Die Königliche (German Edition)
hat es bedeutet, ein Vertrauter von Leck zu sein?«, fragte Bitterblue. »Ich weiß, solche Fragen mögen Sie nicht, Thiel, aber ich muss die Grundzüge dessen, was geschehen ist, kennen, um zu wissen, wie ich meinem Volk helfen kann, verstehen Sie?«
»Königin«, sagte Thiel, »der Grund dafür, dass ich solche Fragen nicht mag, ist, dass ich die Antwort nicht kenne. Wie Sie wissen, hatte ich selbst meine Zusammenstöße mit König Leck, wie wir vermutlich alle, und alle würden wir vorziehen, nicht darüber zu reden. Aber er verschwand manchmal stundenlang, Königin, und ich habe nicht die geringste Ahnung, wo er hinging. Ich weiß nichts außer der schlichten Tatsache, dass er wegging. Keiner Ihrer Ratgeber weiß es. Ich hoffe, Sie glauben mir das und behelligen die anderen nicht. Rood ist gerade erst wieder zur Arbeit zurückgekehrt. Sie wissen, dass er nicht sehr stark ist.«
»Danzhol hat mir gesagt«, log Bitterblue, »dass er alles, was er seinem Volk gestohlen hat, in Lecks Auftrag geraubt hat und dass andere Lords ebenfalls für Leck ihr Volk bestohlen haben. Das bedeutet, dass es dort draußen noch andere Lords und Ladys wie Danzhol gibt, Thiel, und es bedeutet auch, dass es Bürger gibt, die von Leck bestohlen wurden und die von einer Entschädigung profitieren könnten. Sie verstehen doch, dass die Krone vom Volk haftbar gemacht werden kann, Thiel? Es wird uns allen helfen, nach vorne zu schauen, wenn solche Schulden beglichen werden.«
»Oje.« Thiel stützte sich mit einer Hand auf dem Schreibtisch ab. »Verstehe. Aber Lord Danzhol war verrückt, Königin.«
»Ich habe meine persönlichen Spione gebeten, ein paar Nachforschungen anzustellen, Thiel«, improvisierte Bitterblue schnell. »Es scheint, dass Danzhol die Wahrheit gesagt hat.«
»Ihre persönlichen Spione«, wiederholte Thiel. Sein Blick begann sich zu verwirren und wurde dann ausdruckslos, so unvermittelt, dass Bitterblue den Arm ausstreckte, um das zu verhindern.
»Nein«, sagte sie flehend zu dem verblassenden Gefühl in seinen Augen. »Bitte, Thiel, nicht. Warum tun Sie das? Ich brauche Ihre Hilfe!«
Aber Thiel war völlig in sich versunken, sprach nicht und schien sie noch nicht einmal zu hören.
Es ist, als würde man mit einer leeren Hülle allein gelassen , dachte Bitterblue. Und es kommt immer so plötzlich. »Ich gehe einfach nach unten und frage einen der anderen«, sagte sie.
Eine raue Stimme drang irgendwo aus seiner Mitte. »Verlassen Sie mich bitte noch nicht, Königin«, sagte er. »Bitte warten Sie. Ich habe die richtige Antwort. Darf ich … darf ich mich setzen, Königin?«
»Natürlich!«
Schwerfällig ließ er sich nieder. Nach einer Weile sagte er: »Das Problem ist die Generalamnestie, Königin. Die Generalamnestie und die Tatsache, dass es unmöglich ist, zweifelsfrei nachzuweisen, dass diejenigen, die gestohlen haben, das für Leck und nicht für sich selbst getan haben.«
»War nicht der Anlass für die Generalamnestie gerade die Annahme, dass Leck der wahre Grund für alle Verbrechen war?«
»Nein, Königin«, sagte Thiel. »Der Anlass für die Generalamnestie war das Eingeständnis, dass es uns nicht möglich ist, jemals die Wahrheit herauszufinden.«
Was für eine ernüchternde Vorstellung. »Trotzdem muss irgendjemand die Opfer entschädigen.«
»Meinen Sie nicht, dass die Bürger es Ihnen sagen würden, wenn sie entschädigt werden wollten, Königin?«
»Haben sie denn die Möglichkeit dazu?«
»Jeder kann dem Hof einen Brief schreiben, Königin, und alle Briefe werden von unseren Schreibern gelesen.«
»Können sie denn schreiben?«
Thiels Blick, der auf ihr ruhte, war jetzt wach und zeigte, dass er genau verstand, was sie meinte. »Nach der gestrigen Diskussion, Königin«, sagte er, »habe ich Runnemood noch mal auf die Statistiken zur Lesefähigkeit angesprochen. Ich muss leider sagen, dass er wirklich zugegeben hat, sie zu schönen. Er hat die Angewohnheit … sich bei seinen Angaben zu sehr von Optimismus leiten zu lassen. Das ist«, Thiel räusperte sich dezent, »eine der Eigenschaften, die ihn draußen in der Stadt zu einem wertvollen Vertreter des Hofes machen. Aber uns gegenüber muss er natürlich offen sein. Von jetzt an wird er das auch, das habe ich ihm deutlich gemacht. Und ja, Königin«, fügte Thiel mit fester Stimme hinzu, »genug Bürger können schreiben; Sie haben ja die Unabhängigkeitsanträge gesehen. Ich bleibe dabei, dass sie uns schreiben würden, wenn sie
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