Die Kolonie
saß in seinem Versteck am Straßenrand und
wartete gespannt. Mindestens ein Dutzendmal meinte er, das Brummen
eines Motors gehört zu haben, doch jedesmal erwies es sich als
Einbildung. Einmal flog ein Hubschrauber vorbei, und David versteckte
sich und das Motorrad in dem hohen, gelblichen Gras, das am
Straßenrand wuchs. Der Pilot schien nichts gemerkt zu haben,
und der Hubschrauber flog davon, ohne auch nur einmal die Gegend zu
umkreisen.
Schließlich hörte er dann doch, wie sich ein Lastwagen
näherte. Er schaute hinter sich und erblickte Bahjat auf dem
Dach der Hütte. Sie winkte ihm kurz zu und verschwand wieder.
David schob das Motorrad auf die Straße und ließ es am
Straßenrand stehen.
»Ich hoffe, es funktioniert«, murmelte er vor sich hin,
während seine Hand nach der Pistole im Gürtel tastete. Dies
war die einzige Alternative, wenn der Laster nicht anhielt.
Er schlich zur Hütte zurück und erblickte Bahjat, die
auf ihn zulief. Er hob sie hoch und rannte mit ihr wieder auf die
Straße. Sie versuchte zu protestieren, aber ihre Stimme ging in
einem Keuchen unter.
Sie robbten am Bankett entlang, eine gutes Dutzend Meter von dem
Punkt entfernt, wo das Motorrad lag.
Der Laster hielt schnaufend an, und die beiden Fahrer kletterten
gemütlich aus ihrem Führerhaus, um das Rad zu betrachten.
Sie schauten sich an und zuckten die Achseln. Dann suchten sie mit
den Blicken das Gelände ab. David und Bahjat schmiegten sich eng
an den Boden.
Der größere der beiden Fahrer kratzte sich am Kopf und
sagte etwas auf spanisch. Es hörte sich wie eine Frage an, in
der das Wort terroristas vorkam.
Der kleinere lachte und zeigte auf den Laster. Sein Partner
schüttelte den Kopf und sagte etwas von policia. Der
kleinere spuckte auf den Boden.
»Policia! Pah!«
Nach einigem Hin und Her stellten sie das Motorrad auf und
führten es zum Heck des Lastwagens. Der größere
schien eher zu zögern als sein Partner, der sich fröhlich
am Kombinationsschloß an der Hintertür des Anhängers
zu schaffen machte. David achtete genau auf seine Finger.
Die beiden Männer hievten das Motorrad hoch und schoben es in
den Anhänger. Dann warfen sie die beiden großen
Türflügel zu und begaben sich wieder zum Fahrerhaus. David
packte Bahjat am Arm und schleppte sie zum Anhänger. Sie legte
die freie Hand vor den Mund und klappte zusammen. Er aber tippte den
gleichen Code wie der Fahrer in die Kombination, und die
Hintertür ging auf.
Während der Laster anfuhr, half er Bahjat hinein. Er
mußte laufen, um mitzukommen, erwischte den Türrahmen und
schwang sich in die Finsternis, die drinnen herrschte. Langsam und
vorsichtig schloß er die Tür. Das Schloß klickte,
und sie versanken in Finsternis.
Es dauerte ein paar Minuten, bis sich ihre Augen ans vage
Dämmerlicht gewöhnt hatten. Der Anhänger war mit
durchsichtigen Plastikkisten vollgestopft, in denen Möbel
verpackt waren.
»Schade, daß alles verpackt ist«, meinte David und
versuchte, das Geräusch des Motors und der Räder zu
übertönen. »Wir hätten sonst ein gemütliches
Heim mit Sofas und Sesseln.«
Bahjats Stimme klang wie ein Flüstern.
»Schön«, sagte sie. »Hier sind wir sicher…
zumindest für den Augenblick.«
Dann sank sie in Davids Arme.
Die meisten Menschen haben auf die Sonnenkraftwerk-Satelliten
auf gleiche Weise reagiert wie einst auf die Kernenergie – mit
Instinkt anstatt mit Verstand. Der Aufruhr in Delhi seinerzeit, als
die erste Empfangsanlage in der Nähe der indischen Hauptstadt
errichtet wurde, war typisch für jene hysterische Reaktion, mit
der die Sonnensatelliten weltweit begrüßt wurden.
Irgendwelche Kreise verbreiteten das Gerücht, daß die
Mikrowellen bei Nacht direkt auf die Städte gerichtet
würden, um die Frauen zu sterilisieren!
Man sollte doch eher meinen, daß diese Narren für
irgendeine Art der Geburtenkontrolle dankbar sein würden,
angesichts der Tatsache, daß die Menschen, die in Indien vor
Hunger sterben, sich aufhäufen wie Herbstlaub, und daß
überall Seuchen grassieren. Aber nein, sie lehnen sich auf. Sie
haben die Anlagen derart demoliert, daß die
Kraftwerksgesellschaft am Ort pleite ging. Das geht nicht auf unser Konto. Wir haben die Satelliten auf Nordafrika
gerichtet, von wo aus Energie nach Europa verkauft wird. Indien aber
blieb arm und bedürftig.
Die indische Regierung ist nicht bereit, uns auch nur einen
Schritt entgegenzukommen. Und wenn wir den Kraftwerksfirmen zu Hilfe
eilen würden, so käme dies
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