Die Köchin und der Kardinal
eine Spur röter. »Mit dem hat sie es auch getrieben. Von ihm stammte das Geld für die Kleider, die sie sich dann genäht hat.«
Daher wehte also der Wind. Elisabeth versuchte, sich zu fassen und sich wieder auf ihre Arbeit zu konzentrieren. Sie nahm die Fleischwürfel und briet sie in einem großen Topf an. Nachdem sie auf beiden Seiten gebräunt waren, gab sie aus einer Kanne Rotwein dazu und ließ alles leise köcheln.
»Ich hatte so einen Verdacht«, sagte sie. »Aber sie hatte doch versprochen, damit aufzuhören, sich nicht mehr mit Männern herumzutreiben. Sie hat für die Leute im Lager Kleider genäht.«
»Ihr habt es nur nicht gemerkt«, gab Christoph zur Antwort. »Sie hat es halt tagsüber getrieben.«
»Ach, dass es mit Agnes so weit kommen musste!« Elisabeth seufzte.
»Es ergeht vielen Frauen so in diesem Krieg«, entgegnete Christoph. »Manche haben einfach nichts anderes als ihren Körper, um zu überleben.«
»Aber sie hatte doch genug«, rief Elisabeth aus. Sie setzte sich wieder an den Tisch, nahm das Messer zur Hand und schabte wie wild an den Lagermöhren herum, die in den Eintopf sollten. Christoph zuckte mit den Achseln. »Da bin ich überfragt«, sagte er und blies sich eine blonde Haarsträhne aus der Stirn. »Ich kenne mich auch, ehrlich gesagt, nicht so aus mit denWeibsbildern.« Er griff ebenfalls zu seinem Messer und begann, weiße Rübchen zu zerteilen.
»Wie war denn der Feldzug nach Rheinau?«, fragte Elisabeth, um das Thema zu wechseln.
»Das war ein Riesenreinfall«, antwortete er. »Wir, das heißt eine Abteilung von Bernhards Heer, lagen auf einer Rheininsel bei Wittenweier. Eine wüste Insel war das, mit Weiden bewachsen, voller Gestrüpp und Schilf. Es war heiß, die Mücken stachen Tag und Nacht. Van Werth setzte uns unaufhörlich zu, ständig wurde geschossen. Einmal drangen des Nachts Pikeniere in unser Lager ein und erstachen etliche Soldaten. Bernhard hat viele Verluste erlitten bei diesem Einsatz und musste sich dann in die Winterquartiere zurückziehen.«
»Wie konnte er denn den Feldzug gegen diese Waldstädte beginnen?«, wollte Elisabeth wissen.
»Er hat immer geklagt, dass er von Ludwig XIII. keine französischen Soldaten bekam. Stets musste er vor allem auf schwedische Söldner zurückgreifen. Schließlich schickte der König ihm die Truppen.«
Sie schnitten Knoblauch, Zwiebeln und Lauch, gaben das Gemüse in den Eintopf, den Elisabeth öfter umrührte. Kurz vor Mittag bereitete sie noch eine Sauce aus Butter, Mehl, Essig, Senf, Eigelb, Brühe und Rahm. Zum Mittagessen wurde auf einem Horn geblasen. Die Offiziere erschienen und ließen sich am Tisch in ihrem Zelt nieder. Christoph hatte den Topf mit einem anderen Burschen hinübergeschafft. Zusammen mit Elisabeth saß er am Tisch der Herren.
»Das duftet ja sehr verführerisch«, sagte einer der Offiziere, setzte sich und zog eine der Zinnschüsseln zu sich heran. Die anderen taten es ihm nach. Sie schöpften sich Fleisch und Gemüse in ihre Schüssel, taten Senfsauce dazu und begannen, es sich schmecken zu lassen. Elisabeth fand selbst, dass ihr Eintopf gut gelungen war. Die Männer hatten sich rasiert und umgezogen, bevor sie zum Essen gingen.
Trotzdem fand Elisabeth ihre Tischsitten barbarisch. Sie rissen sich Stücke vom Brot herunter, schmatzten beim Essen und sprachen dem Wein aus ihren Bechern mehr als gut zu. Immer wieder schauten sie zu Elisabeth herüber. Sie begannen, gegenseitig mit ihren Kriegserlebnissen zu prahlen und Zoten zu erzählen.
»Einmal ist mir so eine dralle Kleine über den Weg gelaufen«, sagte einer von ihnen, der ein dickes, vierschrötiges Gesicht und einen Schmerbauch hatte. »Ich habe sie hinter einen Busch gezogen und sie so richtig schön vernascht, nach Strich und Faden. Sie wehrte sich zwar, aber das machte mich noch heißer. Ich weiß ja, und ihr wisst alle, dass die Weiber das wollen, möglichst noch von hinten genommen werden.«
Alle lachten dröhnend. Elisabeth schaute Christoph an, der unmerklich den Kopf schüttelte.
»Wenn ich mir unsere Köchin hier so ansehe«, fuhr der Vierschrötige fort, »komme ich auf ganz andere Gedanken. Ich denke immer daran: Ist sie auch so gut im Bett, wie sie kocht?«
»Das würde ich ebenfalls gern wissen«, stimmte ein anderer bei. Elisabeth hielt es nicht mehr aus und stand auf.
»Meine Herren Offiziere«, sagte sie. »Die Tafel ist aufgehoben, ich muss weiter.«
»Jetzt seid doch nicht so«, versetzte der Vierschrötige.
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