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Die Königliche (German Edition)

Die Königliche (German Edition)

Titel: Die Königliche (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Cashore
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auf ihrem Kopf. Plötzlich hob sie die Augen und begegnete Bitterblues Blick aus dem hohen Galeriefenster.
    Bitterblue musste unbedingt ihre Haare sehen.
    Wie durch Zauberei nahm die Frau den Hut ab und ließ ihr Haar offen über die Schultern fallen, scharlachrot, goldfarben und rosa, mit silbernen Strähnen durchsetzt.
    Es war die Frau von dem Wandbehang in der Bibliothek und Bitterblue wusste nicht, warum sie weinte.

Sie kamen aus einem Land, das östlich des Gebirges lag und die Dells hieß, und sie kamen in friedlicher Absicht. Und einige von ihnen waren aus einem Land namens Pikkia nördlich der Dells, das gelegentlich Krieg mit den Dells führte, im Moment herrschte jedoch Frieden zwischen den beiden – oder nicht? Es war schwer zu verstehen, weil keiner von ihnen viel von der Sprache aus Monsea zu beherrschen schien. Bitterblue wusste, welche Sprache sie vermutlich sprachen, aber die einzigen Wörter, an die sie sich erinnern konnte, waren Spinnweben und Monster . Und sie war immer noch in Tränen aufgelöst.
    »Todd«, sagte sie, »irgendjemand soll Todd holen. Katsa, bitte sei einen kleinen Moment still.« Sie brauchte Ruhe, weil hier im Schlosshof etwas Ungewöhnliches passierte. Die Stimmen, das Bedürfnis, verworrene Dinge zu verstehen, und all dieses Gequassel  – all das lenkte sie ab.
    Alle standen stumm da und warteten.
    Bitterblue konnte die Augen nicht von der Frau von dem Wandbehang abwenden. Und das Ungewöhnliche ging von dieser Frau aus: Das wurde Bitterblue jetzt klar; sie veränderte irgendwie die Atmosphäre, veränderte die Art, wie Bitterblue sich fühlte. Sie versuchte normal zu atmen, versuchte sich nicht davon überwältigen zu lassen. Versuchte die Einzelteile der Frau wahrzunehmen, statt von ihrem … unglaublichen Ganzen erfüllt zu werden. Ihre Haut war braun, ihre Augen waren grün und ihre Haare … Bitterblue verstand die Haare der Frau, weil sie das Rattenfell gesehen hatte, aber das Fell war keine lebendige, atmende Frau gewesen, und es hatte ihr nicht das Gefühl gegeben, als würde ihr Kopf in Schwingungen versetzt.
    Die Luft war getränkt vom Gefühl angewandter Macht.
    »Was machen Sie mit uns?«, flüsterte Bitterblue der Frau zu.
    »Sie versteht dich, Bitterblue«, sagte Katsa, »obwohl sie nicht unsere Sprache spricht. Sie kann dir antworten, aber nur mit deiner Einwilligung, weil sie es im Geiste tut. Es wird sich anfühlen, als wäre sie in deinem Kopf.«
    »Oh«, sagte Bitterblue und trat einen Schritt zurück. »Nein. Niemals.«
    »Sie kommuniziert nur, Bitterblue«, sagte Katsa sanft. »Sie raubt dir nicht deine Gedanken oder verändert sie.«
    »Aber das könnte sie, wenn sie wollte«, sagte Bitterblue, die die Geschichten ihres Vaters über eine Frau, die so aussah wie diese und ein giftiges Bewusstsein besaß, gelesen hatte. Hinter ihr hatte sich der Schlosshof mit Dienern, Schreibern, Wachleuten gefüllt, mit Giddon, Bann, Raffin, Helda, Hava, Anna der Bäckerin, Ornik dem Schmied, Dyan der Gärtnerin, Froggatt, Holt. Und immer noch mehr kamen dazu und alle starrten sie staunend eine Frau an, die dastand und irgendetwas ausstrahlte .
    »Sie will deine Gedanken oder die irgendeines anderen hier nicht verändern, Bitterblue«, sagte Katsa. »Und sie sagt mir, dass sie das in deinem Fall auch gar nicht könnte, weil du ein gutes, starkes Bewusstsein hast, das sich ihrem Einfluss entzieht.«
    »Ich habe Übung darin«, sagte Bitterblue mit leiser, fester Stimme. »Wie funktioniert ihre Macht? Ich will genau wissen, wie es funktioniert.«
    Bo mischte sich ein. »Biber«, sagte er und seine Stimme deutete an, dass sie vielleicht ein wenig unfreundlich war. »Ich kann dich verstehen, aber vielleicht möchtest du sie zunächst begrüßen und sie aus der Kälte bringen? Sie sind einen weiten Weg hergekommen, um dich kennenzulernen. Sie würden vermutlich gerne in ihre Zimmer gehen.«
    Bitterblue verfluchte die Tränen, die ihr immer noch über die Wangen liefen.
    »Vielleicht hast du die Ereignisse der letzten paar Tage vergessen, Bo«, sagte sie schlicht. »Es schmerzt mich, wenn ich unfreundlich bin, und ich bitte dafür um Entschuldigung. Aber, Katsa, du hast eine Frau, die Gedanken kontrollieren kann, in ein Schloss gebracht, in dem die Menschen ganz besonders empfindlich auf so etwas reagieren. Sieh dich um«, sagte sie und zeigte auf den Hof, der sich immer weiter mit Leuten füllte. »Glaubst du, es tut ihnen gut, hier zu stehen und sie gedankenlos

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