Die Königin von Theben
dieser Angriff zum Scheitern verurteilt wäre, könnten wir dann wenigstens in Würde sterben.«
»Erhebe dich!«
Emheb stand die Rührung ins Gesicht geschrieben. »Darf ich glauben, Majestät, dass Theben unversehrt ist und bereit zum Kampf?«
»Vergiss deinen selbstmörderischen Angriff. Um eine richtige Armee auszubilden, brauchen wir Geduld, und wir müssen lernen, alles im Geheimen zu tun.«
»Ihr könnt auf mich zählen, Majestät.«
»Ich bin nicht allein, Emheb. Hier ist mein Gemahl, der Pharao Seqen.«
Ahotep dachte schon, der dicke Fürst würde in Ohnmacht fallen.
»Ein König … Wir haben einen König! Majestät, Ihr wirkt Wunder!«
»Im Augenblick brauchen wir Salben, Schminke und Leute, die diese Dinge herstellen können.«
Ein breites Lächeln erstrahlte auf Emhebs Gesicht. »Trotz aller Nachforschungen haben die Hyksos nie herausgefunden, wo ich meinen Weihrauch und meinen Styrax verstecke! Ich verfüge außerdem über einen beträchtlichen Vorrat an Salben verschiedener Qualität; Ihr könnt sowohl Tempel wie Einzelhändler damit beliefern. Was die Hersteller betrifft, so befinden sich hier in Edfu die besten von ganz Ägypten. Einige werden mit Euch nach Theben zurückfahren. Kommt mit, wir schauen uns meine Schätze an … Sie haben nur auf ein neues Königspaar gewartet!«
Mit einer Begeisterung, die bald auf seine Gäste übersprang, zeigte Emheb seinen Gästen die unterirdischen Kammern des Heiligtums, das Räucher- und Salbgefäße im Überfluss enthielt.
»Es muss alles so bleiben«, entschied Ahotep. »Die Hyksos sollen weiterhin glauben, dass Nekheb tot ist und Edfu das gleiche Schicksal blüht.«
35
S eqen ging unruhig vor dem Geburtspavillon auf und ab.
»Verstehen die Hebammen wirklich ihr Handwerk?«, fragte er Qaris, der fast genauso nervös war wie er selbst.
»Es sind die besten von Theben, Majestät. Habt keine Angst.«
»Ahotep hat sehr gelitten! In den letzten Wochen hätte sie sich ausruhen sollen … Die Reise nach Edfu hat sie erschöpft.«
»Mit Verlaub, Majestät – sie war mit so viel Erfolg gekrönt, dass die Zukunft licht geworden ist!«
»Ich weiß, Qaris, ich weiß … Aber die Königin hätte sich mehr schonen sollen.«
»Eine ägyptische Königin ist eine ägyptische Königin«, sagte Qaris fatalistisch. »Und wenn sie auch noch Ahotep heißt …«
»Eine Geburt dauert doch nicht so lange!«
»Unsere Hebammen sind den schwierigsten Situationen gewachsen.«
»In der Zeit der Pyramiden zweifellos, aber bestimmt nicht im heutigen Theben! Wenn irgendetwas passiert, werden weder Ahotep noch das Kind überleben.«
Der Haushofmeister hatte nicht den Mut, dem etwas entgegenzusetzen.
Seqen nahm sein unruhiges Hin und Her wieder auf.
In der Stunde, in der die Sonne den höchsten Punkt des Himmels erreichte, trat Teti die Kleine mit einem Säugling auf den Armen aus dem Geburtszimmer.
»Es ist ein wunderhübscher Knabe!«
Seqen wagte nicht, ihn zu berühren.
»Und Ahotep? Wie geht es ihr?«
»Sie strahlt vor Glück.«
Sie waren drei, eine Brünette, eine Rothaarige und eine Dunkelhaarige. Drei Witwen, deren Männer, Eigentümer großer Ländereien im Delta, von den Hyksos deportiert worden waren. Sie hätten sich wie so viele andere ihrem Unglück und ihrer Trauer ergeben können. Doch zu Ehren der Verschleppten hatten sie sich dazu entschlossen, wie echte Ägypterinnen zu handeln.
Zunächst hatten sie selbst das Amt von Totenpriesterinnen übernommen, damit das ka ihrer Ehemänner weiterlebte. Dann hatten sie sich zusammengeschlossen und sich gemeinsam um die Verwaltung ihrer Güter gekümmert. Trotz der Steuererhöhungen war es den drei Frauen gelungen, ihr gesamtes Personal zu behalten, dem sie eine einträgliche Existenz sicherten. In ganz Unterägypten sang man ihr Loblied, das endlich auch an die Ohren der Gemahlin des Königs drang.
Als die schöne Aberia, deren Hände größer waren als die eines kräftigen Bauern, sich am Tor des Hauses melden ließ, wo die drei Witwen lebten, zeigte sich der Pförtner beeindruckt.
»Sind deine Herrinnen da?«
»Natürlich. Suchst du Arbeit?«
»Arbeit? Gleich wirst du nicht mehr wissen, was das ist!«
Die Hände Aberias schlossen sich um den Hals des Pförtners, bis die Kehle knackte. Als der zappelnde Mann erstarrte, ließ sie den Leichnam liegen und ging weiter. Dabei stieß sie auf einige Pächter.
»Wir haben alles gesehen! Du bist eine Verbrecherin!«, riefen sie.
Etwa fünfzig
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