Die Königin von Theben
ist, und hatten damit eine mehrere tausend Jahre alte Kultur zerstört. Im Wüten Seths lag für Apophis das Recht, sich auf jedweden Feind zu stürzen, um ihn endgültig auszulöschen.
Von der Höhe seiner Zitadelle aus betrachtete er das regelmäßige Muster der Straßen seiner Stadt. Sie waren rechtwinklig angelegt, damit man die Häuserblöcke besser überwachen konnte. Unter den wenig ansprechenden Gebäuden stachen einige besser ausgestattete ins Auge, die von hohen Militärs bewohnt wurden.
Der Binnenhafen der Stadt war der bedeutendste Ägyptens. Dank der Kriegsschiffe, die dort ankerten, und des unaufhörlichen Ankommens und Abfahrens der Handelsschiffe war die geschäftige Stadt das Handelszentrum des Reichs geworden.
Für Apophis gab es allerdings nichts Schöneres als die trutzige Zitadelle, deren befestigte Außenmauern an der Basis neun Meter breit waren! Er liebte es, bis zu den Zinnen des Wachturms hinaufzusteigen, der den nördlichen Zugang der Festung überwachte, und von dort den Blick über das Gebiet schweifen zu lassen, das ihm gehörte. Ihm, einem Emporkömmling aus Asien, der weder eine berühmte Ahnenreihe noch ein großes Vermögen besessen hatte, bevor er der Herr Ägyptens geworden war! Und sein Einflussgebiet vergrößerte sich von Tag zu Tag.
Ein kleines Lächeln erhellte sein unansehnliches Gesicht mit der vorspringenden Nase, und sein Blick fiel auf den kleinen Garten mit Obstbäumen, der in einem Innenhof im Schutz der Festungsmauern angelegt worden war. Seiner Gemahlin, einer Ägypterin aus dem Delta und verdienstvollen Verräterin (zum Schaden ihrer Landsleute, die sie verachtete), lag viel an dem schattigen Gehege.
Binnen kurzem würde Apophis die Gesandten empfangen, die aus allen Gegenden des Reiches kamen, um ihm Reverenz zu erweisen. In Anerkennung seiner unbezweifelbaren Überlegenheit und seiner herausragenden militärischen Erfolge würden sie sich vor ihm niederwerfen. Diese erfreuliche Zeremonie würde Anlass sein für die Verkündigung einer spektakulären Entscheidung, die den höchsten Herrn der Eroberer zum Gipfel seines Ruhmes führen würde.
Glücklicherweise war die Nacht dunkel. Wolken verdeckten die Sichel des zunehmenden Monds, und man musste den Bezirk der Kornspeicher in der Nähe des Stadttors von Auaris gut kennen, wenn man sich nicht verirren wollte.
Der Bucklige war dort geboren, er kannte jeden Winkel des Viertels, wo der Schwarzhandel gang und gäbe war. Die Abgesandten der Steuerbehörde waren überall gefürchtet. Schon mit der pharaonischen Schatzmeisterei war nicht zu spaßen gewesen, doch die der Hyksos erwies sich als schlichtweg zügellos! Die Arbeiter wurden nach Strich und Faden ausgenommen, sie lebten oft im nackten Elend.
Als ausgezeichneter Kaufmann hatte der Bucklige ein Handelsnetz aufgebaut, von dessen Existenz die Besatzer nichts ahnten. Auch wussten sie nicht, dass die Stoffe, die Sandalen, die Salböle – gewiss immer in ungenügenden Mengen – für die letzte freie Stadt bestimmt waren: Theben.
Obwohl die Mutter des Buckligen aus Syrien stammte, hatte er Ägypten schon immer verehrt und hasste die Invasoren. Er betrachtete sie als eine Bande von Rohlingen, die keinen anderen Gedanken im Kopf hatten, als das Volk auszubeuten und ihre Militärdiktatur zu festigen.
Das Leben in Auaris war zu einem Albtraum geworden. Deshalb hatte der Bucklige begeistert zugestimmt, als ein Bewohner von Edfu, im Süden Thebens, mit ihm in Verbindung getreten war und ihn bei einem geplanten Versuch, den Widerstandsgruppen Getreide zukommen zu lassen, um Hilfe gebeten hatte.
Und an diesem Abend würde die erste Lieferung abgehen, auf einem alten Schiff, das, den Frachtpapieren nach, Töpferwaren transportierte. Die Mannschaft war zuverlässig, mit Ausnahme eines Ruderers aus Kanaan, dessen man sich auf dem Weg entledigen würde.
Seit vielen Jahren hatte der Bucklige keine so aufregenden Stunden mehr durchlebt! Endlich begannen ein paar Ägypter, sich zu erheben. Zugegeben, es war eine lächerlich kleine Minderheit, doch nach den ersten Erfolgen würde sich die Sache notwendigerweise ausweiten.
Die erste große Tat lag vor ihnen: Die Tore einiger Speicher in abgelegeneren Gebieten mussten geöffnet, Getreide musste daraus entnommen und nach Theben befördert werden, wo Mangel an allem herrschte. Und später musste die Operation so oft wie möglich wiederholt werden.
Eine Eule ließ ein lang gezogenes Huuhuu ertönen.
Oder genauer, jemand
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