Die Königin der Weißen Rose
Thomas Grey fleißig ist, er trifft sich heimlich mit Männern, die überzeugt werden können, sich für uns zu erheben. Es muss auf dem Land und in London viele geben, die allmählich daran zweifeln, wie Herzog Richard seine Rolle als Lord Protector versteht. Margaret Stanley arbeitet ganz sicher für uns: Ihr Gatte, Lord Thomas Stanley, hat Hastings gewarnt. Meine Schwägerin, Duchess Margaret of York,wird für uns in Burgund tätig sein. Selbst die Franzosen sollte es interessieren, dass ich in Gefahr bin, wenn auch nur, um Richard Probleme zu bereiten. In Flandern steht ein sicheres Haus, in dem eine Familie fürstlich dafür entlohnt wird, einen kleinen Jungen bei sich aufzunehmen und ihm beizubringen, in Tournai in der Menschenmenge unterzugehen. Im Augenblick mag der Herzog die Oberhand haben, doch er wird von genauso vielen gehasst wie wir Rivers. Viele werden jetzt, da ich in Gefahr bin, mit Wohlwollen an mich denken. Vor allem wird es Männer geben, die Edwards Sohn auf dem Thron sehen wollen und nicht seinen Bruder.
Eilig näher kommende Schritte schrecken mich auf. Meine Tochter Cecily kommt durch die Krypta gelaufen und stößt die Tür zu meiner Kammer auf. Sie ist kreidebleich vor Angst. «Da ist etwas an der Tür», sagt sie. «Etwas Schreckliches ist an der Tür.»
«Was?», frage ich. Ich denke natürlich sofort an den Henker.
«So groß wie ein Mann, aber es sieht aus wie der Tod.»
Ich bedecke meinen Kopf mit einem Schal, gehe zur Tür und öffne das Türgitter. Der Tod persönlich scheint auf mich zu warten. Er trägt einen schwarzen Umhang und einen hohen Hut. Eine lange weiße Röhre vor der Nase verbirgt sein Gesicht. Er ist Arzt, und die Kräuter in dem langen Kegel seiner Nasenmaske sollen ihn vor den Ausdünstungen der Pest schützen. Er richtet die glitzernden Schlitze seiner Augen auf mich. Mich fröstelt.
«Hier hat niemand die Pest», sage ich.
«Ich bin Dr. Lewis aus Caerleon, der Arzt von Lady Margaret Beaufort», sagt er, und seine Stimme hallt seltsam unter dem Kegel. «Sie sagt, Ihr krankt an Frauenleiden und könntet einen Arzt brauchen.»
Ich öffne die Tür. «Kommt herein, mir geht es gar nicht gut», sage ich. Doch sobald die Tür zwischen der Welt und uns geschlossen ist, stelle ich ihn zur Rede. «Ich bin vollkommen gesund. Was wollt Ihr hier?»
«Lady Beaufort – Lady Stanley, sollte ich sagen – geht es auch gut, Gott sei gedankt. Aber sie suchte eine Möglichkeit, mit Euch in Verbindung zu treten, und ich bin gleicher Gesinnung wie sie und Euch treu ergeben, Euer Gnaden.»
Ich nicke. «Nehmt die Maske ab.»
Er nimmt den Kegel vom Gesicht und zieht die Kapuze vom Kopf. Vor mir steht ein kleiner, dunkler Mann mit einem lächelnden, vertrauenswürdigen Gesicht. Er verbeugt sich tief vor mir. «Sie möchte wissen, ob Ihr einen Plan ersonnen habt, wie die beiden Prinzen aus dem Tower zu retten sind. Sie möchte, dass Ihr wisst, dass sie und ihr Gatte, Lord Stanley, Euch zu Diensten sind. Sie sagt, der Duke of Buckingham ist voller Befürchtungen, wozu der Ehrgeiz Herzog Richard noch verleitet. Sie glaubt, der junge Herzog sei bereit, die Seiten zu wechseln.»
«Buckingham hat alles getan, um den Herzog dahin zu bringen, wo er jetzt ist», erwidere ich. «Warum sollte er es sich an diesem Siegestag anders überlegen?»
«Lady Margaret glaubt, der Duke of Buckingham könnte überzeugt werden.» Er beugt sich vor, um mir ins Ohr zu flüstern: «Sie glaubt, er zweifelt allmählich an seinem Anführer. Außerdem interessiert er sich für größere Belohnungen als die, die Herzog Richard ihm bieten kann. Er ist ein junger Mann und leicht zu beeinflussen. Er fürchtet, dass der Herzog selbst den Thron besteigen will, und hat Angst um die Sicherheit Eurer Söhne. Ihr seid seine Schwägerin, es sind seine Neffen. Er macht sich Sorgenum die Zukunft der Prinzen, seiner jungen Verwandten. Lady Margaret bittet mich, Euch auszurichten, dass die Diener im Tower ihrer Meinung nach bestechlich sind. Sie möchte wissen, wie sie Euch in Eurem Vorhaben, den Prinzen Edward und Richard die Freiheit zu schenken, unterstützen kann.»
«Es ist nicht Richard …», setze ich an, da kommt Elizabeth wie ein Geist vom Fluss die Stufen herauf. Der Saum ihres Kleides ist durchnässt.
«Elizabeth! Was machst du denn da?»
«Ich war unten und habe eine Weile am Fluss gesessen», sagt sie. Ihr blasses Gesicht hat einen seltsamen Ausdruck. «Am Morgen war es zuerst ganz ruhig und
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