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Die Koenigin der Schattenstadt

Die Koenigin der Schattenstadt

Titel: Die Koenigin der Schattenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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und ließ sie aufschreien vor Schreck und Bestürzung. Catalinas letzter Gedanke galt Jordi Marí, gleich hier und jetzt.

Alfama
    Jordi Marí hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Nicht einmal schätzen konnte er, wie lange sie sich durch den wabernden Nebel bewegt hatten. Die alte Frau, Catalinas Großmutter, hatte ihn einfach aus der nahenden Dunkelheit, der Furcht, der kreischenden Panik in das grelle Weiß hineingezogen, und als die Welt um sie herum wieder klar wurde, da befanden sie sich in einer engen Gasse, die verwaist und still vor ihnen lag.
    Dichte Büschel gelber und grüner Gräser mit spitzen Halmen, so lang wie schöne Wimpern, wehten über das Kopfsteinpflaster und es sah aus, als seien sie lebendige Wesen, die sich in einer Art Herde fortbewegten. Etwas hatte sie aufgescheucht und Jordi konnte sich denken, was es gewesen war.
    Schatten!
    Überall in der Stadt war das Chaos ausgebrochen. Es hatte begonnen, als er vor nicht einmal zwei Stunden mit Kamino Regalado die flüsternden Märkte besucht hatte, um Ersatzteile für ihr Fluggerät, den Falken, zu besorgen. Und dann hatten sich die Ereignisse förmlich überschlagen.
    Jordis Hand tastete nach dem hellen glatten Stein in seiner Tasche, der ihm alles, was er vergessen hatte, im Bruchteil eines einzigen Augenblicks zurückgegeben hatte. Nur um es gleich darauf wieder zu verlieren.
    Es war seine Entscheidung gewesen, Catalina in dem Moment zu verlassen, als er sie gerade erst wiedergefunden hatte, und diese Entscheidung war ihm so schwergefallen wie noch nie etwas zuvor in seinem Leben. Doch hatte er keine Wahl gehabt.
    Und tatsächlich: Er hatte es geschafft, hatte die beiden Schakalwesen auf ihrer Suche nach dem Kartenmädchen auf die falsche Fährte gelockt, irgendwie. Aber am Schluss war er es gewesen, der gerettet werden musste, von einer, die – so sah es aus – endlich einmal zu den Guten gehörte.
    Die alte Frau, die eine seltsame Papierverkleidung trug, hatte sich ihm kurz und knapp als Nuria Niebla vorgestellt und dann, ihrem Namen Ehre machend, für Nebel gesorgt.
    »Wo gehen wir hin?«, fragte Jordi, als er Atem geschöpft hatte. Die Schwaden, die sie während ihrer Flucht vor neugierigen Blicken und vermutlich Schlimmerem bewahrt hatten, lichteten sich so schnell, wie sie gekommen waren.
    »Es gibt eine Magierin, die in der Alfama lebt«, erklärte ihm Nuria Niebla. Sie sah viel mehr nach einer harmlosen alten Bäuerin aus als nach einer mächtigen Hexe, aber Jordi wusste, wie sehr der Schein trügen konnte. »Ihr Name ist Fado Mariza. Sie führt einen Laden für dieses und jenes, gleich hier in der Gegend. Nun ja, sie hat es früher getan und ich hoffe, das ist immer noch so.« Nuria beobachtete den Lichterjungen eindringlich. »Ihr werde ich dich anvertrauen. Sie wird sich deiner annehmen.«
    »Anvertrauen? Aber warum?« Jordi blickte verständnislos auf Nuria. »Warum darf ich nicht mit Ihnen kommen? Ihr sucht sie doch auch, Catalina meine ich.«
    Sie schüttelte nur den Kopf. »Das ist meine Aufgabe allein, mutiger Jordi, nicht deine.«
    »Aber ich . . .«
    Sie gebot ihm mit einer Handbewegung zu schweigen. Nichts an ihr duldete Widerspruch.
    Etwas zog grollend über den Himmel. Etwas, das riesig war. So groß und so weit, dass Jordi sich gar nicht vorzustellen wagte, welche Macht es besaß. Die Nacht war heute voller seltsamer Dinge, die nicht einmal Barcelona heimgesucht hatten.
    »Wir müssen fort von hier!«
    Jordi nickte. Er hatte mit eigenen Augen gesehen, was die Fäden der Meduza in Barcelona angerichtet hatten. Nicht zu vergessen Valencia und all die anderen Orte, die bislang der Finsternis zum Opfer gefallen waren.
    »Sie werden über die ganze Stadt kommen«, sagte er und Furcht klang in seiner Stimme. »Wir müssen Catalina schleunigst finden und dann von hier verschwinden.«
    »Ich«, betonte Nuria energisch, »werde sie suchen. Allein!«
    Jordi schüttelte verstockt den Kopf und blieb stehen. »Ich werde Ihnen helfen«, beharrte er. »Ich muss sie einfach finden.«
    Die alte Frau bedachte ihn mit einem mitleidigen Blick. »Ich weiß, Junge, ja, ich weiß.« Sie nickte grimmig, aber entschlossen, betrachtete ihn lange. »Meine alten Augen sehen noch gut.« Seufzend setzte sie sich wieder in Bewegung. »Ich kann dich trotzdem nicht mitnehmen.« Ihre Stimme knarzte leise wie warmes Holz. »Ich muss allein auf die Suche gehen, deswegen bin ich hier. Das ist die Bestimmung.«
    Jordi schnaubte. Bestimmung! Was verstand die

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