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Die Königin von Theben

Die Königin von Theben

Titel: Die Königin von Theben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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schreibe, die jeden erwartet, der es wagt, sich gegen ihre Herrschaft zu erheben. Diesen Bericht habe ich gerade zerrissen. Kommt mit zu mir.«
    Babay führte das königliche Paar zu seiner Behausung, einem kleinen, zweistöckigen Haus in der Nähe des Tempels. Bevor er eintrat, betrachtete der Alte die Ruinen seiner Stadt. »Wenn Ihr wirklich König und Königin seid, dürft Ihr niemals mit den Barbaren verhandeln, die diese Stadt in Schutt und Asche gelegt und ihre Bewohner grausam gequält haben.«
    Die Plünderer hatten nur eine Matte und eine alte Schreibpalette im Haus übrig gelassen.
    Babay setzte sich. »Ich bin müde … zu müde, um zu den Waffen zu greifen.«
    »Qaris, unser Haushofmeister, ist davon überzeugt, dass Ihr uns helfen könnt«, sagte Ahotep vorsichtig. »Er sagt, Ihr verfügt über ausgezeichnete Boten.«
    Babay lächelte.
    »Ausgezeichnet, sehr fähig, das ist wahr … Aber sie sind wahrscheinlich nicht mehr am Leben.«
    »Ihr wisst es nicht sicher?«
    »Ich habe ihre Dienste schon lange nicht mehr in Anspruch genommen … Steigen wir zur Terrasse hinauf, ich werde ihren Anführer rufen.«
    Der Alte pfiff eine stark rhythmisierte Melodie.
    Bald darauf erschien eine hübsche Taube, weiß und braun, die sich zu Babays Füßen niederließ.
    »Du lebst noch, Graukopf! Bring mir die anderen her!«
    Der Vogel flog wieder zum Himmel empor. Nach kurzer Zeit kehrte er mit sechs weiteren Brieftauben zurück.
    »Alle unversehrt!«, rief Babay gerührt. »Die Götter haben uns also nicht verlassen … Über ein Jahr habe ich sie dressiert, und jetzt muss ich Euch beibringen, wie man ihnen genaue Anweisungen gibt. Wenn Euer Geist mit dem ihren in Verbindung tritt, werden sie dorthin fliegen, wohin Ihr sie schickt, und dann zum Ausgangspunkt zurückkehren.«
    Ahotep wurde bald klar, dass diese Vögel außerordentlich klug waren. Sie verstanden schnell, dass nicht mehr Babay, sondern Ahotep ihre Befehlshaberin war, und dass sie ihr gehorchen mussten.
    »Gebt mir eine Woche, Majestät, und diese Tauben werden verlässliche Boten sein, die Euch niemals hintergehen.«
    Babays Zöglinge waren fähig, eintausendzweihundert Kilometer in einem Zug zu fliegen, sie bewegten sich mit einer Geschwindigkeit von achtzig Kilometern in der Stunde und verloren auf Grund ihres angeborenen, auf dem Erdmagnetismus beruhenden Orientierungssinnes niemals die Richtung aus dem Auge. Ihre geringe Zahl stellte nur ein vorübergehendes Problem dar, denn ein Weibchen legte etwa zehn Tage nach der Paarung zwei Eier, und die Jungen brauchten nach dem Schlüpfen nicht mehr als einen Monat, um als Lehrlinge ihre Arbeit aufzunehmen.
    »Was für wunderbare Rekruten!«, rief Seqen begeistert. »Dank ihrer Hilfe wird die Blockade der Hyksos bald völlig wirkungslos sein.«
    »Ihr dürft nicht hier bleiben«, sagte Ahotep zu dem Alten. »Wir nehmen Euch nach Theben mit.«
    »Das kommt nicht in Frage, Majestät. Ich bin hier geboren und habe mein ganzes Leben hier verbracht. Für mich gibt es keinen schöneren Ort. Eines Tages – wenn Ihr das Gesetz der Maat respektiert, und wenn Ihr stark genug seid, um alle Hindernisse zu überwinden, Niederlagen und Verrat – werdet Ihr nach Nekheb zurückkehren und meiner Stadt ihren verlorenen Glanz zurückgeben.«
    »Wir können Euch nicht im Stich lassen«, bekräftigte Seqen.
    »Lasst mich ein wenig Wein trinken, Majestät.«
    Der weise Alte setzte sich auf eine Bank. Er nahm den Krug, trank und stellte ihn ab. Dann legte er sich hin und schob ein Kissen unter seinen Kopf.
    Ruhig und gefasst hauchte er seine Seele aus.

33
    D er Magere, der Dicke, der Bärtige, der Hitzkopf, der Ungeduldige und ihre Kollegen hatten alle etwas gemeinsam: Sie schimpften gern auf Ahotep, die sie aus ihrer alltäglichen Gewohnheit gerissen und ihnen Posten als Wäscher zugewiesen hatte. Sie mussten Kleidungsstücke, Tücher und verschiedene Stoffe in große Kessel tauchen, mit klarem Wasser spülen, die Wäsche auswringen, sie mit hölzernen Bleueln schlagen, sie zum Trocknen aufhängen, sie sorgfältig falten und manchmal sogar parfümieren. Die Herrinnen der thebanischen Häuser hatten ihren Sinn für Reinlichkeit wieder gefunden, und die ganze Stadt, einschließlich der ärmeren Viertel, sah allmählich wieder schmuck und sauber aus.
    Die Arbeit war so mühselig, dass die Wäscher darüber die lastende Gefahr der Eroberung vergaßen und an nichts anderes mehr denken konnten als an ihre Arbeitsbedingungen, die

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