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Die Könige: Orknacht (Die Könige 1) (German Edition)

Die Könige: Orknacht (Die Könige 1) (German Edition)

Titel: Die Könige: Orknacht (Die Könige 1) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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zitterte am ganzen Körper, hätte vor Entsetzen laut schreien mögen. Doch ihre eigenen Empfindungen galten ihr nichts in diesem Augenblick.
    Alles, was zählte, war das Kind.
    Ihr Blick fiel auf einen umgestürzten Stamm, den ein Blitzschlag ausgehölt hatte und der nun einen natürlichen Unterschlupf bot. Kurz entschlossen kroch sie in das modrige, dunkle Loch, in dem Schlangen und anderes Ungeziefer hausen mochten, und verbarg sich darin. Auf den Knien kauernd, vornübergebeugt und ihr Kind an sich pressend, verharrte sie, während sie die Worte jener alten Weise flüsterte, die ihre Amme ihr bisweilen vorgesungen hatte:
    Schlaf ein, mein Kind, und träume nicht
    von Trollen und von Zwergen,
    die sich in Nacht und Dunkelheit
    im Hinterhalt verbergen.
    Schlaf ein, mein Kind, und träume nicht
    von Wölfen und von Gholen,
    die sich aus der Menschen Wiegen
    ihre Beute holen.
    Schlaf ein, mein Kind, und träume nicht
    von Orks und wilden Drachen,
    von Dolchen und von Klauen
    und von feuerigen Rachen.
    Schlaf ein, mein Kind, und träume wohl,
    denn auch in dunkler, tiefer Nacht,
    schützt und schirmt dich wunderbar
    der Liebe reine Macht …
    Sie hatte die vierte Strophe kaum beendet, als sie die Schritte hörte.
    Schwerfällig und bedrohlich, im feuchten Waldboden schmatzend … und sie kamen näher.
    Näher.
    Noch näher.
    Bis sie den hohlen Stamm erreichten.
    Aryanwen hielt den Atem an.
    Sie fühlte den Herzschlag ihres Kindes, das sie schützend an sich drückte, während sie die Augen geschlossen hielt, als könnte sie so der Entdeckung entgehen.
    Plötzlich begann sich das kleine Wesen in ihren Armen zu regen. »Nein«, hauchte Aryanwen beschwörend, während das Mädchen anfing, mit den winzigen Fäusten um sich zu schlagen. Im nächsten Moment brach es in lautes Geschrei aus.
    Ein wütender Aufschrei war von draußen zu hören. Im nächsten Moment brach etwas mit Urgewalt in die morsche Rinde des Stammes und zerfetzte sie. Die obere Hälfte der Röhre flog davon – und Aryanwen war den Blicken ihrer beiden Häscher schutzlos ausgeliefert.
    Für einen Moment erwog sie zu fliehen, aber ihr war klar, dass es sinnlos gewesen wäre, sie wäre keine fünf Schritte weit gekommen.
    Mit vor Entsetzen weit aufgerissenen Augen blickte sie an den beiden Orks empor, die in schäbige Kettenrüstungen gekleidet waren und ihre Waffen zum tödlichen Streich erhoben hatten, starrte in ihre hässlich grünen Fratzen, in denen weder Mitleid noch Erbarmen zu erkennen war.
    Und in diesem Moment traf Aryanwen die Erkenntnis, dass sie die beiden kannte.



1
    E s war, als ob eine Stimme aus ferner Vergangenheit zu ihnen spräche. Einer Vergangenheit, die sie so eifrig verdrängt hatten, dass sie sich beinahe nicht mehr daran erinnerten.
    Doch in dem Moment, als sie ihre Stimme hörten und ihre bleichen Gesichtszüge wieder vor Augen hatten, kehrte alles zurück. All die Dinge, die Balbok und Rammar, die beiden Orks, am liebsten weit hinter sich gelassen hätten …
    »Du?«, fragte Rammar und rollte ungläubig mit den eitrigen Augen, während er auf die blasse, zerbrechlich wirkende Menschenfrau blickte, die zu seinen Füßen kauerte und furchtsam zu ihm aufblickte. An sich sahen die Milchgesichter, wie Orks die Menschen abfällig zu nennen pflegten, für sie alle ziemlich gleich aus, aber dieses Gesicht mit den grünen Augen und dem schwarzen Haar kam ihm tatsächlich bekannt vor – und es weckte keine angenehmen Erinnerungen. »Bist das wirklich du, Menschin?«
    »I-ich fürchte ja«, gab sie zurück, und über ihre totenbleichen, ausgemergelten Züge glitt etwas, das wohl ein Lächeln sein sollte. »Es ist viel geschehen.« Sie blickte demonstrativ auf das kleine, in weißen Stoff gewickelte Bündel, das sie in ihren Armen hielt, Rammar verzog vor Abscheu das grüne Gesicht.
    Ein Menschenkind!
    Und noch dazu ganz frisch.
    Das Gesicht war rosarot und völlig schrumpelig, und immerzu grunzte und schniefte das kleine Ding.
    »Es ist genauso hässlich wie du«, grunzte der Ork missbilligend.
    »Wie kommt ihr beide hierher?«, wollte Aryanwen wissen.
    »Dasselbe könnten wir dich fragen«, polterte Rammar.
    »Korr«, stimmte Balbok zu, der erst jetzt seine Verblüffung zu überwinden schien. »Dasselbe könnten wir dich fragen!«
    »Habe ich dir nicht gesagt, dass du mir nicht alles nachplappern sollst?«, schnauzte Rammar.
    » Korr. Entschuldige.«
    »Und wie oft muss ich dir noch sagen, dass sich ein Ork aus echtem Tod und

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