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Die Köchin und der Kardinal

Die Köchin und der Kardinal

Titel: Die Köchin und der Kardinal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa S. Lotz
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Bier und billigem Parfüm. Manchmal beobachtete Elisabeth Agnes, wie sie Süßigkeiten aß oder sich schminkte. Ab und zu erschien sie auch in einem neuen Kleid. Auf Elisabeths Fragen antwortete sie ausweichend, sie habe ein paar Freundinnen gefunden, mit denen sie Karten spiele und dabei auch Geld gewinne. Soll ich meiner Schwester Hütersein?, fragte sich Elisabeth und lebte ihr neues Leben weiter, auch wenn sie die Entfremdung von Agnes schmerzte. Aber irgendwie war sie es ihren Eltern schuldig, sich um ihre Schwester zu kümmern. An einem Abnd schlich sie ihr nach, als sie zu dem angeblichen Treffen mit den Freundinnen aufbrach. Bald hatte sie Agnes erspäht. Sie saß mit einigen Männern und Frauen an einem Lagerfeuer und spielte Karten. Bierbecher kreisten, es wurde gescherzt und gelacht. Am meisten erschreckte Elisabeth, dass Agnes ein tiefes Dekolleté trug; ihr Leibchen hatte sie hochgebunden, so dass ihre kleinen Brüste voller und runder aussahen. Wahrscheinlich hatte sie sich immer ein Tuch darüber geworfen, wenn sie wegging. Ihr Gesicht war gerötet, ihre Augen glänzten, und die Haare hingen ihr wirr ins Gesicht. Bevor ihre Schwester sie entdecken konnte, zog Elisabeth sich zurück. Später, als Agnes zurückkam, stellte sie sich schlafend. Am anderen Morgen stellte Elisabeth ihre Schwester zur Rede, als sie gemeinsam das Geschirr am Fluss spülten.
    »Ich habe dich gestern Nacht gesehen«, sagte sie und bemühte sich, ihrer Stimme einen gleichmütigen Klang zu geben. »Du warst allerdings nicht mit Freundinnen zusammen, sondern mit Männern.«
    »Das ist meine Sache!«, kam Agnes’ patzige Antwort.
    »Das ist nicht allein deine Sache«, sagte Elisabeth. Sie spürte, wie Wut in ihr hochkochte. »Wir sind hier Gäste, unter der Obhut von Oberst Bernhard und dem Kardinal Weltlin! Wie oft soll ich es dir noch sagen!«
    »Bernhard säuft doch selber und geht auch noch zu Huren!«, rief Agnes.
    »Pscht!« Elisabeth legte den Finger auf den Mund. »Man könnte uns hören.«
    Agnes schaute sich aufreizend langsam um. »Wer soll uns denn schon hören?« Mit einer Kopfbewegung deutete sie auf die anderen Frauen, die ebenfalls Geschirr spülten oder Wäsche wuschen.
    »Die leben doch auch so, wie es ihnen passt!«
    »Mir passt es aber nicht, wie du lebst, Agnes«, sagte Elisabeth. »Du wirst dich ruinieren mit diesem Lebenswandel.«
    »Und was soll ich deiner Meinung nach gegen die Langeweile tun?«
    »Du könntest wieder nähen, das ist doch etwas, was du sehr gut beherrschst.«
    »Also gut, Elisabeth, ich werde mir Nadel und Nähgarn besorgen und überall herumerzählen, dass man bei mir seine Sachen ausbessern lassen kann.«
    Und so saß Agnes bald vor ihrem Zelt, nähte und flickte Wäsche, Hosen, Wämser und Socken. Von der Arbeit, der Hitze und von den Tagen, an denen sie weite Strecken bergauf, bergab fahren mussten, war sie abends so müde, dass sie bald ins Bett ging und einschlief. Heer und Tross passierten den Sundgau zwischen Basel und Mühlhausen. Bevor sie an Straßburg vorbeizogen, eröffnete der Kardinal Elisabeth und Agnes, dass er den Winter dort verbringen werde und sie beide gern an seiner Seite sähe. Bernhard zog weiter zu einem Ort gegenüber Rheinau, wo ihn auf der anderen Rheinseite das Heer Johann von Werths erwartete. Bei der Erwähnung des Obersten Werth zuckte Elisabeth zusammen. Ob Jakob auch dort war und für seinen Obersten kämpfte? Ob er überhaupt noch am Leben war? Jedes Mal, wenn sie daran dachte, war es, als habe sie einen Stich in den Magen bekommen. Nichtsdestoweniger aber war sie froh, den Tross verlassen zu können. Die Monate unterwegs waren sehr anstrengend, aber auch sehr aufschlussreich gewesen. Die Kutsche des Kardinals brachte sie bald zum Stadttor, wo der Kardinal ein paar Kreuzer entrichtete. Elisabeth erkannte alles wieder: die schmalen Gassen mit den Fachwerkhäuschen, das alles überragende Münster und schließlich den Kardinalshof von Straßburg.
    »Willkommen auf meinem bescheidenen Amtssitz in Straßburg!«, sagte der Kardinal, wie damals.
    Sie betraten das Kloster mit seinem Innenhof und den hölzernenTreppenaufgängen. Wieder bezogen sie ihre Klosterzellen. Gegen sieben Uhr erwarte er sie zum Abendessen, sagte der Kardinal. Elisabeth wusch sich, legte ein anderes Kleid an und wartete, bis die Glocke des nahen Münsters die siebte Stunde schlug. Im Refektorium war das Essen aufgetragen worden, eine Gemüsesuppe mit Hühnerfleisch und Brot. Während des

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