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Die Könige: Orknacht (Die Könige 1) (German Edition)

Die Könige: Orknacht (Die Könige 1) (German Edition)

Titel: Die Könige: Orknacht (Die Könige 1) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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dass er damit nur seiner Bestimmung gefolgt war.
    Er konnte nicht anders, als laut zu lachen. Winmars Verstand hatte schon längst aufgehört, den Gesetzen der Logik oder der Vernunft zu folgen, und die Ereignisse während der Überfahrt hatten dafür gesorgt, dass auch noch sein letzter Widerstand gegen die Stimme und ihre Macht verschwunden war.
    Im sicheren Glauben, geschlagen und besiegt zu sein, hatte Winmar dem Feind ins Auge geblickt. Bebend vor Angst hatte er darauf gewartet, dass Lavans Klinge niederging, hatte gespürt, wie seine Beinkleider nass wurden, weil er aus Furcht die Kontrolle über seinen Körper verlor. Gedemütigt hatte er vor seinem Feind gekauert und den Todesstoß erwartet – aber dann war alles ganz anders gekommen.
    Die Stimme hatte Wort gehalten.
    Die Stimme hatte ihn gerettet.
    Woher die fliegenden Schattenkreaturen gekommen waren, wusste Winmar nicht, und er wollte es auch nicht wissen. Der Anblick jener Bestien mit ihren dunklen Schwingen und grässlichen Klauen jedoch hatte ihn alle Zweifel vergessen lassen. Atemlos hatte er mitangesehen, wie die Schatten die Schiffe seiner Feinde angegriffen und zerstört hatten, nicht eines von ihnen war übrig geblieben. In wilder Panik hatten die Angreifer die Flucht ergreifen wollen, doch es hatte keinen Ort gegeben, wohin sie fliehen konnten. Wer auf den Galeeren blieb, der wurde von den Bestien zerfetzt oder von Winmars Soldaten niedergemacht, wer über Bord sprang, der ertrank.
    Dann, so unvermittelt, wie sie aufgetaucht waren, waren die grässlichen Kreaturen wieder verschwunden. Unbehelligt hatten die verbliebenen Galeeren ihre Fahrt nach Osten fortgesetzt und nur wenige Tage später Tirgas Winmar erreicht, die neue Hauptstadt der Welt.
    Für die Stadt, die sich an die Hänge des Vulkans schmiegte, von Mauern aus erkalteter Lava geschützt und von tiefen Erdspalten umgeben, aus denen heißer Dampf emporstieg, hatte Winmar kein Auge gehabt. Sein Interesse hatte nur dem hohen, strahlend weißen Turm gegolten, der sich inmitten fremdartig aussehender Gebäude majestätisch am Hang des Berges erhob und von dem aus er künftig herrschen würde.
    Vor rund fünf Jahrhunderten, als der Menschenkönig Corwyn im Krieg mit dem Herrscher von Kal Anar lag, war die Stadt selbst völlig zerstört worden; nur der Turm hatte der Vernichtung getrotzt, so wie er es seit Jahrtausenden tat. Niemand wusste, wer den Turm errichtet hatte – vielleicht, dachte Winmar, war er gar nicht erbaut worden, sondern aus dem Inneren der Welt emporgebrochen, so wie der Dolch, den er einst in den Rücken seines Gönners Reginald gestoßen hatte, mit derartiger Wucht, dass er in dessen Brust wieder ausgetreten war. Jedenfalls hieß es, dass der Turm das älteste Gebäude von ganz Erdwelt sei, das schon Bestand gehabt hätte, als die ersten Elfen unter ihrem König Miron die Bühne der Geschichte betraten. Seiner gewundenen Form wegen, die sich geradewegs in die Wolken zu schrauben schien, hatte man ihm den Namen »Schlangenturm« gegeben, und als solcher hatte er Furcht und Schrecken in Erdwelt verbreitet – eine Tradition, die Winmar wieder aufleben zu lassen gedachte.
    Dabei war das, was von dem Turm zu sehen war, nur seine Spitze; seine wahre Größe und seine Ausmaße zeigte der Schlangenturm erst im Inneren des Berges, in den Stollen und Höhlen, die sich in die Tiefe erstreckten wie die Wurzeln eines riesigen steinernen Baumes. Es war eine offenkundige Gemeinsamkeit mit Gorta Ruun, und zugleich wohl die einzige. Einst, so wusste Winmar, hatten die Zwerge eine Expedition nach Kal Anar geschickt – zum einen, um herauszufinden, ob es Verbindungen zum Zwergenreich gab und es womöglich Söhne des Berges gewesen waren, die den Turm einst errichtet hatten; zum anderen, um festzustellen, ob sich die Flamme im Inneren des Berges als Esse eignete, über der die Zwergenschmiede ihre Arbeit verrichten konnten. Doch keiner, der an dieser Expedition teilgenommen hatte, war je zurückgekehrt.
    Wie sollten sie auch?
    Diese armen Narren hatten nicht gewusst, was ihm, Winmar von Ruun, längst offenbar geworden war: dass diesem Berg unbegreifliche Mächte innewohnten, und dass nur überleben konnte, wer sich ihnen unterwarf.
    »Komm zu mir, mein Diener!«
    »Das tue ich, Meister«, versicherte Winmar ohne Zögern, während er immer weiter hinabstieg. Mit jeder Stufe, die er zurücklegte, wurde die Luft um ihn stickiger und wärmer, und der orangerote Schein, der den Schacht

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