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Die Königin der Weißen Rose

Die Königin der Weißen Rose

Titel: Die Königin der Weißen Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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das gebracht hat, was mein Herz begehrt. Der König von England persönlich steckt ihn mir als Ehering an den Finger. Und ich bin seine Gemahlin.
    Und Königin von England – oder jedenfalls die englische Königin von York.
    Sein starker Arm liegt um meine Hüfte, während der Page das Bittgebet singt. Dann dreht sich der König zu meiner Mutter um und sagt: «Eure Ladyschaft? Wohin kann ich meine Braut führen?»
    Meine Mutter lächelt und gibt ihm einen Schlüssel. «Am Fluss steht eine Jagdhütte. River Lodge», sagt sie zu mir gewandt. «Ich habe sie für dich herrichten lassen.»
    Er nickt, führt mich aus der kleinen Kapelle und hebt mich auf sein großes Jagdpferd. Dann sitzt er hinter mir auf, hält mich mit seinen kräftigen Armen, während er die Zügel nimmt. Im Schritt reiten wir am Flussufer entlang, und wenn ich mich zurücklehne, kann ich seinen Herzschlag spüren. Durch die Bäume sehen wir die kleine Hütte, aus deren Schornstein kräuselnd Rauch aufsteigt. Er sitzt ab, hebt mich herunter und führt das Tier in den Stall hinter der Hütte, während ich die Tür öffne. In der einfachen Hütte brennt ein Feuer, auf dem Holztisch steht ein Krug Hochzeitsbier mit zwei Bechern. Zwei Stühle stehen für uns bereit, um das Brot, den Käse und das Fleisch zu essen, daneben ein großes Holzbett, mit bestem Linnen bezogen. Der Raum verdunkelt sich, als er in die Tür tritt und unter den niedrigen Balken den Kopf einzieht.
    «Euer Gnaden   …», setze ich an, um mich gleich zu verbessern: «Mein Lord. Mein Gatte.»
    «Frau», sagt er mit leiser Befriedigung. «Ins Bett.»

    Die Morgensonne, die so hell auf die Balken und die kalkgetünchte Decke geschienen hat, als wir zu Bett gingen, taucht am späten Nachmittag alles in Gold, als er zu mir sagt: «Der Himmelskönigin sei gedankt, dass dein Vatermich zum Essen eingeladen hat. Ich sterbe vor Hunger. Lass mich aus dem Bett, du Hexe.»
    «Vor zwei Stunden habe ich dir Brot und Käse angeboten», erwidere ich, «aber du hast mich nicht die drei Schritte zum Tisch gehen lassen, um es dir zu holen.»
    «Ich war beschäftigt», meint er grinsend und zieht mich wieder an seine nackte Schulter. Der Geruch seines Körpers und die Berührung seiner Haut wecken in mir erneut das Verlangen nach ihm, und wieder schmiegen wir uns eng aneinander. Als wir uns voneinander lösen, liegt der Raum rosa im Sonnenuntergang. «Ich muss mich waschen», seufzt er und steigt aus dem Bett. «Soll ich dir aus dem Hof einen Krug Wasser mitbringen?»
    Sein Kopf streift die Decke, sein Körper ist vollkommen. Zufrieden betrachte ich ihn, wie ein Pferdehändler, der einen stattlichen Hengst begutachtet. Er ist groß und schlank, mit festen Muskeln, einer breiten Brust und starken Schultern. Wenn er mich anlächelt, schlägt mein Herz Purzelbäume. «Du siehst aus, als wolltest du mich schon wieder vernaschen!», sagt er.
    «Das will ich auch», antworte ich. «Ich weiß nicht, wie ich mein Verlangen nach dir stillen soll. Ich glaube, ich muss dich hier als Gefangenen halten und Tag für Tag in kleinen Häppchen verspeisen.»
    «Wenn ich dich als Gefangene halten würde, würde ich dich in einem einzigen gierigen Happen verschlingen», meint er glucksend. «Aber ich würde dich nicht gehen lassen, ohne dass du ein Kind von mir unter deinem Herzen trägst.»
    «Oh!» Da kommt mir ein wunderbarer Gedanke. «Oh, ich werde dir Söhne schenken, und sie werden Prinzen sein.»
    «Du wirst die Mutter des Königs von England sein unddie Mutter des Hauses York, das, so es Gott gefällt, auf ewig regieren wird.»
    «Amen», sage ich andächtig. Ohne jedes Gefühl einer Verdunkelung, ohne Frösteln, ohne Missbehagen. «Möge Gott dich aus der Schlacht sicher zu mir nach Hause geleiten.»
    «Ich siege immer», antwortet er selbstbewusst. «Sei glücklich, Elizabeth. Du wirst mich nicht auf dem Schlachtfeld verlieren.»
    «Ich werde Königin», sage ich noch einmal. Zum ersten Mal begreife ich, begreife ich wirklich, dass dieser junge Mann, wenn er aus der Schlacht nach Hause kommt und der wahre König Henry tot ist, der unbestrittene König von England sein wird – und ich werde die Erste Frau im Reich sein.

    Nach dem Essen verabschiedet er sich von meinem Vater und macht sich auf den Weg nach Northumberland. Sein Knappe hat die Pferde gefüttert und getränkt und hält sie vor der Tür am Zügel. «Ich komme morgen Abend zurück», sagt er leise zu mir. «Ich muss mich um meine Männer kümmern und

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