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Die Kolonie

Die Kolonie

Titel: Die Kolonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Bova
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gelegentlich von Campern besucht, da der
hölzerne Einzimmerbau immer noch stand, ohne Anstrich zwar, aber
wetterfest. Drinnen standen vier Kojen, und in den Regalen über
der Spüle fanden sich sogar noch einige Konserven. Die
Hütte war über einem Brunnen erbaut worden. An der
Spüle stand eine alte Handpumpe.
    Bahjat zitterte am ganzen Körper und begann zu husten, als
sie sich hingelegt hatte.
    »Sie haben sich erkältet«, sagte David, indem er
die Hand auf ihre Stirn legte. Die Stirn fühlte sich heiß
an. »Wahrscheinlich hat es Sie ziemlich erwischt.«
    »Und Sie?« fragte sie, während sie rasselnd Atem
schöpfte.
    »Mir geht’s gut«, erwiderte er.
    »Wir können hier nicht lange bleiben.«
    »Sie können nicht weiter, wenn Sie krank sind.«
    »Doch… ich kann.«
    David inspizierte die Konservenbüchsen. Die meisten von ihnen
waren selbsterhitzend. Er zog den Decken von zwei Suppendosen und
einer Dose Eintopf mit Fleisch ab, und die Konserven begannen sofort
zu köcheln. Er setzte sich auf den Rand der Koje und half
Bahjat, die Suppe direkt aus der Dose zu trinken. Es gab keine
Teller, kein Besteck, keine Gläser.
    Und keine Medikamente.
    »Die Straße…«, sagte Bahjat. »Wir
könnten per Anhalter fahren… Hier müssen Lastwagen
vorbeifahren…«
    »Mit Gegensprechanlagen – und unserer kompletten
Personenbeschreibung, mit Steckbriefen von der Armee, von der Polizei
oder von sonstwoher«, erwiderte David. Er half ihr, einen Teil
des Eintopfes zu essen, und das Keuchen ließ nach. Den Rest
aß er selbst auf, trotz ihrer Warnung, er könnte sich
anstecken, wenn er aus der gleichen Dose aß. Dann trank er
seine Suppe, füllte die beiden Dosen mit klarem, kalten Wasser
aus der Pumpe und stellte sie neben Bahjat.
    »Sie müssen jetzt versuchen zu schlafen«, sagte er.
»Ich werde dasselbe tun.«
    »Mir ist kalt«, sagte sie.
    David suchte den Raum sorgfältig ab, aber er fand keine
Decken, nicht einmal Leintücher. Die Sonne, die durchs Fenster
schien, war zwar warm, aber die Sonnenstrahlen drangen nicht bis zur
Koje vor. Sie war in die Wand eingebaut und ließ sich nicht
bewegen. So entkleidete er sie und legte ihre noch feuchten Kleider
in die Sonne auf den Fußboden. Dann zog er sich aus und trat
wieder zu ihr.
    Wie ein kleiner Vogel, sagte er sich, als er ihren nackten
Körper betrachtete, schön und zerbrechlich.
    Er streckte sich neben ihr aus und nahm sie in die Arme. Sie
kuschelte sich immer noch fröstelnd an ihn. Er hielt sie ganz
fest, dann begann er, ihren Rücken und ihr Gesäß mit
den Händen zu massieren. Sie keuchte ein paarmal, dann schlief
sie ein. Auch er schlief ein, und sein letzter Gedanke war, daß
die Erschöpfung stets die Leidenschaft besiegt.
     
    David erwachte durch das Brummen eines Motors. Er schlug die Augen
auf und war sofort hellwach. Die hölzernen Balken der Decke
erbebten, und Bahjat rührte sich unruhig in seinen Armen. Das
Dröhnen kam immer näher, das Geräusch eines schweren
Elektromotors. Das war kein Elektrokrad und kein Hubschrauber,
wahrscheinlich ein Lastwagen.
    Vorsichtig löste er die Arme von dem schlafenden
Mädchen. Sie atmete schwer, ihr Atem ging rasselnd und glich
fast einem Stöhnen. Die Sonne war von dem Fleck weitergewandert,
wo er ihre Kleider ausgebreitet hatte. Aber sie waren jetzt
trocken.
    David legte Rock und Bluse geschwind über Bahjats
Körper, dann zog er Hemd und Hose an.
    Durchs Fenster konnte er die Straße überblicken, die
sich pfeilgerade bis zum Horizont erstreckte. Ein großer
Sattelschlepper mit Anhänger brummte über die Straße,
und die Aufschrift an den weißgestrichenen Flanken besagte,
daß im gekühlten Innenraum DON QUIXOTE CERVESA
transportiert wurde.
    Keine Möglichkeit, auf die Straße zu gehen und ihm
zuzuwinken, sagte David zu sich. Vielleicht ist es sogar
falsch, es zu versuchen. Aber sie braucht einen Arzt, oder zumindest
einen Apotheker.
    Er warf einen Blick in die Koje. Bahjat hatte sich aufgerichtet.
Ein Arm bedeckte ihre Brüste, und sie hatte die Hand auf die
andere Schulter gelegt, als würde sie einem Maler Modell
sitzen.
    Doch David sah die dunklen Ringe unter ihren Augen. Sie keuchte,
und es hörte sich schmerzlich an.
    »Wir dürfen nicht hierbleiben«, sagte sie.
    »Ich weiß.«
    »Es werden noch mehr Lastwagen kommen.«
    »Aber die werden sofort die Polizei rufen.«
    Sie versuchte zu lächeln. »Lassen Sie mich
erklären, wie ein ausgebildeter Guerilla mit einem Laster per
Anhalter fährt.«
     
    David

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