Die Königin der Weißen Rose
Anne of Warwick, weigerte sich, auch nur einen Schritt mit der lancastrianischen Armee weiterzuziehen, schloss sich in der Abtei von Beaulieu ein und ließ ihre beiden Töchter mit den verfeindeten Ehemännern im Stich. Eine Tochter verheiratet mit dem Prince of Lancaster, die andere mit dem Herzog von York. Die kleine Anne betet für das Schicksal ihrer Schwester Isabel, die bis an ihr Lebensende an den Wendehals George gebunden und nun wieder eine Yorkgräfin ist. Ihr Gemahl wird am nächsten Morgen auf der anderen Seite kämpfen. Sie betet wie immer, der Herrmöge ihrem jungen Ehemann, Prinz Edward von Lancaster, das Licht der Vernunft senden, denn er wird von Tag zu Tag verdrehter und bösartiger, und sie betet für sich selbst, dass sie die Schlacht überstehen und irgendwie heil nach Hause kommen möge.
Edwards Armee wird von den Männern befehligt, die er liebt: von den Brüdern, neben denen er gerne sterben würde, wenn es denn Gottes Wille ist, dass sie an diesem Tag sterben müssen. Die Angst sitzt ihm im Nacken, denn jetzt weiß er, was eine Niederlage ist, und das wird er nie wieder vergessen. Aber er weiß auch, dass diese Schlacht geschlagen werden muss, dass er auf sie zustürmen muss mit dem schärfsten Gewaltmarsch, den England je erlebt hat. Er mag Angst haben, doch wenn er König bleiben will, muss er besser kämpfen als je zuvor. Sein Bruder Richard of Gloucester befehligt die Truppen an der Spitze, führt sie an mit seiner Treue und seinem alles überstrahlenden Mut. Edward nimmt die Schlacht in der Mitte an, und William Hastings, der sein Leben geben würde, damit der König nicht in einen Hinterhalt gerät, verteidigt die Nachhut. Für Anthony Woodville hat Edward eine ganz besondere Aufgabe.
«Anthony, du versteckst dich mit George und einem kleinen Trupp Lanzenträgern in dem Wäldchen dort links», sagt Edward leise. «Ihr habt da oben zwei Aufgaben: Erstens passt ihr auf, ob Somerset Truppen aus den Schlossruinen schickt, um uns auf der linken Seite zu überraschen. Und zweitens beobachtet ihr die Schlacht und greift an, wenn ihr es für nötig haltet.»
«So sehr vertraust du mir?», fragt Anthony, eingedenk der Tage, als die beiden jungen Männer Feinde waren und keine Brüder.
«Ja», sagt Edward. «Aber, Anthony, du bist ein weiserMann, ein Philosoph. Bedeuten dir Leben und Tod ein und dasselbe?»
Anthony verzieht das Gesicht. «Ich bin nicht besonders belesen, aber ich hänge doch sehr an meinem Leben, Sire. Ich bin noch nicht so weit, das Irdische loszulassen.»
«Ich auch nicht», erwidert Edward leidenschaftlich. «Und ich hänge sehr an meinem Gemächt, Bruder. Sorg dafür, dass deine Schwester mir noch einen Prinzen in die Wiege legen kann», sagt er unverblümt. «Rette meine Männlichkeit für sie, Anthony!»
Anthony lacht und tut, als salutierte er. «Gibst du uns ein Zeichen, wenn ihr uns braucht?»
«Das siehst du deutlich genug. Greif ein, wenn es so aussieht, als würden wir verlieren», antwortet er. «Lass es nicht dazu kommen, das ist alles, worum ich dich bitte.»
«Ich werde mein Bestes tun, Sire», verspricht Anthony ihm ruhig, dann dreht er sich um und führt seinen Trupp aus zweihundert Lanzenträgern ins Versteck.
Edward wartet darauf, dass sie ihre Position eingenommen haben und für die lancastrianische Streitmacht hinter den Schlossmauern unsichtbar sind, dann gibt er den Männern an der Kanone den Befehl: «Feuer!» Gleichzeitig schießen Richards Bogenschützen einen Regen aus Pfeilen ab. Die Kanonenkugel schlägt in das zerfallene Mauerwerk des alten Schlosses, und zusammen mit dem Geschoss gehen Steinblöcke auf die Köpfe der schutzsuchenden Männer nieder. Ein Mann schreit, er wurde von einem Pfeil qualvoll ins Gesicht getroffen, dann hört man Dutzende Schreie, als die Pfeile auf sie herabhageln. Das Schloss erweist sich eher als Ruine denn als Festung. Seine Mauern bieten keinen Schutz. Die Männer stieben heraus, einige von ihnen laufen den Hügel hinunter zum Angriff, bevor sie den Befehl dazu erhalten haben, andereflüchten nach Tewkesbury. Somerset brüllt Befehle, um die Armee zum Angriff hügelabwärts, den Truppen des Königs entgegen, zusammenzuziehen, aber seine Männer sind schon losgelaufen.
Die Truppen Lancasters rasen, brüllend vor Wut, immer schneller den Hang hinab und werfen sich mitten ins Herz der Yorkisten, wo der große König mit der Krone auf dem Helm schon auf sie wartet. Edward wird von einer hellen, gnadenlosen Freude
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