafzimmer sein musste.
    »Ihr wisst ja, außer den Hunden haben wir auch genügend Pistolen und Munition.«
    Von Reinach wischte mit seinem Brot das Fett aus der Pfanne.
    »Wir müssen in der nächsten Zeit große Mengen Proviant beschaffen, ihr wisst schon, wofür.« Von Reinach machte eine Pause und trank einen enormen Schluck Wein.
    »Wir werden alle Fischer der Gegend verständigen«, sagte Paul. »Sie sollen jede Nacht ausfahren, um Euch ihren Fang abliefern zu können.«
    »Nicht nur die Fischer«, dröhnte von Reinachs Stimme. »Ihr müsst auch zu den Bauern gehen, es gibt doch genug in der Gegend. Wir brauchen Wein, Branntwein, Schweine, Hühner, Rinder, Gänse. Das Wild werden wir selber schießen. Und Brot und Mehl und Wintergemüse sollen sie uns liefern!«
    »Wird alles besorgt, Herr«, antwortete Paul. Er hüstelte. »Aber erlaubt mir noch eine Frage. Wie ist es mit der Bezahlung?«
    »Ihr kriegt schon das, was Euch zusteht«, antwortete Reinach. Die Männer aßen und zechten weiter. Sie sprachen über die Belagerung, die ihnen bevorstand, die sie mit einem Schnippen des linken Fingers überstehen würden. Die Glocke vom fernen Breisach schlug zehn Uhr, als die Männer aufbrachen. Sie bezahlten ihr Mahl und ritten in Windeseile den Weg am Rhein zurück. In den Altarmen mit den herabhängenden Weidenzweigen spiegelte sich die Sichel des Mondes.
    Der Schatten kam auf Elisabeth zu. Sie meinte, in Ohnmacht sinken zu müssen.
    »Was macht Ihr hier zu dieser späten Stunde?«, fragte eine junge männliche Stimme. Die hatte sie doch schon einmal gehört. Sie schaute den Mann genauer an. Er war groß und kräftig gebaut, trug einen eckigen Hut, unter dem seine langen, dunklen Locken

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