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Die Kolonie

Die Kolonie

Titel: Die Kolonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Bova
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Alles ist fort, was Leo sehr nötig
braucht.«
    David legte zwei tiefgefrorene Mahlzeiten in den Mikrowellenherd
und schlug die Tür zu.
    »Man hat ihn also ausgetrickst«, sagte er.
    Evelyn nickte. »Das ist ein Attentat. Ohne diese Chemikalien
wird er sterben.«
     
    Leo stapfte durch den Gang zwischen den Labortischen und
rückte den eingeschüchterten Laboranten auf den Leib.
    »Was soll das heißen, die haben alles
mitgenommen?«
    Der Laborant war ein Kubaner, fast so groß wie Leo, doch nur
eine halbe Portion, was den Umfang betraf. Sein Gesicht war lang und
schmal wie eine Hundeschnauze, und hatte die Farbe von
Zigarren-Deckblättern. Er war viele Monate lang der RUV-Agent im
Labor gewesen.
    »Sie haben fast alle Medikamentenvorräte mitgenommen,
als das Labor am Donnerstag geschlossen wurde«, sagte er in
seinem akzentfreien Englisch, das er auf der Universität gelernt
hatte. »All die Steroide, die Adrenokortikale, den ganzen
Hormonvorrat – einfach alles.«
    »Hundesöhne!« Leos Faust umklammerte ein Stück
Metallrohr, das aus einem der Labortische in seiner Nähe
herausragte. Das Rohr bog sich, dann brach es ab. »Ich muß
den Stoff haben! Ich muß!«
    »Ich weiß nicht«, meinte der Laborant mit
zitternder Stimme, während er Leos massige Hand fixierte.
»Wir erhielten den Befehl, alles einzupacken. Die ganzen
Lagerbestände gingen nach Eiland Eins. Die Hälfte der
Belegschaft soll ebenfalls mitgeflogen sein, wie man uns
mitteilte.«
    »Eiland Eins? Die haben meinen Stoff nach Eiland Eins
gebracht?«
    »Auf persönlichen Befehl von Mr. Garrison.«
    »Aus Houston?«
    »Nein, von Eiland Eins. Mr. Garrison befindet sich auf Eiland
Eins.«
    »Dieser Bastard!« Leo fegte mit seinem baumlangen Arm
über den Labortisch. Glas splitterte. Der Laborant machte einen
Satz rückwärts, um sich vor den herumfliegenden Scherben in
Sicherheit zu bringen.
    »Dieser elende Bastard!« brüllte Leo. »Du
weißt, was mir in ein paar Tagen zustößt, wenn ich
diese Steroide nicht bekomme. Garrison weiß es! Er hat mich
übertölpelt! Dieses verdammte Schwein!
    Er hat mich für sich kämpfen lassen und sich
ausgerechnet, daß ich verrecken werde, wenn er mir den Hahn
zudreht!«
     
    Bahjat saß in der Cafeteria und versuchte die zähe
Pizza zu essen. Doch sie beobachtete wie die anderen zwei Dutzend
Männer und Frauen den wandgroßen Fernsehschirm und das
Gemetzel, das den Unschuldigen widerfuhr.
    Die Fernsehkameras wechselten von Los Angeles nach New York,
während sie bei allen betroffenen Städten kurz haltmachten.
Überall wateten die Guerillas in einem Meer von Blut. In den
meisten Städten hatten die echten, organisierten Kämpfe
bereits aufgehört. Nun war die örtliche Polizei am Werk,
die Nationalgarde, die reguläre Armee und ganze Horden von
bewaffnetem Pöbel mit verkniffenen Gesichtern, voller Haß
und Zorn, die sich auf alles stürzten, was keine weiße
Hautfarbe hatte.
    »Die angeblichen Guerillas wurden in ein Internierungslager
gebracht«, sagte der unsichtbare Kommentator. Auf dem Bildschirm
erschienen reihenweise junge Schwarze, die Hände im Nacken, die
durch die Straßen getrieben wurden von einem Meer von
Bajonetten, zwischen uniformierten Männern und schwer
bewaffneten Panzern und gepanzerten Fahrzeugen. Das Bild wechselte
zum Stadion von Kansas City, das angefüllt war mit Schwarzen
jeden Alters, mit Müttern, die ihre kleinen Kinder an der Hand
führten, mit alten Leuten, die einfach dasaßen, die
Hände zwischen den Knien.
    »Überall im Lande«, fuhr der Kommentator fort,
»wurden Recht und Ordnung wiederhergestellt. Die Zahl der
Revolutionäre, die in den Kämpfen getötet wurde, steht
noch nicht fest, aber wir wissen, daß die Polizei, die
Nationalgarde und die Armee hohe Verluste zu verzeichnen hatten. Aber
vor allem Zivilisten, Bürger aller Schichten, wurden zu
Tausenden hingemetzelt…«
    Bahjat stand vom Tisch auf, verließ den unappetitlichen Raum
und steuerte auf die Wohnung zu, wo sie David eingesperrt hatten.
    David und Evelyn saßen nebeneinander auf der weichen,
breiten Schaumstoffcouch und verfolgten die Sendung auf dem
Bildschirm eines Fernsehgeräts, das in die Plastikwand
eingelassen war. Es war eine Sendung über den Kampf um New York.
Reguläre Einheiten der US-Army durchkämmten Manhattan, eine
blutige Straße nach der anderen, von Haus zu Haus zwischen
brennenden Gebäuden.
    Marineinfanteristen holten Kinder aus den Torbögen, wo sie
sich verkrochen hatten, drängten sie mit

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