Die Königin der Weißen Rose
sonnendurchfluteten Raum zurück, und mir fällt auf, dass das Holz meines Stuhls brüchig und die Schnitzerei unter meiner Hand schadhaft ist. Der Thronhimmel über meinem Haupt ist staubig. Ich habe meinen Vater und meinen Bruder verloren, den freundlichsten, liebevollsten Vater, den je eine Tochter gehabt hat, und meinen lieben Bruder John. Verloren für einen schäbigen Stuhl und eine staubige Stoffbahn. Mit meiner Leidenschaft für Edward und meinem Anspruch auf den Thron habe ich uns – uns alle – in die erste Schlachtreihe gestellt, und jetzt hat es mich das erste Blut gekostet: meinen geliebten Bruder und Vater.
Ich denke daran, wie mich mein Vater auf mein erstes Pony gesetzt hat, wie er mir beigebracht hat, das Kinn hochzuhalten und die Hände unten zu lassen, die Zügel immer fest in der Hand, um dem Pony zu zeigen, wer das Sagen hat. Mir fällt ein, wie er meiner Mutter die Hand auf die Wange legte und ihr sagte, sie sei die klügste Frau Englands, er würde sich von keiner anderen leiten lassen, nur um dann seiner eigenen Wege zu gehen. Wie er sich in sie verliebt hat, als er Knappe ihres ersten Ehegatten war und sie dessen Lady. Damals hätte sie ihn nicht einmal ansehen dürfen. Wie er sie allen Regeln zum Trotz in dem Augenblick geheiratet hat, da sie Witwe wurde, und wie sie als Englands schönstes Paar galten, das aus Liebe geheiratet hat, was außer ihnen niemand wagte. Ich denke daran, wie Anthony ihn beschrieben hat, als er in Reading alles zu wissen vorgab. Ich könnte vor Rührung sogar lauthals auflachen, als mir einfällt, wie er mir erklärt hat, dass er mich nun, da ich Königin sei, nur noch unter vier Augen Elizabeth nennen könne und dass wiruns daran gewöhnen müssten. Ich denke daran, wie stolz er war, als ich ihm mitgeteilt habe, dass ich seinen Sohn an eine Herzogin verheiraten und ihn selbst zum Earl machen würde.
Und dann frage ich mich, wie meine Mutter mit diesem Verlust umgehen wird, und dass
ich
ihr die Nachricht überbringen muss, dass er im Kampf für meine Sache den Tod eines Verräters gestorben ist, nachdem er sein ganzes Leben lang für die Gegenseite gekämpft hat. Ich bin ausgelaugt und leide große Seelenqualen, mehr als jemals zuvor in meinem Leben. Es geht mir schlechter als damals, als Vater von der Schlacht von Towton mit der Botschaft nach Hause kam, unsere Sache sei verloren, als mein Ehemann nicht von der Schlacht von St. Albans nach Hause zurückkehrte und man mir sagte, er sei tapfer in einem Angriff gegen die Yorkisten gefallen.
Mir geht es schlechter als je zuvor, denn jetzt weiß ich, dass es leichter ist, ein Land in den Krieg zu führen als in den Frieden. Es ist bitter, in Kriegszeiten zu leben, es ist riskant, in diesen Zeiten Töchter zu bekommen, und höchst gefährlich, in solchen Zeiten auf einen Sohn zu hoffen.
In London werde ich empfangen wie eine Heldin, die Stadt steht ganz hinter Edward, aber was für eine Rolle spielt es, wenn dieser Schlächter Warwick ihn im Gefängnis umbringen lässt? Ich lasse mich mit meinen Mädchen und den Söhnen im Tower häuslich nieder. Jetzt, da sie erfahren, dass nicht jede Schlacht gewonnen wird und nicht jeder geliebte Sohn nach Hause zurückkehrt, sind die Jungen gehorsam und verängstigt. Sie sind erschüttert über den Verlust ihres Onkels John und erkundigen sichtäglich, ob der König auch sicher sei. Wir trauern alle: Meine Mädchen haben ihren lieben Großvater und einen geliebten Onkel verloren, und sie wissen, dass ihr Vater in großer Gefahr schwebt. Ich schreibe meinem Verwandten, dem Herzog von Burgund, und bitte ihn, ein sicheres Versteck für meine Söhne, meine Prinzessinnen und mich vorzubereiten. Ich schreibe ihm, dass wir eine unbedeutende kleine Stadt suchen und eine arme Familie, die so tun kann, als nähme sie ihre englische Verwandtschaft bei sich auf. Ich muss ein Versteck für die Mädchen finden, in dem sie nicht gefunden werden können.
Der Herzog schwört, er werde mehr tun als das. Er werde die Stadt unterstützen, wenn sich herausstellt, dass sie für mich und York ist. Er verspricht Männer und eine Armee. Er fragt, ob ich Nachrichten vom König hätte. Ob er in Sicherheit sei?
Ich kann ihm nichts Beruhigendes berichten. Die Nachrichten von meinem Gatten sind unfassbar. Er ist ein König in Gefangenschaft, genau wie der arme König Henry. Wie kann das sein? Wie kann so ein Zustand andauern? Warwick hält ihn in Middleham Castle gefangen und versucht, die Lords davon
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