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Die Köchin und der Kardinal

Die Köchin und der Kardinal

Titel: Die Köchin und der Kardinal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa S. Lotz
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er wieder in der Gewalt. »Vorhin habe ich einen Boten zu Bernhard von Sachsen-Weimar geschickt. Er liegt wieder in Mömpelgard, seinem zweiten Winterquartier. Morgen früh werdet Ihr mit meiner Kutsche und unter Bewachung dorthin fahren. Ich bin froh, Euch begegnet zu sein, Elisabeth, aber ich verfluche den Moment, in dem ich mehr als eine Freundschaft in dieser Beziehung sah.« Er drehte sich um und nahm wieder sein Buch in die Hand. Elisabeth merkte, dass sie damit entlassen war. Worte der Verteidigung lagen ihr auf den Lippen, zum Beispiel, dass es mit Jakob nicht zum Letzten gekommen war, aber sie wusste, dass es vergebliche Mühe bedeuten würde. Eine absolute Verleumdung war es jedoch, dass Agnes behauptet hatte, sie, Elisabeth, hätte im Tross etwas mit Männern gehabt. Elisabeth wischte die aufkommenden Tränen weg und stürmte durch die Gänge des Klosters zu Agnes’ Zelle. Die lag auf ihrer Pritsche, las bei Kerzenlicht ein Buch und blickte sie hasserfüllt an, als Elisabeth eintrat.
    »Jetzt hast du erreicht, was du immer wolltest!«, schleuderte Elisabeth ihrer Schwester entgegen. Agnes ließ ihr Buch auf die Brust sinken.
    »Ach, was wollte ich denn immer?«
    »Lieb Kind bei allen sein, mich ausstechen!«
    »Hast du denn etwa nicht einen kaiserlichen Söldner gepflegt? Hast du ihn nicht zusammen mit Hermine in den Schlossgarten gebracht und später zum ›Roten Ochsen‹?«
    »Ja, schon, aber da war nichts. Und dass ich im Tross was mitMännern gehabt hätte, ist eine absolute Lüge! Du selbst warst es, die gewürfelt, gesoffen und herumgehurt hat.«
    »Hab ich gar nicht! Wir haben nur ein wenig Karten gespielt, um uns die Langeweile zu vertreiben. Auf jeden Fall war ich nie das Schätzchen eines Feindes.«
    Elisabeth funkelte Agnes noch einmal wütend an und machte kehrt. In ihrer Zelle warf sie sich auf die Pritsche und weinte sich in den Schlaf. Sie träumte, dass sie mit vielen Menschen unterwegs war. Es war kalt, sie hatten Hunger und sie froren. Dann befanden sie sich in einer Kirche. Mitten in der Predigt begann das Schiff zu wanken, ein unterirdisches Donnern ertönte, es plätscherte, als würden Wellen ans Ufer brechen. Langsam versank die Kirche mit allen, die darin waren. Niemand schrie, alle starrten nur gebannt auf das Kreuz mit dem Erlöser.
    Die Kutsche rollte aus dem Tor von Straßburg heraus. Elisabeth saß in Decken gehüllt auf ihrem Platz und schaute trübe aus dem Fenster des Wagens. Hinter der Kutsche ritt die Eskorte des Kardinals. Das Gefährt nahm die Straße nach Süden. Rechts ragten die schneebedeckten Vogesen auf, ganz weit hinten lag der ebenso schneebedeckte Schwarzwald. Mehr oder weniger zerstörte Weiler tauchten auf. Vereinzelte Menschen begegneten ihnen, sie schauten dem Wagen mit ausdruckslosen Gesichtern nach. Scharen von Krähen sausten durch die Lüfte, fielen in Scharen herunter auf die Felder und krächzten misstönig, um sich dann wieder auf den Bäumen zu sammeln. Gewiss hatten sie den halb verwesten Leichen, die allerorten anzutreffen waren, die Augen ausgehackt. Ein süßlicher Geruch stand in der Luft. Es war, als sei die Apokalypse des Johannes eingetreten. Elisabeth schaute weiter aus dem Fenster und überließ sich ihren Gedanken. Sie hatte gehört, dass Bernhard von Sachsen-Weimar Städte am Hochrhein erobern wolle und Johann von Werth auf dem Weg dorthin sei. Vielleicht würde sie Jakob ja doch noch einmal wiedersehen. Gegen Nachmittag machtensie eine längere Rast in Colmar. Elisabeth sah die erdgrauen Häuser der alten Stadt. Die Menschen gingen ihren Geschäften nach. Im Fleur du Soleil kehrten sie ein. Anscheinend hatten die Männer den Befehl erhalten, nicht mit ihr zu sprechen. Aber das verdross Elisabeth nicht weiter. Sie saß an einem Einzeltisch, aß eine Gänsepastete und ein kleines Fleischgericht, trank ein Glas Edelzwicker und fühlte wieder Wärme in sich aufsteigen. Als sie die Gastwirtschaft verließen, brach die Sonne mit letzter Kraft aus den Wolken, bevor sie wieder für eine Nacht in der Dunkelheit versank. Elisabeth fühlte sich fast beschwingt, wie bei einem Aufbruch. »Ich danke dir, lieber Gott«, sagte sie in sich hinein, als sie wieder in die Kutsche stieg.
    Nach einigen Tagen erreichten sie das Lager Bernhard von Sachsen-Weimars. Es war in der Nähe des Städtchens Mömpelgard aufgeschlagen, wieder direkt am Ufer des Doubs. Von zwei der Soldaten flankiert, wurde Elisabeth zum Zelt des Feldherrn gebracht. Es war mit Fellen

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