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Die Kolonie

Die Kolonie

Titel: Die Kolonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Bova
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der Kolonie, daß diese Fähre ein
Trojanisches Pferd ist?«
    Er konnte fühlen, wie sie den Kopf schüttelte. »Der
Himmel weiß, was dieses Scheherazade-Mädchen seinem Vater
erzählt hat. Es ist der Scheich Al-Hazimi.«
    »Ich weiß.«
    »Ja. Das nehme ich an. Es scheint, als ob das ganze
Al-Hazimi-Imperium von Guerillas unterwandert wäre, die alle
für die RUV arbeiten. Sie hat den Leiter des Flughafens dazu
gebracht, ihrem Vater mitzuteilen, sie würde nur zwei Leute
mitbringen. Soweit der Scheich Bescheid weiß, ist dieses Schiff
so gut wie leer. Es ist die Privatyacht seiner Tochter.«
    »Er wird doch wohl nicht so naiv sein«, versetzte David.
»Er muß doch irgend etwas ahnen.«
    »Im Hinblick auf seine Tochter?« Evelyn verwarf den
Gedanken. »Und wo ihn seine ganze Organisation belügt? Wie
könnte er auch nur ahnen, daß sie für das
Mädchen und nicht für ihn arbeitet?«
    David dachte einen Augenblick lang nach. Dann fiel ihm etwas ein,
und er fragte: »Wie verträgst du die Schwerelosigkeit?
Macht sie dir immer noch zu schaffen?«
    »Entsetzlich«, erwiderte sie. »Ich werde mich nie
daran gewöhnen.«
    »Dann solltest du dich auf deinem Sitz ausstrecken.«
    Er spürte, daß sie die Achseln zuckte und
lächelte. »Ich habe den Auftrag, dich zu füttern. Die
RUV-Leute haben ein ziemlich demokratisches System. Scheherazade
befiehlt, und alle anderen gehorchen. Bis auf Hamud – er wettert
und knurrt und behauptet dann, es wären seine Befehle.«
    »Aber er tut trotzdem, was sie sagt.«
    »O ja. Scheherazade ist sehr klug. Sie spielt Hamud geschickt
gegen seinen monströsen Widersacher Leo aus. Und sie hält
beide auf Trab.«
    Er fühlte das Mundstück des Plastikballons an seinen
Lippen. David sog daran und spürte die Wärme der Brühe
in seinem Mund. Er schluckte und merkte, daß er die Nahrung gut
aufnehmen konnte.
    David trank seine Suppe aus. Dann fütterte ihn Evelyn mit
belegten Broten, die sie kleingeschnitten hatte und ihm Stück
für Stück in den Mund schob. Dann gab sie ihm Orangensaft
zu trinken.
    »Danke«, sagte David. »Es war die beste Mahlzeit
seit unserem gemeinsamen Abendessen.«
    »Geht es dir wirklich gut? Keine Nachwirkungen von den
Drogen?«
    »Ich glaube schon. Man hat mir einen ziemlich harten
Metabolismus verpaßt«, sagte David.
    »Na Gott sei Dank.«
    »Wie lange dauert es noch bis Eiland Eins? Wann werden wir
landen?«
    »Noch etwa eineinhalb Tage«, sagte Evelyn. »Etwas
mehr als sechsunddreißig Stunden. Und alles bei
Nullgravitation.«
    »Dann aber werden sie versuchen, die ganze Kolonie zu
besetzen.«
    »Die Sonnenspiegelregler, das Kraftwerk, die Docks für
die Raumfahrzeuge – das soll als erstes besetzt werden. Und dann
die VIPs – als Geiseln.«
    »Dr. Cobb?«
    »Der ist im Augenblick nicht so wichtig. Hunter Garrison ist
dort und all die anderen Mächtigen, denen Eiland Eins
gehört. Und El Libertador und der amtierende
Präsident der Weltregierung halten dort eine Friedenskonferenz
ab. Der Ort wimmelt nur so vor lauter VIP-Geiseln.«
    David schwieg.
    Sie streichelte seine borstigen Wangen, dann beugte sie sich vor
und küßte ihn. »Hör auf, darüber
nachzudenken«, sagte Evelyn. »Nur bleib mir am Leben. Tu
nichts, was sie aufbringen könnte. Arbeite mit ihnen zusammen,
sonst werden sie dich kaltblütig umbringen. Bitte, David, bleib
am Leben!«
    »Das werde ich«, erwiderte er. »Mach dir keine
Sorgen.«
    Sie zog die Kapuze über sein Kinn und verließ ihn.
David aber lehnte sich in seinem Sitz zurück, während
Gedanken durch seinen Kopf jagten.
    Sechsunddreißig Stunden. Das ist zu wenig. Die Zeit wird
nicht reichen.

Keiner von uns wäre je auf den Gedanken gekommen,
daß eine Handvoll Terroristen Eiland Eins besetzen könnte.
Wir haben uns natürlich Gedanken darüber gemacht und hatten
sogar während einer unserer Sicherheitsbesprechungen
entsprechende Pläne erörtert, aber es war wie seinerzeit
bei der französischen Armee, die sich in den dreißiger
Jahren Gedanken über eine mögliche deutsche Invasion
machte. Die Militärs wußten, daß sie ihre
Maginot-Linie hatten und daß keine Armee der Welt imstande war,
sie zu überrennen. Wir wußten, daß wir eine
Viertelmillion Meilen von der Erde entfernt sind, und ebenso weit von
den nächsten Terroristen. Die Realität unserer
Verwundbarkeit wurde uns nie auf jener Ebene bewußt, auf der
Menschen wirklich leben.
    Natürlich hat uns Scheich Al-Hazimi eine ganze Menge
lebenswichtiger Informationen

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