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Die Köchin und der Kardinal

Die Köchin und der Kardinal

Titel: Die Köchin und der Kardinal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa S. Lotz
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»Immer nur Kochen und Lagerleben, das ist doch nichts für eine junge Frau. Ihr solltet mal einen richtigen Kerl zwischen den Schenkeln haben!«
    Elisabeth merkte, wie die Wut in ihr hochstieg. Nur weil er Offizier war, konnte er sich trotzdem nicht benehmen wie die Sau am Trog.
    »Ich habe gar nichts gegen einen richtigen Kerl einzuwenden«, sagte sie mit fester Stimme. »Aber den suche ich mir selber aus.«
    »Eure Schwester hat sich nicht so geziert wie Ihr, das war eine ganz Heiße, sage ich Euch!«
    »Lasst Agnes aus dem Spiel. Sie ist meine Schwester, und ich bin ich! Die wird dich nur genommen haben, weil nichts Besseres in der Nähe war!«
    Der Vierschrötige blickte sie an wie ein verwundeter Stier.
    »Ach, glaubt Ihr etwa, mit meiner Manneskraft könnte etwas nicht stimmen?«
    »Das könnte durchaus sein, dass ich daran zweifle, so viel, wie Ihr in Euch hineinschüttet! Und im Übrigen glaubt Ihr nur, euch so aufführen zu können, weil Oberst Bernhard nicht da ist.«
    Ein betretenes Schweigen entstand. Elisabeth zog sich ins Küchenzelt zurück und hörte noch, wie die Offiziere durcheinanderredeten.
    »Diese Ziege, alles muss sie verderben.«
    »Die hat einen Strickstrumpf im Kopf!«
    »Lasst euch das nicht gefallen, die Weiber werden allmählich aufmüpfig.«
    Christoph kam und brachte einen Teil des Geschirrs. Er grinste.
    »Denen habt Ihr’s aber gegeben, Elisabeth!«
    »Ich hoffe nur, sie lassen mich künftig in Ruhe.«
    »Wenn irgendetwas sein sollte, ruft nach mir, ich kenne eine Menge Burschen hier, die mich sofort unterstützen, wenn ich nach ihnen pfeife.«
    Zusammen mit dem anderen Burschen schaffte er den Topf und den Rest des Geschirrs ins Küchenzelt. Elisabeth hatte inzwischen Wasser heiß gemacht und wusch das Geschirr. Christoph half ihr beim Abtrocknen.
    »Wie alt seid Ihr eigentlich?«, fragte er.
    »Zweiundzwanzig, und du?«
    »Ich bin inzwischen auch zwanzig Jahre alt und sollte mir überlegen, eine Frau zu suchen. Aber mit meinem Sold komme ich nicht weit.«
    Elisabeth überlegte, ob auch sie Christoph ihr Herz ausschütten sollte, ließ es dann jedoch bleiben.
    »Du könntest sparen, und wenn der Krieg vorbei ist, baust du dir ein Häuschen und heiratest die Frau deiner Wahl.«
    »Manchmal glaube ich, dass ich alt und grau bin, bis dieser Krieg vorbei ist«, meinte er. »Als er anfing, wurde ich gerade geboren!«
    »Und ich war zwei Jahre alt, aber damals haben wir vom Krieg noch nicht so viel gemerkt«, entgegnete Elisabeth. »Nur, dass alles viel teurer wurde. Meine Mutter hat oft geschimpft über die Preise.«
    »Habt Ihr eine schöne Kindheit gehabt?«
    Elisabeth stiegen die Tränen in die Augen. »O ja, das habe ich«, sagte sie. »Wir durften die Schule besuchen, mein Vater war nämlich Mesner beim Superintendenten Andreä.«
    »Ach, der diese gelehrten Schriften verfasst hat?«
    »Ja, genau der. Im Sommer haben meine Schwester, mein Bruder und ich in der Nagold gebadet, haben geangelt und sind mit dem Floß den Fluss hinabgefahren.« Ihre Augen weiteten sich. »Das war eine Mutprobe. Wer am längsten draufblieb und nicht entdeckt wurde, hatte gewonnen. Im Herbst sammelten wir Kastanien, um aus ihnen Männchen zu basteln, im Winter wurde am Hang gerodelt, und im Frühling gingen wir mit unserem Vater in den Wald, um Blumen zu pflücken.«
    »Wo sind Eure Eltern jetzt?«
    »Ich habe sie bei einem Überfall des Johann von Werth auf Calw verloren. Aber ich bin mir ganz sicher, dass sie irgendwo leben und bei guter Gesundheit sind.«
    »Ich wünsche Euch, dass Ihr sie bald wiederfindet«, meinte er. »Mein Leben war nicht gerade so lebenswert, wie Ihr Eures schildert. Ich war dabei, als meine Familie von den Kaiserlichen überfallen wurde, in Schwäbisch Gmünd. Konnte mich gerade noch retten, musste aber aus meinem Versteck mitansehen, wie sie alle niedergestochen wurden. Das hat mich für mein Leben gezeichnet. Umso froher war ich, als mich Bernhard von Sachsen-Weimar als seinen Burschen aufnahm.«
    »In zwei Wochen werden wir Bernhard wiedersehen«, sagt Elisabeth. »Jetzt sind wir fertig mit der Küche. Ich werde mich bis zum Abendessen in mein Zelt zurückziehen.«
    »Was soll’s geben für die erlauchten Herren?«, feixte Christoph.
    »Die Reste von heute Mittag, mit Brot«, gab Elisabeth zur Antwort. Sie legte ihren Umhang an, nahm sich eine der Kerzen, entzündete sie am Herdfeuer und trat vor das Zelt. Es dämmerte bereits, am Himmel hingen schwere schwarze Wolken.

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