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Die Kolonie

Die Kolonie

Titel: Die Kolonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Bova
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und drohten ihn
zu sprengen wie eine Bombe, die ein Gebäude hinwegfegt. Seine
Hände waren so groß wie Laceys Kopf, seine Arme dicker als
der Brustkorb eines Kindes. Er sah fett aus, doch seine
Fettleibigkeit erinnerte eher an das massige Aussehen eines
Ringkämpfers. Er war stark genug, um einen Wagen an der
Stoßstange hochzuheben, und war in der Lage, einem Mann die
Knochen zu brechen, so wie andere Leute eine Bierdose
aufreißen.
    Und er war schwarz, weder karamelfarben wie Lacey noch so
dunkel schokoladenbraun wie Jojo. Leo war schwarz wie jene Afrikaner,
die seinerzeit ins Land gekommen waren. Man nannte ihn Melanzana, Aubergine nach dem tiefen violetten Schwarz seiner Hautfarbe.
    Neben Leo nahm sich der Polizist der Weltregierung fast weiß
aus. Da stand er nun auf dem rattenzerfressenen Teppich, und sein
Blick glitt über die nackten Wände, von denen der Putz
abblätterte, über den rissigen und eingesunkenen
Fußboden und über die Fensterscheiben, die schwarz
angemalt waren, um eventuellen Heckenschützen kein Ziel zu
bieten.
    Schließlich landete sein Blick bei Leo, der bequem
dasaß und eine Bierdose in der Hand hielt, die in seiner
gewaltigen Faust fast verschwand.
    »Hallo, Elliot«, sagte der Mann.
    »Elliot?« Leo lachte wie ein Wasserfall. »Wen zum
Teufel nennst du Elliot, Mensch? Was ist das für ein
Name?«
    Der Polizist gab keine Antwort.
    »Ich heiße Leo, du Arschgeige«, sagte Leo und
schnurrte wie jene großen Katzen, nach der er sich nannte.
»Leo. Und vergiß es nicht.«
    »Also gut… Leo.«
    »Das klingt schon besser.«
    Der Polizist der Weltregierung setzte ein merkwürdiges
Lächeln auf. »Können wir reden?«
    »Natürlich, Mann. Dafür sind wir ja da,
oder?«
    Der Polizist deutete mit einer Kopfbewegung auf Lacey und seine
Kumpanen. »Was ist mit denen?«
    »Kein Problem. Da gibt’s nichts, was sie nicht
hören dürften.«

    Der Polizist schürzte die Lippen. Er schaute auf Lacey, Fade
und Jojo, dann kehrte sein Blick zu Leo zurück. Der massige Mann
hatte sich in seinem Sessel zurückgelehnt und lächelte
freundlich. Er riskierte einen Blick auf Fade, der einen Blick auf
den grinsenden Lacey warf und boxte Jojo in die Rippen.
    »Okay«, sagte der Polizist schließlich. »Wir
holen dich wieder zurück. Der Befehl lautet, daß es
für dich Zeit ist, aus deinem Versteck zu kriechen.«
    »Ich scheiß drauf«, meinte Leo belustigt,
während er immer noch lächelte.
    »Das ist kein Scherz, Elliot. Die meinen es ernst. Die haben
Angst, daß du versauerst und dich allmählich auf die faule
Haut legst.«
    »Das stimmt haargenau, Mann.«
    Der Polizist bewegte die rechte Hand, und das reichte für
Lacey, um die Waffe aus der Jacke zu ziehen und sich einen Schritt zu
nähern.
    Doch Leo hob einen seiner schweren Finger, und der Polizist
erstarrte, wo er stand. Lacey folgte ihm auf der Spur.
    »Hör zu«, sagte der Polizist. »Wenn du jetzt
nicht freiwillig mitgehst, wird man dich holen.«
    »Das wollen wir erst einmal sehen«, meinte Leo.
    »Sie können das durchaus. Ich weiß es.«
    Leo erhob sich langsam, und er glich dabei einer dunklen
Gewitterwolke, die am Horizont aufzieht. »O nein, die glauben nur, daß sie’s können, Frank«, sagte er mit
einer Stimme, die Lacey nie vorher gehört hatte. Er hörte
sich fast so an wie der Polizist! »Ich weiß Bescheid, was
hier in den Straßen passiert, und ich weiß auch einiges
über die Macht – wie man dazu kommt und wie man sie
anwendet. Die Macht wohnt nicht in den Büros von Regierung und
Agenturen. In den langen Korridoren zwischen den Büros oder
unter den profillosen, austauschbaren Automaten, denen du unterstellt
bist, ist keine Macht zu Hause. Die Macht liegt hier, in den
Straßen, in den Städten, bei den Leuten, die genügend
Hunger leiden, die benachteiligt und unbedeutend genug sind, um zu
kämpfen.«
    Der Polizist trat einen Schritt zurück. »Was du da
sagst, ist unsinnig und irrsinnig zugleich.«
    »So?«
    »Elliot, du kannst hier ohne uns nicht überleben. –
Melanin, Steroid, Hormone – du wirst nichts mehr
kriegen.«
    Leo zuckte die schweren Achseln. »Frank, ich habe andere
Quellen aufgerissen. Ich brauche deine Leute nicht mehr.«
    »Du kannst aber nicht gegen die Weltregierung
ankämpfen!«
    »Wirklich nicht?« Leo näherte sich Schritt für
Schritt, und der Polizist wich zurück. »Du bist die
Weltregierung hier in diesem Zimmer. Wenn ich diesen Burschen hinter
deinem Rücken befehle, dir das Licht auszublasen, was

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