Die Königin von Theben
Mann. »Verzeihung, ich hatte mich ein wenig aufs Ohr gelegt, ich …«
»Du wirst demnächst viel Arbeit haben, und du solltest deine Mannschaft verdoppeln. Der neue Aufseher der Getreidespeicher, Heray, wird dir Gerste von ausgezeichneter Qualität liefern, und ab morgen wirst du neue Krüge haben. Der Palast verlangt Bier von allererster Güte.«
»Wir werden uns mit Vergnügen an die Arbeit machen, Prinzessin!«
Der Kopf des Ministers für Landwirtschaft ähnelte einem Entenei. Morgens verlängerte er seine Nacht unter einem Sonnenschirm am Rand eines Lotosbassins. Nachmittags nahm er die Berichte seiner Aufseher entgegen. Jeden Tag aufs Neue stellte er mit tiefer Befriedigung fest, dass nichts sich änderte und er immer noch der reichste der thebanischen Würdenträger war.
Sein Koch verwöhnte ihn, und er neigte zum Dickwerden. In Zukunft würde er abends nur noch ein einziges Gericht mit Soße zu sich nehmen.
Seit seiner Ernennung hatte sich seine politische Strategie nicht verändert, die darin bestand, die erworbenen Vergünstigungen zusammenzuhalten. Dank der Schwäche der Königin stieß er mit seiner Strategie auf keine Hindernisse.
Es war ungewöhnlich, dass sein Sekretär ihn noch vor dem Essen zu sprechen wünschte.
»Ich habe Euch Vorkommnisse von größter Tragweite zu berichten.«
»Auf jeden Fall sollten wir Ruhe bewahren.«
»Der Bäcker Heray wurde zum Aufseher der Getreidespeicher ernannt.«
»Na und? Von Zeit zu Zeit müssen eben Ehrentitel vergeben werden.«
»Ihr habt mich falsch verstanden … Er wird Aufseher aller Speicher, einschließlich der Eurigen!«
»Ich hoffe, du machst Scherze!«
»Leider nicht. Auf Befehl des Palasts sind Euren Speichern große Mengen Gerste entnommen und an Bäckereien und Brauereien geliefert worden.«
Der Minister für Landwirtschaft hatte plötzlich keine Lust mehr, seinen Tag in dem gewohnten Dämmerschlaf zu beenden. »Teti die Kleine wagt es, mich zu provozieren!«
»Nein, es handelt sich um ihre Tochter, Prinzessin Ahotep.«
29
E ntnervt ging der Minister für Landwirtschaft vor der Tür des Audienzsaals der Königin auf und ab. Teti die Kleine würde dieser neue Affront teuer zu stehen kommen. Sie musste ihm nicht nur seinen Besitz zurückgeben, sondern er würde sie auch zwingen, ihm gutes Ackerland als Entschädigung zukommen zu lassen. Dass ihre Tochter verrückt geworden war, ging ihn nichts an; sollte sich die offizielle Herrscherin Thebens doch besser um ihren Sprössling kümmern!
»Ihre Majestät erwartet Euch«, verkündete der Haushofmeister Qaris sehr ruhig.
»Es wird aber auch Zeit!«
Der Minister nahm wahr, dass der kleine Saal neu gestrichen worden war.
Auf einem Thron aus vergoldetem Holz mit Füßen in Form von Stierhufen saß Prinzessin Ahotep in einem weißen Gewand. An den Handgelenken trug sie goldene Armspangen.
»Ich möchte nicht Euch sehen, sondern die Königin!«
»Du siehst sie.«
»Was soll das heißen?«
»Verbeuge dich vor der Herrscherin der Zwei Reiche.«
»Der Herrscherin …«
»Verbeuge dich, oder ich lasse dich festnehmen wegen Missachtung der Königswürde!«
Der Ton der jungen Frau war so gebieterisch, dass den Minister die Angst packte.
»Ich wusste nicht, Majestät, ich …«
»Jetzt weißt du es. Und hier meine ersten Beschlüsse: Ich werde mehrere Posten abschaffen, die in Zeiten des Krieges unnötig geworden sind. Heray, der Aufseher der Getreidespeicher, wird sich um die Landwirtschaft kümmern.«
»Ihr wollt sagen … dass ich nicht mehr Minister bin?«
»Du hast mich richtig verstanden.«
»Dieser Heray ist ein Niemand, Majestät, nur ein einfacher Bäcker, der von der Verwaltung der Reichtümer unserer Provinz keine Ahnung hat!«
»Aber Heray ist ehrlich. Zur Unterstützung unseres Krieges werden deine Ländereien und deine Besitztümer beschlagnahmt. Ich lasse dir nur eine einzige Villa, die einfachste. Dort wirst du für unsere Soldaten Hühner züchten. Und du solltest dich bemühen, deine Sache gut zu machen, um nicht noch tiefer zu fallen.«
»Majestät …«
»Die Audienz ist beendet.«
Der ehemalige Minister hatte seine Vertrauten um sich versammelt, um einen Gegenschlag vorzubereiten, der es in sich hätte. Doch keiner wollte ihm Folge leisten.
»Warum diese Panik?«, ereiferte sich der Würdenträger. »Ahotep ist harmlos, sie steht auf verlorenem Posten!«
»Nicht so ganz«, widersprach sein Sekretär. »Ahotep hat die bedingungslose Unterstützung von
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