Die Königin von Theben
Folterer hatte keine Zeit zu antworten, denn ein Pfeil bohrte sich in seinen Bauch.
Der Afghane tötete ganz allein zwei weitere Hyksos, während der Schnauzbart seinen Wurfspieß dem vierten in die Eingeweide rammte, bevor er seiner Wut freien Lauf ließ und einen fünften erwürgte.
Der einzige Überlebende war der Anführer. Er sah sich dem Afghanen gegenüber, dessen Blick ihm panische Angst einjagte.
»Ich bin ein Polizist des Königs … Wenn du mir auch nur ein Haar krümmst, ist dein Schicksal besiegelt!«
»Überlass ihn mir«, verlangte der Schnauzbart.
Der Polizist versuchte zu fliehen, doch der Ägypter war viel schneller als er. Er holte ihn ein und zog ihn an den Haaren zur Schmiede.
»Jetzt ist es an dir, das Feuer zu kosten!«
Der Anführer des Hyksoskommandos sträubte sich vergeblich. Sein Gesicht wurde in die Glut gedrückt, und seine Zunge verbrannte, als er den Mund öffnete, um zu schreien.
Gleichgültig sah der Afghane seinem schrecklichen Todeskampf zu, um dann den Leichnam des Reisenden zu untersuchen.
»Komm her, Schnauzbart … Sie haben ihm ein Stückchen Leinwand in seine Tunika eingenäht. Und es steht ein äußerst merkwürdiges Zeichen darauf, in roter Tinte.«
»Sieht aus wie die Mondscheibe in der Barke …«
»Zweifellos eine Botschaft … Aber er kann sie leider nicht mehr für uns entziffern. Jedenfalls hat er große Gefahren auf sich genommen, um sie zu übermitteln.«
»Für wen war sie bestimmt?«
»Sicher nicht für die Hyksos.«
»Dann«, sagte der Schnauzbart, »suchte er nach Aufständischen! Und wenn es sich um einen Abgesandten aus Theben handelte?«
»Wir sollten nicht zu optimistisch sein. Aber behalten wir dieses Zeichen im Gedächtnis.«
Der Afghane zerriss das Stück Leinwand und verbrannte es. Wenn es sich um ein Erkennungszeichen handeln sollte, musste es so lange wie möglich geheim bleiben.
»Wird ein weiterer Bote kommen?«, fragte sich der Schnauzbart beunruhigt. »Vielleicht war das der letzte Hilferuf der Stadt Amuns.«
»Würde Theben das Symbol der Mondscheibe benutzen?«
»Meines Wissens nicht.«
»Wir sollten Theben vergessen und vielmehr an eine kleine Gruppe von Aufständischen denken, die versucht, sich zu erkennen zu geben.«
»Wie sollen wir sie aufspüren?«
»Es gibt nur eine Lösung: Wir müssen weiter nach Süden gehen.«
»Dort gibt es überall Patrouillen der Hyksos!«
»So erfahren wir, wo sie sind.«
Obwohl ihr Bauch täglich dicker wurde, blieb Ahotep so aktiv wie immer. Sie hatte die traditionellen wirtschaftlichen Kreisläufe in der thebanischen Enklave wiederbelebt, die Betrüger bestraft und so das Vertrauen in ihre Herrschaft wiederhergestellt. Die Thebaner verbrachten ihre Zeit nicht mehr damit, sich gegenseitig zu bespitzeln oder sich in der Furcht vor dem nächsten Tag zusammenzukrümmen, sondern sie knüpften neue Bande der Nachbarschaft und Freundschaft, und überall wurde Ahotep gerühmt, die die Kranken besuchte und den Armen zu essen gab. Die junge Königin war sich bewusst, dass dies nicht die Zeit war, große Reden zu halten, und kümmerte sich vor allem um die alltäglichen Dinge.
»Hast du Neuigkeiten von unseren Boten?«, fragte sie ihren Haushofmeister Qaris.
Das Gesicht des Angesprochenen verdüsterte sich.
»Leider nicht, Majestät. Sicher hat keiner von ihnen überlebt. Ich fürchte, es ist unmöglich, die Straßensperren der Hyksos zu überwinden. Und wahrscheinlich gibt es keinen Aufständischen mehr nördlich von Koptos.«
»Ich bin davon überzeugt, dass das Gegenteil der Fall ist, Qaris! Dass die Feiglinge, die Ängstlichen und die Kollaborateure die Mehrheit sind, das glaube ich auch … Aber ein paar Menschen werden sich nicht knechten lassen, trotz Unterdrückung und Verfolgung. Und zu diesen Menschen gilt es, Kontakt aufzunehmen.«
»Noch mehr Männer in den sicheren Tod zu schicken, scheint mir ausgeschlossen, Majestät.«
»Wir müssen unsere Isolation überwinden und erfahren, auf wen wir zählen können. Ohne Verbindung mit der Außenwelt wird Theben verkümmern.«
Qaris zögerte. »Vielleicht kann einer unserer letzten Verbündeten, wenn er noch in dieser Welt weilt, uns helfen … Aber ich möchte Euch nicht zu viel Hoffnung machen.«
»An wen denkst du?«
»An Babay, den alten Weisen von Nekheb, der einst über ausgezeichnete Boten verfügte. Wenn es sie noch gibt, könnten sie uns von größtem Nutzen sein.«
»Ich reise sofort nach Nekheb.«
»Majestät, in
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