Die Köchin und der Kardinal
»Dann müssen sie sich nicht die Wäsche, die zum Trocknen am Fluss ausliegt, für ihr zerrissenes Zeug stehlen!«
»Es wird alles besser, glaubt mir, Pater Josef«, meinte Bernhard.
Als nächster Gang kamen gebratene Gänsekeulen mit Rotkraut, zum Nachtisch gab es ein wenig Brie-Käse. Ganz so frugal wie am französischen Hof war die Mahlzeit nicht, stellte Elisabeth fest, aber weitaus besser, als sie erwartet hatte. Sie begann, Bernhard von Sachsen-Weimar recht angenehm zu finden.
»Was sind unsere nächsten Operationen?«, wollte einer der Offiziere wissen.
»Im Einzelnen werden wir das später noch besprechen«, gab Bernhard zurück. »Wir werden morgen Richtung Besançonaufbrechen. Dort, in Gray an der Saône, ist das Lager von General Savelli und dem Herzog Carl von Lothringen.«
Die Tafel wurde aufgehoben. Elisabeth war hundemüde, so dass sie gleich ins Zelt nebenan ging und sich niederlegte. Eine warme Decke schützte sie vor der Kälte. Sie hörte Gelächter im Lager, hörte Hunde bellen, Kinder weinen. Nachdem Agnes hereingekommen war, schlief Elisabeth ein und schlummerte traumlos bis zum frühen Morgen.
Das Klappern von Geschirr weckte sie. Ein Hahn krähte, Kinderstimmen plapperten. Elisabeth gähnte, schaute nach Agnes, die leise etwas im Schlaf murmelte. Elisabeth zog sich an und trat vor das Zelt. Über dem Tal hingen die Morgennebel, von den bewaldeten Bergen kam eine kühle Brise. Die Menschen im Lager begannen wach zu werden. Manche gingen zum Fluss hinüber, um sich zu waschen. Elisabeth verschob das auf später, da sie sich durch die Menschenmassen hätte durchzwängen müssen. Christoph fachte das Feuer neu an, stellte eine Pfanne mit Schinken und Eiern darauf. Bis alle im Offizierszelt eingetroffen waren, hatte er das Frühstück zubereitet.
»Du kannst gleich los in die Stadt, Mehl und Ochsen besorgen, Christoph«, sagte Bernhard, während er seinen Würzwein schlürfte. »Heute wird ein paar Stunden gebacken und geschlachtet, morgen geht es los.«
»Dann geht es in die Schlacht!«, rief einer seiner Offiziere.
»Nein, so schnell werden wir nicht dazu kommen, uns mit Savelli zu schlagen«, meinte Bernhard. »Ich rechne mit etwa zwölf Tagen, so lange brauchen Heer und Tross bis dorthin.«
Die Sonne war inzwischen aufgegangen, sie wärmte schon ein wenig. Nach einiger Zeit erschien Christoph wieder, er hatte Männer bei sich, die eine große Herde Ochsen ins Lager trieben. Die Mehlsäcke hatte man zu den Backöfen bringen lassen. So waren Tausende von Männern, Frauen und Kindern damit beschäftigt, Brot zu backen, zu schlachten, Fleisch auf Spieße zu ziehen und Bier aus den Fässern zu verteilen. ObwohlBernhard ihre Hilfe nicht hatte annehmen wollen, zog Elisabeth zusammen mit Christoph einen halben Ochsen auf einen Spieß, würzte ihn mit Pfeffer, später mit Salz und getrockneten Kräutern und ließ ihn draußen über einem Feuer langsam braten. Ein herrlicher Duft nach geröstetem Fleisch und frisch gebackenem Brot breitete sich im Lager aus. Die nicht geschlachteten Ochsen standen ergeben am Rand des Trosses, dampften und stießen heisere Laute aus. Am Abend wurde gegessen, getrunken und bis in die Nacht hinein gefeiert. Elisabeth glaubte, irgendwo Spielleute singen zu hören.
Am nächsten Tag, nach dem Zusammenpacken, begaben sich Elisabeth, Agnes und der Kardinal zur Kutsche. Und dann setzte sich der Tross langsam in Bewegung. Ochsenkarren, mit Möbeln und Geschirr beladen, Esel mit Säcken auf dem Rücken, Frauen zu Fuß, die schwere Lasten trugen, Leiterwagen, bis obenhin gefüllt, Käfige mit Hühnern und Tauben, barfüßige Kinder, dazwischen Reiter und Hunde, die Ochsenherde, alles marschierte am Ufer des Doubs entlang. Es war wie ein meilenlanger Lindwurm, der sich vorwärtswälzte. Elisabeth schämte sich fast, in einer Kutsche zu fahren, aber sie hätten niemanden von den anderen mitnehmen können. Bei der Mittagsrast gelang es ihr, zum Fluss zu kommen und sich, hinter einer Weide verborgen, notdürftig zu waschen. Heute Abend würde sie einen Eimer Wasser vom Fluss holen, um sich im Zelt säubern zu können. Sie kämmte ihr Haar, bis sie sich wieder einigermaßen wohlfühlte. Agnes sah sauber und hübsch aus, wie sie da neben ihr auf einem Stein saß. Am Nachmittag begann es zu regnen. Erst in kleinen, sprühenden Tropfen, dann immer stärker, bis es wie ein schimmernder Vorhang vom Himmel floss. Die Wege waren aufgeweicht, die Kutsche und die Karren kamen schwer
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