Die Königliche (German Edition)
verstecken.«
»Wie alt bist du jetzt?«
»Sechzehn, Königin.«
»Und … und bist du nicht einsam, Hava, wenn du dich die ganze Zeit versteckst?«
Irgendetwas in Havas hübschem Gesicht flackerte.
»Hava?«, fragte Bitterblue, der plötzlich Zweifel kamen. »Siehst du wirklich so aus?«
Das Mädchen ließ den Kopf hängen. Als sie wieder aufblickte, waren ihre Augen immer noch kupferfarben und rot, aber sie saßen in einem Gesicht, das vielleicht etwas zu gewöhnlich für ihre seltsamen Farben war, mit einem großen, schmalen Mund und einer Stupsnase.
Es kostete Bitterblue größte Anstrengung, nicht die Hand zu heben, um Havas Gesicht zu berühren, denn sie verstand plötzlich. Wie gerne würde sie die Traurigkeit vertreiben, die in diesen Augen aufschien und dort nicht hingehörte. Bitterblue mochte Havas Gesicht. »Mir gefällt sehr, wie du aussiehst«, sagte Bitterblue. »Danke, dass du es mir gezeigt hast.«
»Es tut mir leid, Königin«, flüsterte sie. »Es fällt mir schwer, mich nicht zu verstecken. Ich bin so daran gewöhnt.«
»Vielleicht war es aufdringlich von mir zu fragen.«
»Aber es ist eine Erleichterung«, flüsterte sie, »jemandem mein wahres Gesicht zeigen zu können, Königin.«
Am nächsten Tag informierte Hauptmann Smit Bitterblue darüber, dass Runnemood in der Tat nicht nur für Safs fälschliche Anklage verantwortlich gewesen war, sondern auch für den Mord an Ivan dem Ingenieur.
Endlich geht es voran , dachte Bitterblue. Ich werde Helda bitten, meine Spione etwas anzutreiben, um diese Information zu bestätigen.
Am nächsten Tag erklärte Hauptmann Smit Bitterblue, dass sich inzwischen herausgestellt hatte, dass Runnemood auch für den Tod Lady Hoods verantwortlich war, der Frau auf Teddys Liste, die Mädchen für Leck entführt hatte.
»Das war Mord?«, fragte Bitterblue bestürzt. »Runnemood bringt andere Schuldige um?«
»Ich bedaure, aber unsere Untersuchungen legen das nahe, Königin«, sagte Hauptmann Smit. Er sah in letzter Zeit aus, als stünde er unter großem Druck, und Bitterblue zwang ihn ein wenig Tee zu trinken, bevor er ging.
Als Nächstes kam die Nachricht, dass Runnemood einen intensiven Briefwechsel mit Lord Danzhol geführt hatte und vielleicht sogar derjenige war, der Danzhol davon überzeugt hatte, die Königin anzugreifen. Dann die Nachricht, dass keiner der noch lebenden Personen auf Teddys Liste in irgendeiner Weise in Ermordungen, Beschuldigungen oder andere Angriffe auf Wahrheitssucher verwickelt war. Die Toten waren alle von Runnemood ermordet worden.
Am nächsten Tag – dem neunzehnten Tag seit Runnemoods Verschwinden – kam Hauptmann Smit in Bitterblues Schreibzimmer marschiert, reckte das Kinn, ballte die Hände zu Fäusten und präsentierte ihr die Theorie, dass Runnemood allein der Kopf hinter all den Morden an den Wahrheitssuchern und den damit verbundenen Verbrechen gewesen war – möglicherweise, weil die Sehnsucht, nach vorne zu schauen und Lecks Zeit hinter sich zu lassen, eine empfängliche Saite in ihm angeschlagen hatte und ihn wahnsinnig werden ließ.
Darauf konnte Bitterblue wenig erwidern. Ihren Spionen war es bisher nicht gelungen, irgendeine der Sachen, die Smit ihr erzählte, zu bestätigen oder zu widerlegen. Aber es klang in ihren Ohren langsam etwas unglaubwürdig und etwas zu bequem, dass Runnemood und Wahnsinn die einzige Erklärung für etwas sein sollten, das so viel Leid verursacht hatte. Runnemood war nicht Leck; er war noch nicht mal ein Beschenkter. Und Smit, der vor ihrem Tisch stand, zuckte bei jedem kleinsten Geräusch zusammen, obwohl er vorher eigentlich nie den Eindruck gemacht hatte, besonders nervös zu sein. In seinen Augen blitzte eine eigenartige Erregung auf, und wenn er sie ansah, schien er etwas anderes zu sehen.
»Hauptmann Smit«, sagte sie ruhig. »Warum sagen Sie mir nicht, was wirklich los ist?«
»Das habe ich Ihnen doch gesagt, Königin«, erwiderte er. »Wirklich, das habe ich. Wenn Sie mich entschuldigen wollen, Königin, gehe ich in mein Schreibzimmer und komme mit Beweisen wieder.«
Er ging, kam aber nicht zurück.
Bo , dachte Bitterblue, während sie sich durch die Papiere auf ihrem Schreibtisch arbeitete. Du musst dringend mit dem Hauptmann der Monsea-Wache sprechen. Er belügt mich. Irgendetwas stimmt da ganz und gar nicht.
Bo versuchte es zwei Tage lang, dann schickte er Bitterblue schließlich eine Nachricht. Ich kann ihn nicht finden, Biber. Er ist weg.
Der junge Mann
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