Die Könige: Orknacht (Die Könige 1) (German Edition)
gebrochen!«
Aryanwen, die im Laufen ihr Kind fest an sich presste, hörte grässliche Kriegsrufe. Gleichzeitig stach beißender Gestank in ihre Nase, der sich zum Brandgeruch gesellte und keinen Zweifel offen ließ.
Orks!
Weiter reichten ihre Gedanken nicht, denn in diesem Moment erreichten die Frauen den Rand des Waldes, wo der Pfad die Bäume verließ und sich zwischen den Blockhütten hindurch zum Lebenstempel schlängelte. Einst war das filigrane, aus dem Holz uralter Bäume geformte Bauwerk, das sich kühn in den Himmel schraubte, ein Wahrzeichen elfischer Kultur und Baukunst gewesen – nun stand es lichterloh in Flammen!
Rauch war überall und hüllte die kleine Siedlung ein, und hier und dort sah Aryanwen leblose Körper in grauen Ordenskutten in ihrem Blut liegen.
»Nein!«, schrie Mila entsetzt und stürzte zu einer der Toten, fiel bei ihr nieder. »Nacaia! Bitte ni…!«
Das Wort blieb ihr im Hals stecken, als sich plötzlich ein gefiederter Schaft in ihren Hals bohrte – ein Pfeil, der aus kurzer Distanz abgegeben worden war.
Entsetzt starrte die junge Hebamme auf das Geschoss, das in ihrer Kehle stak, dann brach sie über dem Leichnam ihrer Mitschwester zusammen. Und noch ehe Aryanwen schreien oder ihrem Entsetzen sonstwie Ausdruck verleihen konnte, sahen Acha und sie den Urheber des Mordwerks – einen hünenhaften Ork mit hassverzerrten grünen Zügen und leuchtend gelben Augen. Sein rabenschwarzes Haar hatte er zu einem Schopf gebunden, sein nackter Oberkörper war mit grässlichen, obszönen Symbolen bemalt. Als er die beiden Frauen erblickte, schürzte er abschätzig die Lippen und grinste dann breit.
»Zurück!«, zischte Acha, die stehen geblieben war und den Stock einer getöteten Mitschwester vom Boden aufgelesen hatte. »Du musst fliehen, rasch!«
»Ich bleibe!«, widersprach Aryanwen trotzig.
»Du musst fliehen!«, beharrte Acha. »Rette dein Kind!«
Jäh wurde Aryanwen bewusst, dass sie das kleine Wesen in ihren Armen für einen Augenblick völlig vergessen hatte. Acha hatte recht! Sie war eine Mutter und musste an ihr Kind denken. Ihm hatte ihre Sorge zu gelten und niemandem sonst …
»Geh schon, worauf wartest du?«, blaffte Acha, während sie dem Ork, der sie an Körpergröße um zwei Köpfe überragte, mutig entgegentrat, den Stock erhoben.
»Danke, Mutter Hebamme«, stieß Aryanwen noch hervor – dann wandte sie sich um und begann zu laufen, zurück in den Wald. Nur einmal blickte sie zurück, um zu sehen, wie der Ork mit einem unförmigen Kriegshammer ausholte.
Dann ein entsetzlicher Schrei – und Aryanwen wusste, dass die alte Acha nicht mehr am Leben war.
Schluchzend und mit Tränen in den Augen rannte sie weiter. Das Kind auf ihrem Arm spürte die Unruhe seiner Mutter und begann ebenfalls zu weinen und laut zu schreien. Vergeblich suchte Aryanwen es zu beruhigen, während sie immer weiter in den Wald lief, fort von den brennenden Überresten Elfenhains und hinein in das dunkle Dickicht von Trowna – und plötzlich war sie nicht mehr allein.
Durch die Tränenschleier sah sie die beiden grünen Gestalten, die vor ihr den Weg versperrten – und brach kurz entschlossen zur Seite aus. Hals über Kopf rannte sie, setzte über Wurzeln und abgestorbene Bäume hinweg im verzweifelten Bemühen zu entkommen. Doch die beiden Orks hatten ihre Verfolgung aufgenommen – und sie brauchten nur dem Geschrei des Kindes zu folgen, um ihr auf den Fersen zu bleiben.
»Schhhh, schhhh!«, machte Aryanwen, während sie immer weiter rannte, doch das Mädchen wollte sich nicht beruhigen. Der beißende Rauch, die Schreie, die hektischen Atemzüge der Mutter, all das hatte ihm Angst gemacht, und so schrie es um sein junges Leben, während Aryanwen alles tat, um den Verfolgern zu entkommen.
Für einen Moment blieb sie stehen und lauschte. Als sie die Schritte der Unholde hörte und das Rasseln ihrer Rüstungen, änderte sie kurzerhand die Laufrichtung und rannte weiter, nur um nach einigen Hundert Schritt erneut eine andere Richtung einzuschlagen. Auf diese Weise gelangte sie noch tiefer in den Wald. Es wurde kühler und es wurde dunkler – und endlich beruhigte sich auch das Kind.
Nur mehr ab und zu entfuhr ihm ein Wimmern, ansonsten begnügte es sich damit, die winzig kleinen Fäuste an die Schläfen zu pressen.
»Schhh«, machte Aryanwen noch einmal, ihrer eigenen Furcht und Panik zum Trotz. »So ist es gut … Hab keine Angst, hörst du? Hab keine Angst …«
Sie
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