Die Königin der Weißen Rose
gegangen ist, war ein Ritter in deinen Diensten? Sind wirjetzt in Camelot? Eine ehrenwerte Liebe? Ist es etwa Poesie und nicht die Gosse?»
«Es ist ehrenhaft!», fühle ich mich genötigt zu erwidern.
«Du weißt doch gar nicht, was das Wort bedeutet. Du bist ein Flittchen, und wenn sie das nächste Mal hier vorbeireiten, wird er dich an Sir William Hastings weiterreichen, wie er es mit all seinen Flittchen macht.»
«Er liebt mich!»
«Das erzählt er jeder.»
«Doch. Er kommt zu mir zurück …»
«Das verspricht er immer.»
Wütend balle ich die Linke zur Faust und hole nach ihm aus, doch er duckt sich, denn er erwartet einen Schlag ins Gesicht. Dann sieht er das goldene Schimmern an meiner Hand und bricht in Gelächter aus. «Hat er dir den gegeben? Einen Ring? Soll ich mich von einer Liebesgabe beeindruckt zeigen?»
«Es ist keine Liebesgabe, es ist ein Ehering. Ein richtiger Ring, den er mir bei der Eheschließung an den Finger gesteckt hat. Wir sind verheiratet», verkünde ich triumphierend, aber er erstickt meinen Triumph sofort.
«Lieber Gott, er hat dich an der Nase herumgeführt», sagt er gequält, nimmt mich in die Arme und drückt meinen Kopf an seine Brust. «Meine arme Schwester, arme kleine Närrin.»
Ich mache mich frei. «Lass mich los, ich lasse mich von niemandem an der Nase herumführen. Was redest du da?»
Er betrachtet mich mit Bedauern, doch sein Mund ist zu einem bitteren Lächeln verzogen. «Lass mich raten: War es eine heimliche Hochzeit in einer privaten Kapelle? Hat keiner seiner Freunde oder Höflinge daran teilgenommen?Lord Warwick weiß nichts davon? Soll es geheim bleiben? Sollst du es leugnen, wenn du danach gefragt wirst?»
«Ja, aber …»
«Du bist nicht verheiratet, Elizabeth. Du bist hereingelegt worden. Mit einer vorgetäuschten Zeremonie, die weder in den Augen Gottes noch in denen der Menschen zählt. Er hat dich mit einem billigen Ring und einem falschen Priester an der Nase herumgeführt, um dich ins Bett zu bekommen.»
«Nein!»
«Dieser Mann hofft, König von England zu sein. Er muss eine Prinzessin heiraten. Er wird keine arme Witwe aus dem Lager seiner Feinde heiraten, die ihn an der Straße angefleht hat, er möge ihr ihre Mitgiftgüter zurückgeben. Wenn er überhaupt eine Engländerin heiratet, dann eine der vornehmen Damen des Hofes von Lancaster, wahrscheinlich Warwicks Tochter Isabel. Er wird kein Mädchen heiraten, dessen Vater gegen ihn gekämpft hat. Eher heiratet er eine edle Prinzessin vom Kontinent, eine spanische Infantin oder eine französische Dauphine. Er muss heiraten, um seinen Thron zu stärken, um Allianzen zu schmieden. Ausgeschlossen, dass er aus Liebe ein hübsches Gesicht heiratet. Lord Warwick würde das niemals zulassen. Er ist kein Narr, der gegen seine eigenen Interessen handelt.»
«Er muss nicht tun, was Lord Warwick will! Er ist der König.»
«Er ist Warwicks Marionette», widerspricht mein Bruder kalt. «Lord Warwick hat beschlossen, ihn zu unterstützen, genau wie Warwicks Vater Edwards Vater unterstützt hat. Ohne die Unterstützung Warwicks wären weder dein Geliebter noch sein Vater in der Lage gewesen,irgendetwas aus seinem Thronanspruch zu machen. Warwick ist der Königsmacher, er hat deinen Geliebten zum König von England gemacht. Du kannst gewiss sein, dass er auch die Königin machen wird. Er wird diejenige wählen, die Edward heiraten muss, und Edward wird sie heiraten.»
Ich bin so perplex, dass ich kein Wort herausbringe. «Aber das kann er nicht. Das geht nicht mehr. Edward hat mich geheiratet.»
«Ein Spiel, eine Farce, Mummenschanz, mehr nicht.»
«Nein. Es gab Zeugen.»
«Wen?»
«Mutter zum Beispiel», sage ich schließlich.
«Unsere Mutter?»
«Sie war Zeugin, zusammen mit Catherine, ihrer Zofe.»
«Weiß Vater das? War er dabei?»
Ich schüttele den Kopf.
«Da haben wir es», sagt er. «Wer waren deine vielen Zeugen?»
«Mutter, Catherine, der Priester und ein Junge, der gesungen hat», antworte ich.
«Welcher Priester?»
«Ich kenne ihn nicht. Der König hat ihn hinbefohlen.»
Er zuckt die Achseln. «Wenn er überhaupt Priester war. Eher war er irgendein Narr oder Spaßmacher, der dem König noch einen Gefallen schuldig war. Selbst wenn er ein geweihter Priester war, kann der König immer noch leugnen, dass die Ehe rechtskräftig geschlossen wurde, und dann steht das Wort von drei Frauen und einem Jungen gegen das des Königs von England. Euch drei kann er doch leicht unter
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