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Die Kolonie

Die Kolonie

Titel: Die Kolonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Bova
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Gefühl,
von einem mächtigen Löwen beschützt zu werden.
    Cyrus Cobb kratzte sich irritiert am Hals. Der vermaledeite
Hemdkragen drohte ihn jeden Augenblick zu strangulieren. Und diese
verdammten Diplomaten spielten ihre üblichen kindlichen Spiele,
während die anderen herumstanden wie ein Haufen idiotischer
Lanzenträger.
    Der Präsident von Eiland Eins stand im Empfangsraum für
Passagiere, einer kleinen Vorhalle, die nur wenige Menschen
gleichzeitig fassen konnte. Jetzt aber war sie gerammelt voll mit
Journalisten, Kamerateams, neugierigen Bürgern von Eiland Eins,
Sicherheitsbeamten (mit und ohne Uniform), VIPs und einer Auswahl
Bürokraten der Weltregierung und aus dem Stab von El
Libertador.
    Auch in der Halle hatte sich eine große Menschenmenge
versammelt. Man konnte selbst die nackten zweckdienlichen
Kunststoffwände und die Bodenfliesen nicht sehen. Der einzige
freie Platz war der schmale rote Teppich, den einer dieser Burschen
aus Messina mitgebracht hatte.
    Cobb dachte kurz daran, wie gern er David bei sich gehabt
hätte. Er ist nicht tot. Mittlerweile hätte man seine
Leiche gefunden. Er war bis New York gekommen und ist bei den
Kämpfen nicht getötet worden. Vielleicht war er heute
dabei. Er muß wieder heimkehren. Das ganze Affentheater hier
ist keinen Pfifferling wert, bis…
    Der Empfänger, der an seiner Ohrmuschel befestigt war,
klickte. »Sie haben die Sache geregelt, Chef. Boweto kommt als
erster, als Vertreter der Weltregierung. Dann kommt El
Libertador.«
    »Wie haben sie sich geeinigt?« sagte Cobb ins Mikrofon,
das unter seinem Kragen verborgen war.
    Die Stimme in seinem Ohr kicherte. »Die
Hauptverhandlungspartner haben eine Münze geworfen.«
    »Sehr intelligent – nachdem sie uns eine halbe Stunde
haben warten lassen.«
    »Sie haben eine weniger primitive Einrichtung erwartet,
Boß. Sie glaubten, es gäbe hier zwei Empfangshallen, so
daß sie gleichzeitig auftreten könnten.«
    »Sie hätten noch einmal nachfragen sollen. Wir haben
ihnen mitgeteilt, daß wir durchaus in der Lage sind, zwei
Raumfähren gleichzeitig zu empfangen. Aber keiner hat sich um
diese gottverdammte Empfangshalle geschert, oder um die
Luftschleuse.«
    Gamal Al-Hazimi, der neben Cobb stand, verfolgte das Geplauder
über sein eigenes Miniator-Radiofon, doch seine Gedanken waren
ganz woanders. Zumindest ist Bahjat nach hier unterwegs.
    Hatte sie aber wirklich Abstand von ihren unsinnigen
revolutionären Ideen genommen? Sie sagt, all diese Gewalt
ödet sie an. Will sie nicht dennoch hier irgendeine
Guerillabewegung ins Leben rufen? Er mußte fast lachen. Nun gut, ihre kindliche Auflehnung mir gegenüber war nichts
weiter als eine psychologische Reaktion. Jetzt will sie wieder bei
mir sein, und ich glaube, sie wird allmählich erwachsen. Er
legte die Stirn in Falten. Das wird unser nächster Streit
sein. Ein Ehemann.
    Zum hundertsten Male während der letzten halben Stunde
wünschte Cobb, den Einflüsterungen seiner Mitarbeiter nicht
nachgegeben und kein Festgewand angezogen zu haben. Dieses mistige
Hemd mit dem hohen, steifen Kragen, der überall zwickte und
zwackte, dieser konservative dunkle Anzug mit Schößen und
Stiefeln anstatt seiner bequemen Slipper. Verfluchte Stammesriten! grollte er, barbarischer Klimbim!
    Schließlich aber wurde die metallene Innenluke der
Luftschleuse geöffnet. Die Menge atmete auf und drängte
sich an die Sperre aus Samtschnüren, die den roten Teppich
säumte. Recorder surrten und Kameras klickten.
    Vier Soldaten der Weltarmee in Uniform marschierten auf,
Zeremoniendegen an ihrer Seite und kleine, aber echte Laserpistolen
im Gürtel. Sie stellten sich zu beiden Seiten der Luftschleuse
auf. Dann traten vier Zivilisten durch die Luke, darunter zwei
Frauen. Für Cobb sahen sie aus wie
›Blitzmädchen‹.
    Endlich zwängte sich Kowie Boweto durch die Luke, mit breitem
Lächeln für die Anwesenden und für die Kameras. Er
trug einen beigen Anzug mit offenem Hemdkragen und ein goldenes
Medaillon, das an einer schweren Kette über seiner breiten Brust
baumelte. Die Menge applaudierte, als Boweto selbstsicher über
den roten Teppich schritt und seine Hand ausstreckte, um Cobbs Hand
zu ergreifen.
    Cobb war überrascht darüber, wie kurz dieser Mann
geraten war. Er selbst war zwar auch nicht sehr groß, er
maß knapp einsachtzig, doch nun wurde er gewahr, daß man
den neuen starken Mann der Weltregierung auf Bildern und selbst auf
dem Bildschirm optisch vergrößert hatte, damit

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