Die Königin von Theben
Vorgang Anerkennung zollen. Er war daran gewöhnt, seine Umgebung ständig nach verdächtigen Bewegungen abzusuchen, und hatte die Anwesenheit der Soldaten doch nicht bemerkt. Sie waren so geräuschlos und rasch aufgetaucht, wie es nur gut geschulte Soldaten vermochten.
Der Schnauzbart hatte ähnliche Gedanken.
Ein Kampf kam nicht in Frage.
»Wer seid ihr?«, fragte einer der Thebaner.
»Wir wollen Königin Ahotep sprechen … Wegen dieses Zeichens.«
Der Schnauzbart zeigte die Hieroglyphe des Mondes, die er in seine Handinnenfläche gemalt hatte.
Der Soldat blieb skeptisch. »Aus welchem Grund wollt ihr mit unserer Herrscherin sprechen?«
»Wir haben ihr wichtige Dinge mitzuteilen.«
»Wir fesseln euch die Hände, und ihr folgt uns. Bei der geringsten verdächtigen Bewegung seid ihr tot.«
Sie war die schönste Frau, die der Afghane je gesehen hatte. Ihr glühender Blick fesselte sofort jeden Mann, und dazu gesellten sich Kraft, Sanftmut und Klugheit.
»Ich stamme aus Afghanistan, der Schnauzbart hier ist Ägypter. Wir sind die Führer einer Widerstandsgruppe in Mittelägypten, und wir stehen in Kontakt mit einigen Bewohnern von Auaris.«
Teti der Kleinen und Qaris stockte der Atem, Heray war völlig überrascht, nur Ahotep zuckte nicht mit der Wimper.
»Welchen Grund sollten wir haben, euch das zu glauben? Woher wissen wir, dass ihr keine Hyksosspione seid?«
»Wir werden euch die Namen unserer Männer preisgeben, die Orte, wo sie sich verstecken, und wir werden euch sagen, wo sich die Festungen und Garnisonen der Hyksos befinden. Wir haben Kämpfer ausgebildet, Waffen geschmiedet, ein Netz von Sympathisanten aufgebaut, aber wir sind nicht in der Lage, uns einen offenen Kampf mit dem Feind zu liefern«, sagte der Schnauzbart. »Immerhin – wir rauben Karawanen aus und beseitigen einen nach dem anderen die Spitzel des Königs, der sich viel besser informiert glaubt, als er in Wahrheit ist.«
Der Afghane und der Schnauzbart redeten, Qaris merkte sich alles. Auf Grund dieser unschätzbaren Informationen würde er sein Modell perfektionieren können. Und ausgehend von den genauen Angaben zu den Befestigungen der Hyksos dachte er bereits an einen Angriffsplan.
»Und wenn sich eure Informationen als Lügen herausstellen?«, fragte Ahotep.
»Wir haben kein anderes Mittel, um Euch zu überzeugen, Majestät.«
»Ich könnte euch den Soldaten der Hyksos ausliefern.«
»Nein, Ihr seid nicht auf ihrer Seite!«, rief der Schnauzbart aus. »Ihr nicht, das ist unmöglich … Im Namen des Pharaos – selbst wenn es auf der Welt keinen Menschen mehr gibt, der das Amt des Pharaos ausübt –, aber ich schwöre, dass wir die Wahrheit sagen! Meine Seele soll verflucht sein, wenn ich lüge!«
Ahotep und Seqen bewunderten einen jener grandiosen Sonnenuntergänge, deren Geheimnis die thebanischen Berge in sich bargen. Bevor die Nacht ihren Triumphzug antrat, leuchtete der Himmel noch einmal auf in Rosa und Orange, und der Fluss glitzerte wie flüssiges Silber.
»Wann nimmst du endlich den Rat des Arztes an und ruhst dich aus?«
»Am Tag nach der Niederkunft, wenn es nötig ist.«
»Der Arzt macht sich wirklich Sorgen, weißt du.«
»Lass ihn reden, Seqen; ich vertraue den Göttern. Geht es mit dem Schiffsbau voran?«
»Zu langsam, viel zu langsam! Die Zimmerleute beklagen sich immer wieder über die schlechte Qualität des Holzes. Es gibt Schwierigkeiten … Ich denke manchmal …«
Ahotep legte ihrem Mann den Finger auf den Mund. »Wir haben so viele Ausdrücke, die zwecklos geworden sind, aus unserem Wortschatz gestrichen, ›Zweifel‹ oder ›Entmutigung‹ … Sie sprechen von Dingen, die nur freie Völker sich leisten können. Mach einfach weiter mit dem Aufbau unseres geheimen Stützpunktes, und stell dir keine unnötigen Fragen.«
Statt einer Antwort umarmte Seqen stürmisch seine geliebte Frau.
»Du musst dein Ungestüm ein wenig zügeln«, sagte sie lächelnd, »eine kleine Weile … Aber wenn du erst unser Kind siehst, wirst du es nicht bereuen.«
Seqen streichelte zärtlich ihr pechschwarzes Haar. »Glaubst du wirklich, dass der Schnauzbart und der Afghane aufrichtig sind?«
»Stellen wir sie auf die Probe. Wenn sie Spione sind, wird ihnen früher oder später ein Fehler unterlaufen. Andererseits – wenn es wirklich eine Widerstandsgruppe im Norden gibt, wird uns das bei der Wiedereroberung unseres Landes eine sehr große Hilfe sein.«
»Kleider haben wir immer noch nicht genug, und
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