Die Köchin und der Kardinal
bedeckt, um die Bewohner vor der Kälte zu schützen. Bernhard erwartete sie schon und begrüßte sie herzlich.
»So bald sieht man sich wieder«, meinte er. »Ich weiß nicht, warum Kardinal Weltlin Euch zu mir geschickt hat, und will es auch gar nicht wissen. Seid willkommen, Elisabeth.«
»Es war mein eigener Entschluss, wieder zum Tross zu gehen«, sagte Elisabeth und merkte, dass ihr eine leichte Röte in den Kopf stieg. »Ich dachte mir, wenn ich mit dem Tross umherziehe, kann ich etwas über den Verbleib meiner Familie erfahren. Eher wenigstens, als wenn ich in Straßburg bleibe.« Und eigentlich war das nicht einmal eine Lüge.
»Ich hoffe, Ihr findet Eure Familie bald, und ich hoffe auch, dass wir bald wieder Eure Kochkünste genießen können«, meinte Bernhard. »Ich habe meine Männer schon ordentlich aufgepäppelt für die künftigen Belagerungen und Schlachten.«
»Was habt Ihr vor, wenn ich fragen darf?«, wollte Elisabeth wissen.
»Ich gehe mit einer Vorhut von tausend Mann und tausend Pferden zu den Waldstädten.« Elisabeth blickte ihn fragend an. »Das sind die Städte am Rhein wie Säckingen, Laufenburg und Rheinfelden. Johann von Werth wird sich dort mit Savelli vereinigen, dann werden wir es ihnen geben!«
Elisabeths Herz begann schneller zu klopfen.
»Und der übrige Teil Eures Heeres? Und der Tross?«
»Die werden uns Ende Januar folgen. Ich werde Euch meinen Burschen Christoph zur Seite stellen, zu Eurem Schutz. Ersatz findet sich schnell für ihn.«
Schon am nächsten Tag brach Bernhard mit seinen Männern auf. Elisabeth sollte die zurückbleibenden Offiziere versorgen und kümmerte sich um das Küchenzelt, in dem sie alles vorfand, was sie zum Kochen brauchte: große Pfannen und Töpfe, Messer, Schneidebretter, Spieße und Schüsseln. Bernhard war anscheinend noch einmal in Versailles gewesen, denn es gab Nahrung in Hülle und Fülle. Im Vorratszelt waren Mehlsäcke gestapelt, Körbe mit getrockneten Hülsenfrüchten und Zwiebeln standen bereit, ein säuberlich zerteiltes Rind füllte einen Trog, der mit Pergament abgedichtet war. Von Haken an der Decke hingen Würste und Schinken herab, und mehrere Weinund Bierfässer waren aufgestellt worden. Die anderen im Lager mussten ebenfalls genug zu essen haben, denn Elisabeth hatte bei der Ankunft am vergangenen Abend Rinderherden, Ziegen, Hühner und Schweine gesehen. So bereitete sie gekochtes Rindfleisch mit Erbsenbrei zu, am nächsten Tag gab es einen Eintopf mit Bohnen und Fleisch, der auch für den Abend reichen musste.
19.
Elisabeth merkte, dass die Soldaten und Offiziere sie nun mit anderen Augen betrachteten als zu der Zeit, in der Kardinal Weltlin und Bernhard von Sachsen-Weimar noch hier gewesen waren. Immer öfter sah sie, dass ihr lüsterne Blicke zugeworfen wurden. Sie versuchte, sich die meiste Zeit in der Nähe Christophs aufzuhalten, dem Burschen mit der blonden Mähne und dem verschmitzten Lächeln.
»Ihr dürft Euch von den Männern nicht einschüchtern lassen«, sagte Christoph, als sie im Küchenzelt saßen und große Stücke Schweineschulter in Würfel schnitten. Es sollte eine Potée Bourguignonne geben, ein Eintopfgericht, das so recht für die Winterzeit geschaffen war.
»Ich weiß nicht, was die von mir wollen«, entgegnete Elisabeth.
»Na, die wollen doch nur das Eine, das müsstet Ihr doch wissen.« Er blinzelte ihr zu.
»Haben sie denn nicht genügend Huren im Lager?«, fragte Elisabeth.
»Doch, aber so ein junges Mädchen aus gutem Hause ist doch noch etwas ganz anderes. So wie Eure Schwester …«
Elisabeth fiel das Messer, mit dem sie gerade eine Sehne vom Fleisch abtrennte, aus der Hand. Um ein Haar hätte sie sich geschnitten.
»Was war mit meiner Schwester?«, fragt sie in scharfem Ton.
Er war ein wenig rot geworden.
»Agnes hatte mich gebeten, niemandem etwas zu erzählen. Aber jetzt ist es mir doch herausgerutscht.«
»Also, was war mit Agnes?«
»Sie war hier im Lager bekannt als eine, die für ein paar Süßigkeiten oder für fünf Kreuzer mit jedem ging, der mit ihr gehen wollte.«
Elisabeth konnte es nicht fassen. Dann hatten ihre Ahnungen sie also nicht getrogen. Ihre Schwester Agnes – eine Hure? Wenn das ihre Eltern wüssten, wenn das der Kardinal wüsste! Aber dem würde sie bestimmt eine ganze Menge vorgaukeln, jetzt, wo sie Elisabeth von seiner Seite vertrieben hatte.
»Weiß es auch Bernhard von Sachsen-Weimar?«, fragte sie und fürchtete sich vor der Antwort. Er wurde noch
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