Die Königliche (German Edition)
auf seinem Gesicht aus. »Gib mir deine Hand«, flüsterte er.
Bitterblue gab ihm ihre kleine, kräftige Hand. Seine Hände waren lang und schön geformt, mit Tintenrändern an den Fingernägeln. Und kraftlos. Sie brachte seine Hand mit ihrer Kraft dahin, wo er sie hinzog. Er hielt ihre Finger an seinen Mund und küsste sie.
»Danke für das, was du getan hast«, flüsterte er. »Ich habe immer gewusst, dass du uns Glück bringen würdest, Sparks. Wir hätten dich Lucky nennen sollen.«
»Wie geht es dir, Teddy?«
»Erzähl mir eine Geschichte, Lucky«, flüsterte er. »Erzähl mir eine der Geschichten, die du gehört hast.«
Sie hatte nur eine Geschichte im Kopf: die Erzählung von Prinzessin Bitterblues Flucht aus der Stadt vor acht Jahren mit Königin Ashen; wie sie die Prinzessin auf einem Schneefeld kniend fest umarmt und geküsst hatte. Und ihr dann ein Messer gegeben und sie vorausgeschickt hatte, ihr gesagt hatte, obwohl sie nur ein kleines Mädchen sei, habe sie das Herz und den Verstand einer Königin, stark und entschlossen genug, um zu überleben, was sie erwartete.
Bitterblue löste ihre Hand aus Teddys. Sie legte die Finger an die Schläfen und rieb sie, atmete tief durch, um ruhiger zu werden.
»Ich werde dir die Geschichte von einer Stadt erzählen, wo der Fluss in den Himmel springt und fliegt«, sagte sie.
Etwas später schüttelte Saf sie an der Schulter. Sie schrak mit schmerzhaft verkrampftem Nacken auf und stellte fest, dass sie auf dem harten Stuhl eingedöst war. »Was ist los?«, rief sie. »Was ist passiert?«
»Psst!«, sagte Saf. »Du hast aufgeschrien, Sparks. Und Teddy im Schlaf gestört. Ich dachte, es wäre ein Albtraum.«
»Oh«, sagte sie und wurde sich bewusst, dass sie wahnsinnige Kopfschmerzen hatte. Sie löste ihre Zöpfe, öffnete ihr Haar und rieb sich die schmerzende Kopfhaut. Teddy schlief neben ihr, sein Atem ein leises Pfeifen. Tilda und Bren stiegen gerade zusammen die Treppe zur darüberliegenden Wohnung hinauf. »Ich glaube, ich habe davon geträumt, wie mein Vater mir das Lesen beigebracht hat«, sagte Bitterblue unbestimmt. »Davon hat mir der Kopf wehgetan.«
»Du bist vielleicht seltsam«, sagte Saf. »Leg dich vor dem Kamin schlafen, Sparks. Träum was Schönes, von Babys. Ich bringe dir eine Decke und wecke dich, bevor es hell wird.«
Sie legte sich hin, schlief ein und träumte davon, ein Baby im Arm ihrer Mutter zu sein.
Bitterblue rannte in tiefer grauer Dämmerung zurück zum Schloss. Sie lieferte sich ein Wettrennen mit der Sonne in der inbrünstigen Hoffnung, dass Bo nicht schon wieder vorhatte, ihr das Frühstück zu verderben. Mach heute Morgen etwas Sinnvolles , dachte sie an ihn gerichtet, als sie sich ihren Räumen näherte. Tu etwas Heldenhaftes vor Publikum. Schubse ein Kind in den Fluss, wenn niemand hinsieht, und rette es dann.
Als sie ihre Räume betrat, stand sie Fox gegenüber, die mit einem Staubwedel im Vorraum sauber machte. »Oh«, sagte Bitterblue und dachte fieberhaft nach, ohne dass ihr eine originelle Ausrede einfiel. »Verdammt.«
Fox betrachtete die Königin ruhig mit ihren unterschiedlich grauen Augen. Sie trug einen neuen Kapuzenumhang, der genauso aussah wie der alte, den Bitterblue in diesem Moment anhatte. Der Unterschied zwischen den beiden Frauen war deutlich: Bitterblue klein, unauffällig, schuldbewusst und nicht besonders sauber; Fox groß und bemerkenswert, und ohne jeden Grund, sich zu schämen.
»Königin«, sagte sie, »ich werde keiner Menschenseele etwas verraten.«
»Oh, danke«, erwiderte Bitterblue, ganz aufgekratzt vor Erleichterung. »Vielen Dank.«
Fox neigte den Kopf, trat zur Seite, und die Sache war erledigt.
Minuten später, als sie in der Badewanne lag, hörte Bitterblue, wie Regen auf das Schlossdach prasselte.
Sie war dem Himmel dankbar dafür, dass er gewartet hatte, bis sie zu Hause war.
Regen strömte über die schrägen Dächer ihres Schreibzimmers und floss in die Regenrinnen.
»Thiel?«
Er stand am Stehpult und seine Feder kratzte über Papier. »Ja, Königin?«
»Thiel, nachdem er Sie niedergeschlagen hatte, hat Lord Danzhol ein paar Dinge gesagt, die mir Sorgen bereiten.«
»Oh.« Thiel legte die Feder weg und kam voller Anteilnahme zu ihr. »Das tut mir leid zu hören, Königin. Wenn Sie mir sagen, was es war, sind wir sicher in der Lage, es zu lösen.«
»Er war eine Art Vertrauter von Leck, oder?«
Thiel blinzelte. »War er das, Königin? Was hat er Ihnen gesagt?«
»Was
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