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Die Kolonie

Die Kolonie

Titel: Die Kolonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Bova
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erschien das Bild einer jungen Frau auf
dem Schirm.
    Keuchend, mit eingefallenem Gesicht und schwacher Stimme
veranlaßte Bahjat eine Überweisung von ihrer italienischen
Bank an die Zweigstelle in Santa Rosa. Der Besitzer nannte eine
Summe, Bahjat bot die Hälfte, und schließlich einigte man
sich auf drei Viertel der Summe. Die Italienerin verschwand für
einige Augenblicke vom Bildschirm, dann erschien sie wieder und
bestätigte die Überweisung. Die Verbindung brach
plötzlich ab.
    Der Besitzer schenkte Drinks ein und schickte dann einen Boten zur
automatischen Bankfiliale. Die Überweisung würde in wenigen
Minuten erfolgen: Transaktionen von Computer zu Computer liefen mit
elektronischer Geschwindigkeit ab, solange der Mensch nicht
eingriff.
    »Die Dame braucht einen Arzt«, meinte der Besitzer,
während sie auf die Rückkehr des Boten warteten.
    »Ja«, stimmte ihm David zu. »Gibt es hier einen
Arzt?«
    Der Mann mit dem Rattengesicht zuckte die Achseln.
»Früher gab es in Santa Rosa eine ganze
Ärztestraße. Aber unsere Stadt stirbt langsam aus. Es gibt
keine Arbeit mehr, und die Ärzte sind mit den Arbeitsstellen
verschwunden. Wir haben noch einen, aber der ist auf der Notstation
draußen in den Bergen. Die haben dort irgendeine Seuche. Sie
sollten da besser nicht hin. Es ist viel zu gefährlich wegen der
Ansteckungsgefahr.«
    »Wo können wir also ärztliche Hilfe
finden?«
    »Ich werde dafür sorgen«, sagte der Besitzer.
»Ohne Aufgeld«, setzte er stolz hinzu.
    Bahjat lächelte ihm zu. »Wir haben Ihnen mehr gegeben,
als Sie erwartet haben?« fragte sie mit leiser, kaum
hörbarer Stimme.
    Der Mann lächelte zurück. »Geld spielt keine Rolle,
wenn es um das Wohlergehen einer hübschen jungen Dame
geht.«
    Dann stürzte endlich der Bote mit breitem Grinsen in den
kleinen Raum. Er holte ein Bündel Internationaler Dollars aus
den Taschen seiner engen Jeanshosen und ein ebenso dickes Bündel
Papiere.
    »Ach«, seufzte der Besitzer, »auch Internationale
Dollars. Sie sind besser als argentinische Pesos.«
    Während er sie seiner Zuneigung versicherte, führte der
Besitzer einige Telefongespräche und fuhr dann Bahjat und David
höchstpersönlich in einem alten, verstaubten Diesel zum
kleinen, verkommenen Landeplatz von Santa Rosa. Dort wartete schon
eine kleine zweimotorige Turbopropmaschine. Am Steuer saß
bereits ein weißhaariger Pilot, der die Triebwerke warmlaufen
ließ.
    David und der Lokalbesitzer hoben Bahjat ins Flugzeug. Dann
deutete der kleine Mann mit dem dunklen Gesicht gegenüber David
eine Verbeugung an.
    » Vaya con dios«, rief er, den Motorenlärm
übertönend. »Am Landeplatz wird Sie ein Arzt erwarten.
Und ich darf Ihnen versichern, daß die Polizei mein Telefon
nicht angezapft hat.«
    David schüttelte die Hand, die ihm der Lokalbesitzer
entgegenstreckte, und dachte bei sich: Ich bedanke mich bei einem
Verbrecher für seine illegalen Machenschaften. Dann
kletterte er ins Flugzeug und half Bahjat, den Sicherheitsgurt
anzulegen.
    Das Flugzeug hob geräuschvoll ab, und es rüttelte und
schlingerte so sehr, daß David befürchten mußte,
irgendwelche Bestandteile würden sich lösen und zu Boden
stürzen. Aber das Flugzeug hielt.
    Sie saßen nebeneinander hinter dem Piloten, einem
gesprächigen, lächelnden Mann mit rundem Gesicht,
kräftigen Händen und einem Bäuchlein. Der Sitz des
Copiloten war leer.
    »Ich fliege schon, seit ich über das Steuer und die
Windschutzscheibe hinwegsehen kann«, rief er fröhlich, das
Knattern der Motoren übertönend. »Ich fliege
überall hin. Man bezahlt, und ich fliege. Manchmal fliege ich
auch ohne Bezahlen, zum Beispiel bei Erdbeben, wenn die Menschen
Hilfe brauchen – Lebensmittel, Medikamente, Sie wissen
schon.«
    David warf einen Blick auf Bahjat, die neben ihm kauerte. Sie
schien eingeschlafen zu sein. Ihr Gesicht war noch immer eingefallen,
ihr Körper von Fieber geschüttelt.
    »Wo fliegen wir hin?« fragte David den Piloten.
    »Nach Peru. Dort wird Sie kein Mensch suchen.«
    »Nach Peru«, wiederholte David. Vor seinem geistigen
Auge tauchte die Vergangenheit auf, er sah Inkas und Konquistadoren,
goldene Tempel hoch oben in einer unzugänglichen
Gebirgslandschaft.
    »Sind Sie schon einmal dort gewesen?«
    »Nein«, sagte David.
    »Die Berge sind sehr hoch. Manche Leute haben Schwierigkeiten
mit dem Atmen, weil die Luft sehr dünn ist. In den neunziger
Jahren habe ich Opium dorthin geflogen.«
    »Schmuggelgeschäfte?«
    »So hat es die Polizei

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