Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kolonie

Die Kolonie

Titel: Die Kolonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Bova
Vom Netzwerk:
Boweto
gewaltiger wirkte als er tatsächlich war. Haben alle
Politiker den Napoleon-Komplex? dachte Cobb, während er
Höflichkeitsfloskeln mit Boweto austauschte. Sollte das der
Grund sein, warum sie Politiker werden?
    Boweto baute sich neben Cobb auf, während sein Hofstaat Cobb
die Hand drückte und ihre Runde bei Al-Hazimi und den anderen
machte. Diese verfluchte Empfangszeremonie, dachte Cobb, die muß schon Kaiser Augustus erfunden haben.
    Dann, nachdem sich die Menge etwas beruhigt hatte, wurde die Luke
der Luftschleuse geschlossen. Cobb rechnete sich im Geist aus, wie
lange es dauern würde, bis die Luke wieder aufging. Als er genau
bis einhundertfünfzig gezählt hatte, schwang die Luke
wieder auf, und vier Soldaten des El Libertador traten ein.
Sie trugen einfache Khakiuniformen und flache automatische Pistolen
in ölglänzenden Halftern.
    Unmittelbar hinter ihnen erschien ein fünfter Mann in Khaki,
ohne Rangabzeichen und Ordensbänder. Hätte Cobb keine
Bilder von El Libertador gesehen, so hätte er
wahrscheinlich nicht gewußt, daß dies der Mann war, jener
Revolutionär, der der Weltregierung so viele Schwierigkeiten
bereitet hatte.
    Er war größer als Boweto, obwohl er ihn nicht um
Haupteslänge überragte. Sein graumeliertes Haar und sein
von grauen Fäden durchzogener Bart verliehen ihm einen Anflug
von Würde. Er drückte Cobbs Hand freundlich und fest, mit
einem warmen Lächeln.
    »Colonel Villanova«, sagte Cobb.
    »Dr. Cobb. Ich danke Ihnen für die Verantwortung, die
Sie übernommen haben, Gastgeber dieses Treffens zu
sein.«
    »Die Freude ist ganz meinerseits. Ich will nur hoffen,
daß dieses Treffen produktiv sein wird.« Cobb machte eine
kleine Kehrtwendung. »Darf ich Sie mit Kowie Boweto bekannt
machen, dem ehrenwerten Vorsitzenden des Rates der Weltregierung.
Boweto, Colonel Cesar Villanova…« – und in Abweichung
des Programms, das seine Leute vorbereitet hatten, setzte er hinzu
– »in der Tat besser bekannt als El
Libertador.«
    Boweto mußte sich beherrschen, als er Villanovas infamen
Beinamen hörte. Doch dann rang er sich ein Lächeln ab und
ergriff Villanovas Hand, als die Kameras zur Großaufnahme
aufzoomten.
    »Ich freue mich, Sie endlich persönlich
kennenzulernen«, sagte Boweto.
    »Es ist mir eine Ehre, Sir«, erwiderte Villanova.
    Cobb aber dachte: Jetzt haben sie genug Süßholz
geraspelt, um uns für ein ganzes Jahrhundert zu
verzuckern.
     
    Irgend jemand klopfte ihm auf die Schulter. David war sofort
hellwach, mußte einen Augenblick der Panik überwinden,
weil er nichts sah, dann aber erinnerte er sich an den Sack über
seinem Kopf.
    »Geht’s dir gut?« Es war Evelyns Stimme.
    Er aber holte tief Luft, bevor er antwortete. »Ja«,
sagte er, und das stimmte. Sein Kopf war klar. Die Schauer hatten
sich gelegt, und ihm war auch nicht mehr kalt. Er bewegte Finger und
Zehen und fand, daß alles in Ordnung war.
    »Ich habe furchtbaren Hunger«, sagte er.
    »Ich bring’ dir was.«
    David spürte, wie sie sich von ihm entfernte. Das Shuttle
schwebte immer noch schwerelos. Er konnte das leise Surren von
Ventilatoren und sonstigen Servo-Geräten hören, aber keine
Stimmen.
    Evelyn kam zurück. »Ich habe etwas heiße Suppe in
einem Druckballon und ein paar belegte Brote.«
    »Wo sind wir?« fragte er.
    »In einer privaten Raumfähre, eins von Al-Hazimis
Raumfahrzeugen, und wir fliegen nach…«
    »Eiland Eins, ich weiß. Ich meine aber… wo haben
sie mich untergebracht?«
    »Du befindest dich in der letzten Reihe des hinteren
Passagierabteils. Alle anderen sind vorn und beraten über die
Pläne zur Besetzung von Eiland Eins.«
    »Ich habe ihnen wohl alles gesagt, was sie wissen wollten,
nicht wahr?«
    »Das ist anzunehmen. Man hat dich schwer unter Drogen
gesetzt. Wir dachten, du würdest draufgehen.«
    »Noch nicht«, sagte David. »Noch nicht.«
    »Ich fürchte, man würde mir nicht erlauben, dir die
Kapuze abzunehmen«, sagte Evelyn, »aber ich kann sie etwas
hochschieben.«
    Er spürte ihre Hände auf seinem Gesicht.
    »So. Jetzt kann ich dich füttern. Die trauen mir
wirklich nicht. Sie glauben, ich hätte dir geholfen, ins Labor
einzubrechen.«
    »Wie viele sind es denn?«
    »An Bord dieser Fähre? Mit den Piloten
zweiundfünfzig. Warum bist du nicht aus dem Labor getürmt,
wenn du die Chance hattest?«
    »Und zulassen, daß sie Eiland Eins nehmen? Nein. Ich
hatte etwas anderes im Sinn.«
    »Trotzdem werden sie Eiland Eins nehmen«, meinte
Evelyn.
    »Ahnt niemand in

Weitere Kostenlose Bücher