Die Koenigin der Wolle
Weihnachtsmahl, hatte keiner Lust, an den bevorstehenden Aufwasch zu denken.
In diesem Jahr nahm die Tafel beinahe das gesamte Esszimmer ein, weil Duncan, Orlando und Desdemona zum ersten Mal ihre neuen Partner mitgebracht hatten. Duncan hatte monatelang damit gewartet, seine Freundin, eine aparte Blondine, vorzustellen. Orlando hatte eine alte Schulfreundin wiedergetroffen und sich Hals über Kopf in sie verliebt. Desdemona ihrerseits hatte nach Celias Geburt verstärkt ihre Augen offen gehalten und war bei einem Termin in ihrer Bank von Amors Pfeil getroffen worden. Dass die Wurzeln des jungen Mannes auf Jamaika lagen und er mit seiner schokoladenbraunen Haut für einen Farbklecks in einem Meer aus Alabaster, rot und rotbraun sorgte, kam Mrs Fielding dabei ganz gelegen. Sie ertappte sich ein paar Mal seufzend dabei, wie sie sich ausmalte, wie hübsch wohl ein Kind aus dieser Verbindung aussehen würde.
Celia verbrachte ihr erstes Weihnachtsfest zum größten Teil auf dem Arm ihres Vaters. Inzwischen waren ihre rotbraunen Locken dichter und länger, was sie unverkennbar zu einer Fielding machte. Den Mund hatte allerdings Alexander beigetragen, da waren sich alle einig. Und die Augen. Celias Augen waren so hellbraun wie seine. Er konnte sich immer noch nicht an ihr satt sehen. Immer wieder gab es etwas Neues zu entdecken.
***
„Ihr müsst mal ein paar Stunden ohne mich klarkommen. Ist das okay?” Rose steckte ihren Kopf durch die Tür zum Treppenhaus und zog sich ihre Stiefel an.
„Kein Problem. Heute wird sowieso nicht viel los sein. Tante Jan und Daddy Alex werden sich schon um die kleine Prinzessin kümmern”, schrie Janice vergnügt zurück.
Natürlich, wer hatte schon am achtundzwanzigsten Dezember Lust, ausgerechnet Kurzwaren und Wolle zu kaufen?
„Wo musst du hin?”, fragte Alexander verwirrt.
„Doc. Habe ich dir gestern erzählt, nachdem wir... schnuppe. Sie hatte ausgerechnet heute noch einen Termin frei. Bis später.”
Es gefiel Rosalind überhaupt nicht, den ganzen Vormittag im Wartezimmer ihrer Frauenärztin zu verplempern. Als sie endlich aufgerufen wurde, atmete sie erleichtert auf und hoffte, diesen Besuch so schnell wie möglich hinter sich zu bringen.
„Guten Tag, Miss Fielding.” Die Ärztin maß sie mit interessierten Blicken.
„Guten Tag.”
„Wie geht es Ihnen? Sie sehen aus, als hätten sie alles sehr gut verkraftet. Wie geht’s Ihrer Tochter?”
Rose lächelte wie alle Mütter, die auf ihr Baby angesprochen wurden. „Mir geht es ausgezeichnet, danke. Celia entwickelt sich wunderbar und ist der Liebling der Familie.”
„Das ist fein. Dann werden wir mal kontrollieren, ob sich alles gut zurückgebildet hat.”
Gegen das Gespräch hatte Rosalind nichts einzuwenden, die Untersuchung hingegen ließ sie nur widerwillig über sich ergehen.
„Wann hatten Sie ihre letzte Monatsblutung?”
„Seit der Geburt nur einmal, Anfang Oktober. Sie hatten aber gesagt, es wäre normal, wenn anfangs alles ein wenig unregelmäßig wäre.” Die Frage hatte sie verunsichert.
Die Ärztin lächelte beruhigend. „Das ist vollkommen richtig. Kein Grund zur Sorge.” Was der Gynäkologin Kopfzerbrechen bereitete, war die Gebärmutter ihrer Patientin. Da war etwas nicht in Ordnung. „Ich möchte trotzdem gern noch einen Ultraschall machen.” Sie hoffte sehr, dass Miss Fielding ihre Besorgnis nicht bemerkt hatte.
„Okay. Wenn Sie meinen, dass das nötig ist”, antwortete Rose langsam. Nun war sie wirklich beunruhigt. Waren Ultraschallaufnahmen normal, wenn angeblich alles in Ordnung war?
Bei einem Blick auf den Bildschirm des Ultraschallgerätes bestätigten sich die unausgesprochenen Vermutungen der Ärztin. Einen solchen Fall hatte sie lange nicht mehr gehabt.
„Miss Fielding, haben Sie sich in der letzten Zeit abgespannt oder gereizt gefühlt?”
„Nein, wie ich schon sagte - mir geht es ausgezeichnet. Oder etwa nicht?” Sie war inzwischen nicht mehr beunruhigt, sie hatte Angst.
„Sind Sie und ihr Partner nach der Geburt Ihrer Tochter sexuell wieder aktiv gewesen?”
„Ja, verdammt. Worauf wollen Sie hinaus? Ich sterbe hier gerade vor Angst!”
Die Frauenärztin schrak kurz zusammen. „Verzeihung, das war nicht meine Absicht. Es ist nur so... sehen Sie den Fleck da auf dem Monitor?”
„Ja, den sehe ich. Was ist das, ein Tumor?” Sie erinnerte sich vage daran, dass Janice ihr damals diese Frage gestellt hatte.
„Nein, keineswegs. Das ist ein Kind. Sie
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