Die Kolonie
einem politischen Selbstmord
gleich. Selbst als die Weltregierung einen Vermittlungsversuch
unternahm, wurden ihre Vertreter hintergangen, verraten,
entführt und grausam ermordet.
Und all dies wegen eines dummen Gerüchtes…
- Cyrus S. Cobb
Tonbänder für eine
nicht autorisierte Autobiografie
24. Kapitel
Der einfachste, sicherste und vernünftigste Weg aus dem
Inneren Argentiniens führte nach Osten zur langgestreckten
Küste des Landes. Dort gab es Städte, Häfen und
Flugplätze, aus denen der Weg schnurstracks gen Norden nach
Brasilien und schließlich in die USA führte, oder
über den Atlantik nach Afrika und Europa.
Darum schlugen David und Bahjat den Weg nach Westen ein, ins
Gebirge, das Argentinien und Chile voneinander trennt.
Zunächst blieb ihnen keine andere Wahl. Sie kauerten zwischen
den Möbelpaketen im Fond des Anhängers, in den sie sich
eingeschlichen hatten und fuhren dorthin, wo der Wagen sie
hinbrachte. Bahjat war schwach und fieberte. Sie schlief die meiste
Zeit.
Schließlich hielt der Laster in Santa Rosa. David legte der
schlafenden Bahjat die Hand auf den Mund, um auch den leisesten Laut
zu unterdrücken, während die beiden Fahrer die
Hintertüren öffneten und das Motorrad heraushoben. David
erblickte eine schmale Straße mit geborstenem Belag, auf der
das Unkraut aus den Ritzen wuchs, schmutzige, verfallene
einstöckige Häuser aus Stuck oder Zement.
Er drückte die Tür weiter auf und sah, wie die beiden
Fahrer das Motorrad in eine Cantina an der Ecke schoben. Durch
die blinde Fensterscheibe konnte er erkennen, wie sie einen kleinen,
dunkelhäutigen, rotgesichtigen Mann begrüßten. Der
größere der beiden Fahrer stand an der Bar, das Motorrad
lehnte neben ihm an der Wand, während der kleinere mit dem
Besitzer in einem Hinterzimmer verschwand. Nach wenigen Augenblicken
kehrten sie strahlend zurück und bestellten eine Runde für
alle – es saßen noch sechs ärmlich aussehende
Männer in der Bar, die den Freitrunk mit Freudengeheul
annahmen.
David holte Bahjat aus dem Wagen und half ihr zur Cantina hinüber. Sie war so schwach, daß er sie stützen
mußte.
»Wo… was tun Sie?«
»Sind Sie kräftig genug, um ihre RUV-Freunde
anzurufen?« fragte er. Die wenigen Meter vom Wagen bis zur Bar
kamen ihm wie ein Kilometer vor. Die Straße war menschenleer,
es war früher Nachmittag. Irgendwo bellte ein Hund, doch sonst
war es still.
»Ja«, erwiderte sie schwach. »Aber wie?«
»Still! Überlassen Sie das mir.«
Als sie durch die altmodische Schwingtür der Cantina gingen, schienen alle zu erstarren. Keiner rührte sich. Das
Gespräch brach mitten im Satz ab. Aller Augen waren auf sie
gerichtet.
David half Bahjat über den nackten Holzfußboden und
ging schnurstracks auf den Besitzer zu, der wieder an einem Tisch vor
der Rückwand Platz genommen hatte.
»Ich möchte mich mit Ihnen über ein gestohlenes
Elektrokrad unterhalten«, sagte er.
Der Besitzer gab sich überrascht. David sah aus den
Augenwinkeln die beiden Lastwagenfahrer an der Bar. Sie schienen
erschrocken.
»Gehen wir dort rein«, sagte David und deutete mit dem
Kopf nach der Tür, die ins Hinterzimmer führte.
Der Besitzer erhob sich vom Tisch und führte sie ins
Hinterzimmer. Der Raum war sehr klein. Die nackten, geweißten
Wände waren mit obszönen Graffiti bedeckt. Aber auf dem
abgenutzten, wackeligen Tisch stand ein nagelneues Bildtelefon, wie
es David erwartet hatte.
David half Bahjat auf einen Stuhl und wandte sich dann dem
Besitzer zu, der direkt an der Tür stand. David steckte den
Daumen in den Gürtel, nahe an den Abzug seiner Pistole, und
lächelte den kleinen Mann an.
»Sie können das Motorrad behalten. Wir wollen lediglich
für einige Minuten Ihr Telefon benutzen, und dann brauchen wir
vielleicht eine Beförderungsmöglichkeit.«
Er konnte deutlich erkennen, wie es im Kopf des Besitzers
arbeitete. »Selbstverständlich«, sagte der Mann in
gutem Englisch. »Sie können kostenlos das Telefon benutzen.
Aber das mit der Beförderung – das kann teuer
werden.«
David nickte. »Ich verstehe.«
Bahjat versuchte, Hamud in ihrem Villenversteck nahe Neapel zu
erreichen, aber der war viel zu vorsichtig, um einen unerwarteten
Anruf entgegenzunehmen. Schließlich kam aber dann die
Verbindung auf dem Umweg über ein RUV-Telefon auf Kuba und einen
weiteren Anschluß in Mexico und über Satellit die
Verbindung mit Neapel zustande. Selbst dann aber wollte Hamud nicht
direkt sprechen, dafür
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